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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa foedera & Legatos.
der gleich bezahlen lassen, oder, wenn er borgte, zusehen, wie er es
mit guter Manier wieder bekäme. Niemand aber sollte sich gelüsten
lassen, den Gesandten zu arretiren. Der Gesandte ist ein Minister al-
terius,
daher gehet es nicht an, daß ich ihn anhalte. Hieraus kan man
leicht de omnibus judiciren, quatenus Legatus sit inviolabilis, wenn man
Gesandte recipirt, so muß man ihnen auch audience geben. Es ist ein
grosser Verdruß, wenn man sie nicht zur audience lassen will, indem es
eben so viel, als wenn sie gleich repudiirt worden. Si bellum imminet,
oder es ist eine Trauer da, so schiebet man die audience etwas auf.
Offt sucht man auch es deßwegen etwas aufzuhalten, um erst zu er-
fahren, was sie eigentlich proponiren sollen. Jacobus I. hat in diesem
Stück was Gutes gehabt, daß er den Grafen Bembrock, wenn fremde
Gesandten sind ankommen, herum geschickt, sie zu expisciren, was sie im
Schilde führen, und auf ihre physiognomie acht geben. Das letztere
war was kindisches. Ferdinandus hielte des Jacobi Gesandten, den
Dighby, wegen der audience auf; denn da derselbe zu Regenspurg au-
dience
haben wollte, so sagte Ferdinandus, er sollte nach Franckfurt kommen,
da wolle er ihm audience geben. Wie er nach Franckfurt kam, sagten
die Franckfurter, es wäre der Wahl-Tag und würde niemand einge-
lassen, da denn der Englische Gesandte fortgehen müssen, ohne daß er
audience bekommen. Bey denen Personen, die man schicken soll, ist
auch viel zu observiren. Es heißt, habilis mittatur, aber das ist nicht
genug, quis est habilis? Habilitas variat. Einer schickt sich zu dieser, der
andere zu jener ambassade. Es muß ein Gesandter haben nicht allein
scientiam, sondern auch voluntatem, corpus. Denn ein Herr, der ei-
nen legatum schicket, schicket ihn als einen ministrum publicum, aus
dessen Munde man hören soll, was der Herr selbst sagen würde. Er
soll seinen Herrn repraesentiren. Es ist ein fulgur vorhanden, welcher
bey dergleichen repraesentatione eine opinion effectuiret. Gesetzt, derje-
nige, wilcher geschickt wird, hat ein corpus, das eine affreuse Gestalt
verursachet, der wird nicht viel ausrichten; ob er gleich kein Frauenzim-
mer-Gesichte haben darff, so darff doch kein deutlich de faut an ihm zu
spüren seyn. Ein Legatus, der schielt, hincket, macht keine Parade,
der aussiehet wie ein Affe, kan ohnmöglich seinem Herrn eine gloire
machen, wenn er auch gleich ein habile homme. Der Princeps kan ihn
ja sonst schon brauchen. Nimmt ein Herr dieses nicht in acht, so wird
er auch in seiner negotiation nicht reussiren. Wir wissen, daß grosse
Herren auf physiognomie sehen. Der König in Franckreich hat deß-
wegen von einem Gesandten gesagt: Le Visage ne me plait pas. Ein

Ge-

ſtatus circa fœdera & Legatos.
der gleich bezahlen laſſen, oder, wenn er borgte, zuſehen, wie er es
mit guter Manier wieder bekaͤme. Niemand aber ſollte ſich geluͤſten
laſſen, den Geſandten zu arretiren. Der Geſandte iſt ein Miniſter al-
terius,
daher gehet es nicht an, daß ich ihn anhalte. Hieraus kan man
leicht de omnibus judiciren, quatenus Legatus ſit inviolabilis, wenn man
Geſandte recipirt, ſo muß man ihnen auch audience geben. Es iſt ein
groſſer Verdruß, wenn man ſie nicht zur audience laſſen will, indem es
eben ſo viel, als wenn ſie gleich repudiirt worden. Si bellum imminet,
oder es iſt eine Trauer da, ſo ſchiebet man die audience etwas auf.
Offt ſucht man auch es deßwegen etwas aufzuhalten, um erſt zu er-
fahren, was ſie eigentlich proponiren ſollen. Jacobus I. hat in dieſem
Stuͤck was Gutes gehabt, daß er den Grafen Bembrock, wenn fremde
Geſandten ſind ankommen, herum geſchickt, ſie zu expiſciren, was ſie im
Schilde fuͤhren, und auf ihre phyſiognomie acht geben. Das letztere
war was kindiſches. Ferdinandus hielte des Jacobi Geſandten, den
Dighby, wegen der audience auf; denn da derſelbe zu Regenſpurg au-
dience
haben wollte, ſo ſagte Ferdinandus, er ſollte nach Franckfurt kommen,
da wolle er ihm audience geben. Wie er nach Franckfurt kam, ſagten
die Franckfurter, es waͤre der Wahl-Tag und wuͤrde niemand einge-
laſſen, da denn der Engliſche Geſandte fortgehen muͤſſen, ohne daß er
audience bekommen. Bey denen Perſonen, die man ſchicken ſoll, iſt
auch viel zu obſerviren. Es heißt, habilis mittatur, aber das iſt nicht
genug, quis eſt habilis? Habilitas variat. Einer ſchickt ſich zu dieſer, der
andere zu jener ambaſſade. Es muß ein Geſandter haben nicht allein
ſcientiam, ſondern auch voluntatem, corpus. Denn ein Herr, der ei-
nen legatum ſchicket, ſchicket ihn als einen miniſtrum publicum, aus
deſſen Munde man hoͤren ſoll, was der Herr ſelbſt ſagen wuͤrde. Er
ſoll ſeinen Herrn repræſentiren. Es iſt ein fulgur vorhanden, welcher
bey dergleichen repræſentatione eine opinion effectuiret. Geſetzt, derje-
nige, wilcher geſchickt wird, hat ein corpus, das eine affreuſe Geſtalt
verurſachet, der wird nicht viel ausrichten; ob er gleich kein Frauenzim-
mer-Geſichte haben darff, ſo darff doch kein deutlich de faut an ihm zu
ſpuͤren ſeyn. Ein Legatus, der ſchielt, hincket, macht keine Parade,
der ausſiehet wie ein Affe, kan ohnmoͤglich ſeinem Herrn eine gloire
machen, wenn er auch gleich ein habile homme. Der Princeps kan ihn
ja ſonſt ſchon brauchen. Nimmt ein Herr dieſes nicht in acht, ſo wird
er auch in ſeiner negotiation nicht reuſſiren. Wir wiſſen, daß groſſe
Herren auf phyſiognomie ſehen. Der Koͤnig in Franckreich hat deß-
wegen von einem Geſandten geſagt: Le Viſage ne me plait pas. Ein

Ge-
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[383/0403] ſtatus circa fœdera & Legatos. der gleich bezahlen laſſen, oder, wenn er borgte, zuſehen, wie er es mit guter Manier wieder bekaͤme. Niemand aber ſollte ſich geluͤſten laſſen, den Geſandten zu arretiren. Der Geſandte iſt ein Miniſter al- terius, daher gehet es nicht an, daß ich ihn anhalte. Hieraus kan man leicht de omnibus judiciren, quatenus Legatus ſit inviolabilis, wenn man Geſandte recipirt, ſo muß man ihnen auch audience geben. Es iſt ein groſſer Verdruß, wenn man ſie nicht zur audience laſſen will, indem es eben ſo viel, als wenn ſie gleich repudiirt worden. Si bellum imminet, oder es iſt eine Trauer da, ſo ſchiebet man die audience etwas auf. Offt ſucht man auch es deßwegen etwas aufzuhalten, um erſt zu er- fahren, was ſie eigentlich proponiren ſollen. Jacobus I. hat in dieſem Stuͤck was Gutes gehabt, daß er den Grafen Bembrock, wenn fremde Geſandten ſind ankommen, herum geſchickt, ſie zu expiſciren, was ſie im Schilde fuͤhren, und auf ihre phyſiognomie acht geben. Das letztere war was kindiſches. Ferdinandus hielte des Jacobi Geſandten, den Dighby, wegen der audience auf; denn da derſelbe zu Regenſpurg au- dience haben wollte, ſo ſagte Ferdinandus, er ſollte nach Franckfurt kommen, da wolle er ihm audience geben. Wie er nach Franckfurt kam, ſagten die Franckfurter, es waͤre der Wahl-Tag und wuͤrde niemand einge- laſſen, da denn der Engliſche Geſandte fortgehen muͤſſen, ohne daß er audience bekommen. Bey denen Perſonen, die man ſchicken ſoll, iſt auch viel zu obſerviren. Es heißt, habilis mittatur, aber das iſt nicht genug, quis eſt habilis? Habilitas variat. Einer ſchickt ſich zu dieſer, der andere zu jener ambaſſade. Es muß ein Geſandter haben nicht allein ſcientiam, ſondern auch voluntatem, corpus. Denn ein Herr, der ei- nen legatum ſchicket, ſchicket ihn als einen miniſtrum publicum, aus deſſen Munde man hoͤren ſoll, was der Herr ſelbſt ſagen wuͤrde. Er ſoll ſeinen Herrn repræſentiren. Es iſt ein fulgur vorhanden, welcher bey dergleichen repræſentatione eine opinion effectuiret. Geſetzt, derje- nige, wilcher geſchickt wird, hat ein corpus, das eine affreuſe Geſtalt verurſachet, der wird nicht viel ausrichten; ob er gleich kein Frauenzim- mer-Geſichte haben darff, ſo darff doch kein deutlich de faut an ihm zu ſpuͤren ſeyn. Ein Legatus, der ſchielt, hincket, macht keine Parade, der ausſiehet wie ein Affe, kan ohnmoͤglich ſeinem Herrn eine gloire machen, wenn er auch gleich ein habile homme. Der Princeps kan ihn ja ſonſt ſchon brauchen. Nimmt ein Herr dieſes nicht in acht, ſo wird er auch in ſeiner negotiation nicht reuſſiren. Wir wiſſen, daß groſſe Herren auf phyſiognomie ſehen. Der Koͤnig in Franckreich hat deß- wegen von einem Geſandten geſagt: Le Viſage ne me plait pas. Ein Ge-

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/403>, abgerufen am 22.11.2024.