Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa foedera & Legatos erweiset. Pileo parantur amici inter privatos, also sucht man sich auchbey einem grossen Herren zu insinuiren, weil man ihn mehr ehret, als consulta ratione. Die Hertzoge von Braunschweig hatten eine lettre an dem König in Franckreich geschrieben, und verlangten von ihm, daß er sie eben so tractiren sollte, wie die Chur-Fürsten. Der König in Franckreich schrieb zurück an dem Croissy, die lettre wäre hübsch gemacht, sie hätten auch raison, aber er brauche sie nicht, und gebe ihnen auch kein grösseres ceremoniel. Der Brief stehet in der negotiation von Nim- wegen, woselbst eben der Comte d'Estrades und der Croissy gewesen. Al- so kan man keine regulam absolutam generalem von dem ceremoniel ge- ben, weil es changiret; Aber so viel kan man sagen, si recipis consueto modo, willst du mehr geben, das stehet bey dir, und must du zu sehen, ob du den andern brauchst. Weil nun die legati können Gutes und Böses würcken, so gehet unser Autor die regulas durch. Sie sind Emis- sarii, und beschreiben den gantzen Hof. Ein legatus hat omnem securi- tatem, sein Hauß ist immunis, seine Religion ist frey, ich recipire ihn, als einen Lutheraner, Reformirten, als einen Türcken, also ist absurd, wenn man ihm das religions-exercitium nicht lassen will. Dem Fran- tzösischen Envoye ordinaire in Schweden, wollten die Schweden seinen Gottesdienst nicht gestatten, er sagte aber, ihr habt mich einmahl reci- pirt, und müsset mir solches gestatten, daher sich auch die Schweden ac- commodirt. In dem Espion des Cours de l'Europe kan man artige passagen hievon finden. Die paquets sind immunes. Sein cabinet kan nicht visitirt werden, sie sagen, es sey eine violatio des Völcker- Rechts. Man kan auch nur sagen, es sey eine violatio des pacti taciti, dum recipio, recipio more consueto. Seine Carosse muß immunis seyn, obgleich dieses alles geschiehet, so trauet man ihm doch nicht. Der Gesandte trauet auch nicht, daher brauchen sie mehrentheils chiffres, daraus niemand was nehmen kan, der nicht den Schlüssel da- zu hat; Denn mit Briefen ist hodie nicht mehr zu trauen, weil dieselben können künstlich auf- und zugemachet werden, wenn es wichtige depechen sind, so kan der Ministre solches nicht mit der or- dinairen Post schicken, sondern es gehen estaffeten, und zwar läßt er da nicht einen postillion aussitzen, sondern einen von seinen Leuten. Es ist gar eine grosse Kunst Gesandter zu seyn; Alle Gesandten sind freylich suspecti, daher muß man ein wachsames Auge auf sie haben. Die Ve- netianer lassen keinen Nobili a part mit einem Gesandten sprechen, sie geben visiten, aber es sind mehrentheils Deputirte vom Rath dabey. Die Wahrheit zu sagen, so ist nicht absurd, was die Venetianer thun, B b b 3
ſtatus circa fœdera & Legatos erweiſet. Pileo parantur amici inter privatos, alſo ſucht man ſich auchbey einem groſſen Herren zu inſinuiren, weil man ihn mehr ehret, als conſulta ratione. Die Hertzoge von Braunſchweig hatten eine lettre an dem Koͤnig in Franckreich geſchrieben, und verlangten von ihm, daß er ſie eben ſo tractiren ſollte, wie die Chur-Fuͤrſten. Der Koͤnig in Franckreich ſchrieb zuruͤck an dem Croiſſy, die lettre waͤre huͤbſch gemacht, ſie haͤtten auch raiſon, aber er brauche ſie nicht, und gebe ihnen auch kein groͤſſeres ceremoniel. Der Brief ſtehet in der negotiation von Nim- wegen, woſelbſt eben der Comte d’Eſtrades und der Croiſſy geweſen. Al- ſo kan man keine regulam abſolutam generalem von dem ceremoniel ge- ben, weil es changiret; Aber ſo viel kan man ſagen, ſi recipis conſueto modo, willſt du mehr geben, das ſtehet bey dir, und muſt du zu ſehen, ob du den andern brauchſt. Weil nun die legati koͤnnen Gutes und Boͤſes wuͤrcken, ſo gehet unſer Autor die regulas durch. Sie ſind Emiſ- ſarii, und beſchreiben den gantzen Hof. Ein legatus hat omnem ſecuri- tatem, ſein Hauß iſt immunis, ſeine Religion iſt frey, ich recipire ihn, als einen Lutheraner, Reformirten, als einen Tuͤrcken, alſo iſt abſurd, wenn man ihm das religions-exercitium nicht laſſen will. Dem Fran- tzoͤſiſchen Envoyé ordinaire in Schweden, wollten die Schweden ſeinen Gottesdienſt nicht geſtatten, er ſagte aber, ihr habt mich einmahl reci- pirt, und muͤſſet mir ſolches geſtatten, daher ſich auch die Schweden ac- commodirt. In dem Eſpion des Cours de l’Europe kan man artige paſſagen hievon finden. Die paquets ſind immunes. Sein cabinet kan nicht viſitirt werden, ſie ſagen, es ſey eine violatio des Voͤlcker- Rechts. Man kan auch nur ſagen, es ſey eine violatio des pacti taciti, dum recipio, recipio more conſueto. Seine Caroſſe muß immunis ſeyn, obgleich dieſes alles geſchiehet, ſo trauet man ihm doch nicht. Der Geſandte trauet auch nicht, daher brauchen ſie mehrentheils chiffres, daraus niemand was nehmen kan, der nicht den Schluͤſſel da- zu hat; Denn mit Briefen iſt hodie nicht mehr zu trauen, weil dieſelben koͤnnen kuͤnſtlich auf- und zugemachet werden, wenn es wichtige depechen ſind, ſo kan der Miniſtre ſolches nicht mit der or- dinairen Poſt ſchicken, ſondern es gehen eſtaffeten, und zwar laͤßt er da nicht einen poſtillion auſſitzen, ſondern einen von ſeinen Leuten. Es iſt gar eine groſſe Kunſt Geſandter zu ſeyn; Alle Geſandten ſind freylich ſuſpecti, daher muß man ein wachſames Auge auf ſie haben. Die Ve- netianer laſſen keinen Nobili a part mit einem Geſandten ſprechen, ſie geben viſiten, aber es ſind mehrentheils Deputirte vom Rath dabey. Die Wahrheit zu ſagen, ſo iſt nicht abſurd, was die Venetianer thun, B b b 3
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bey einem groſſen Herren zu inſinuiren, weil man ihn mehr ehret, als
conſulta ratione. Die Hertzoge von Braunſchweig hatten eine lettre
an dem Koͤnig in Franckreich geſchrieben, und verlangten von ihm, daß
er ſie eben ſo tractiren ſollte, wie die Chur-Fuͤrſten. Der Koͤnig in
Franckreich ſchrieb zuruͤck an dem Croiſſy, die lettre waͤre huͤbſch gemacht,
ſie haͤtten auch raiſon, aber er brauche ſie nicht, und gebe ihnen auch kein
groͤſſeres ceremoniel. Der Brief ſtehet in der negotiation von Nim-
wegen, woſelbſt eben der Comte d’Eſtrades und der Croiſſy geweſen. Al-
ſo kan man keine regulam abſolutam generalem von dem ceremoniel ge-
ben, weil es changiret; Aber ſo viel kan man ſagen, ſi recipis conſueto
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Boͤſes wuͤrcken, ſo gehet unſer Autor die regulas durch. Sie ſind Emiſ-
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tatem, ſein Hauß iſt immunis, ſeine Religion iſt frey, ich recipire ihn,
als einen Lutheraner, Reformirten, als einen Tuͤrcken, alſo iſt abſurd,
wenn man ihm das religions-exercitium nicht laſſen will. Dem Fran-
tzoͤſiſchen Envoyé ordinaire in Schweden, wollten die Schweden ſeinen
Gottesdienſt nicht geſtatten, er ſagte aber, ihr habt mich einmahl reci-
pirt, und muͤſſet mir ſolches geſtatten, daher ſich auch die Schweden ac-
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paſſagen hievon finden. Die paquets ſind immunes. Sein cabinet
kan nicht viſitirt werden, ſie ſagen, es ſey eine violatio des Voͤlcker-
Rechts. Man kan auch nur ſagen, es ſey eine violatio des pacti taciti,
dum recipio, recipio more conſueto. Seine Caroſſe muß immunis ſeyn,
obgleich dieſes alles geſchiehet, ſo trauet man ihm doch nicht. Der
Geſandte trauet auch nicht, daher brauchen ſie mehrentheils chiffres,
daraus niemand was nehmen kan, der nicht den Schluͤſſel da-
zu hat; Denn mit Briefen iſt hodie nicht mehr zu trauen, weil
dieſelben koͤnnen kuͤnſtlich auf- und zugemachet werden, wenn
es wichtige depechen ſind, ſo kan der Miniſtre ſolches nicht mit der or-
dinairen Poſt ſchicken, ſondern es gehen eſtaffeten, und zwar laͤßt er da
nicht einen poſtillion auſſitzen, ſondern einen von ſeinen Leuten. Es iſt
gar eine groſſe Kunſt Geſandter zu ſeyn; Alle Geſandten ſind freylich
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netianer laſſen keinen Nobili a part mit einem Geſandten ſprechen, ſie
geben viſiten, aber es ſind mehrentheils Deputirte vom Rath dabey.
Die Wahrheit zu ſagen, ſo iſt nicht abſurd, was die Venetianer
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