Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.status circa foedera & Legatos. welcher revera unter dem Kayser gestanden, und sich doch hernach in dieHöhe geschwungen. Die Ursach, warum viele Politici in Teutschland gemeynet, man solle nicht cum potentiori ein foedus machen, ist auch, weil sie wahrgenommen, daß diejenigen in Teutschland, welche mit Franck- reich geschlossen allezeit übel davon gekommen, theils daß Franckreich profitirt, theils, daß sie von Land und Leuten gejagt worden. Der Chur-Fürst Moriz machte auch zu Torgau eine alliance mit dem König in Franck- reich wider Carolum V. aber es giengen bald Mez, Tull und Verdun verlohren, deßwegen gieng auch Moriz wieder davon ab, und sagte: Es wäre die intention nicht gewesen, in Teutschland Länder wegzunehmen. Necessitas hat kein Gesetz, also auch nicht ratione potentioris, muß man sich in acht nehmen, man blamirt sonst den Hertzog von Savoyen, daß er nicht beständig sey, indem er bald dem Kayser, bald Franckreich an- hänget. Allein Bayle sagt: Solche Leute raisonnirten nur so obenhin, und verstünden es nicht. Man hat wahrgenommen, daß einige gute Herren zeithero in Savoyen tegieret, aber sie haben sich nicht anders aufführen können; Sie sitzen zwischen zwey mächtigen Herren, Franck- reich und dem Kayser. Wenn sie mit Franckreich eine alliance gehabt, haben sie befürchtet, daß sie würden von denen Spaniolen, die Mayland besassen, incommodirt werden, und vicissim haben sie auch denen Spa- niolen nicht dürffen trauen, wenn sie mit denenselben eine alliance ge- habt, weil sie potentiores gewesen. Daher haben sie balancirt, bald die- sen, bald jenen beygestanden. Es scheinet, daß dieses eine inconstantia, aber das interesse hat es nicht anders erfordert. Es wäre eine Thor- heit perire cum aliquo, und die gloire machen, quod foedera servemus. Wenn ich mit einem privat-Mann ein pactum mache, so muß ers hal- ten, wenn er auch gleich sollte zu Grunde gehen; Thut er es nicht, so ist er perfidus; Aber bey grossen Herren ists nicht so, ein jeder weiß, was sie vor einen finem, scopum haben, erhalten sie den nicht, so können sie abgehen. Es finden grosse Herren immer Gelegenheit, daß sie können abgehen. So hats Friedrich VVilhelm gemacht, wie man in denen memoiren des Mons. Terlon lieset. Carl Gustav hat selbst gesagt, daß er sich auf alle Art und Weise in acht genommen, dem Friedrich VVil- helm keine Gelegenheit zu geben von der alliance abzugehen, aber in ei- nem eintzigen Stück habe er es doch versehen, da denn Friedrich VVil- helm solches in acht genommen, und abgegangen. Beym Puffendorff wird man eine schöne passage finden hievon. Er machte erst das foe- dus mit Carolo Gustavo, daß er wollte sein Vasall seyn. Carl Gustav wollte viel im commercio ändern, daraus wurde aber nichts, als Frie- drich Z z 2
ſtatus circa fœdera & Legatos. welcher revera unter dem Kayſer geſtanden, und ſich doch hernach in dieHoͤhe geſchwungen. Die Urſach, warum viele Politici in Teutſchland gemeynet, man ſolle nicht cum potentiori ein fœdus machen, iſt auch, weil ſie wahrgenommen, daß diejenigen in Teutſchland, welche mit Franck- reich geſchloſſen allezeit uͤbel davon gekommen, theils daß Franckreich profitirt, theils, daß ſie von Land und Leuten gejagt worden. Der Chur-Fuͤrſt Moriz machte auch zu Torgau eine alliance mit dem Koͤnig in Franck- reich wider Carolum V. aber es giengen bald Mez, Tull und Verdun verlohren, deßwegen gieng auch Moriz wieder davon ab, und ſagte: Es waͤre die intention nicht geweſen, in Teutſchland Laͤnder wegzunehmen. Neceſſitas hat kein Geſetz, alſo auch nicht ratione potentioris, muß man ſich in acht nehmen, man blamirt ſonſt den Hertzog von Savoyen, daß er nicht beſtaͤndig ſey, indem er bald dem Kayſer, bald Franckreich an- haͤnget. Allein Bayle ſagt: Solche Leute raiſonnirten nur ſo obenhin, und verſtuͤnden es nicht. Man hat wahrgenommen, daß einige gute Herren zeithero in Savoyen tegieret, aber ſie haben ſich nicht anders auffuͤhren koͤnnen; Sie ſitzen zwiſchen zwey maͤchtigen Herren, Franck- reich und dem Kayſer. Wenn ſie mit Franckreich eine alliance gehabt, haben ſie befuͤrchtet, daß ſie wuͤrden von denen Spaniolen, die Mayland beſaſſen, incommodirt werden, und viciſſim haben ſie auch denen Spa- niolen nicht duͤrffen trauen, wenn ſie mit denenſelben eine alliance ge- habt, weil ſie potentiores geweſen. Daher haben ſie balancirt, bald die- ſen, bald jenen beygeſtanden. Es ſcheinet, daß dieſes eine inconſtantia, aber das intereſſe hat es nicht anders erfordert. Es waͤre eine Thor- heit perire cum aliquo, und die gloire machen, quod fœdera ſervemus. Wenn ich mit einem privat-Mann ein pactum mache, ſo muß ers hal- ten, wenn er auch gleich ſollte zu Grunde gehen; Thut er es nicht, ſo iſt er perfidus; Aber bey groſſen Herren iſts nicht ſo, ein jeder weiß, was ſie vor einen finem, ſcopum haben, erhalten ſie den nicht, ſo koͤnnen ſie abgehen. Es finden groſſe Herren immer Gelegenheit, daß ſie koͤnnen abgehen. So hats Friedrich VVilhelm gemacht, wie man in denen memoiren des Monſ. Terlon lieſet. Carl Guſtav hat ſelbſt geſagt, daß er ſich auf alle Art und Weiſe in acht genommen, dem Friedrich VVil- helm keine Gelegenheit zu geben von der alliance abzugehen, aber in ei- nem eintzigen Stuͤck habe er es doch verſehen, da denn Friedrich VVil- helm ſolches in acht genommen, und abgegangen. Beym Puffendorff wird man eine ſchoͤne paſſage finden hievon. Er machte erſt das fœ- dus mit Carolo Guſtavo, daß er wollte ſein Vaſall ſeyn. Carl Guſtav wollte viel im commercio aͤndern, daraus wurde aber nichts, als Frie- drich Z z 2
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gemeynet, man ſolle nicht cum potentiori ein fœdus machen, iſt auch,
weil ſie wahrgenommen, daß diejenigen in Teutſchland, welche mit Franck-
reich geſchloſſen allezeit uͤbel davon gekommen, theils daß Franckreich
profitirt, theils, daß ſie von Land und Leuten gejagt worden. Der Chur-Fuͤrſt
Moriz machte auch zu Torgau eine alliance mit dem Koͤnig in Franck-
reich wider Carolum V. aber es giengen bald Mez, Tull und Verdun
verlohren, deßwegen gieng auch Moriz wieder davon ab, und ſagte: Es
waͤre die intention nicht geweſen, in Teutſchland Laͤnder wegzunehmen.
Neceſſitas hat kein Geſetz, alſo auch nicht ratione potentioris, muß man
ſich in acht nehmen, man blamirt ſonſt den Hertzog von Savoyen, daß
er nicht beſtaͤndig ſey, indem er bald dem Kayſer, bald Franckreich an-
haͤnget. Allein Bayle ſagt: Solche Leute raiſonnirten nur ſo obenhin,
und verſtuͤnden es nicht. Man hat wahrgenommen, daß einige gute
Herren zeithero in Savoyen tegieret, aber ſie haben ſich nicht anders
auffuͤhren koͤnnen; Sie ſitzen zwiſchen zwey maͤchtigen Herren, Franck-
reich und dem Kayſer. Wenn ſie mit Franckreich eine alliance gehabt,
haben ſie befuͤrchtet, daß ſie wuͤrden von denen Spaniolen, die Mayland
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niolen nicht duͤrffen trauen, wenn ſie mit denenſelben eine alliance ge-
habt, weil ſie potentiores geweſen. Daher haben ſie balancirt, bald die-
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aber das intereſſe hat es nicht anders erfordert. Es waͤre eine Thor-
heit perire cum aliquo, und die gloire machen, quod fœdera ſervemus.
Wenn ich mit einem privat-Mann ein pactum mache, ſo muß ers hal-
ten, wenn er auch gleich ſollte zu Grunde gehen; Thut er es nicht, ſo iſt
er perfidus; Aber bey groſſen Herren iſts nicht ſo, ein jeder weiß, was
ſie vor einen finem, ſcopum haben, erhalten ſie den nicht, ſo koͤnnen ſie
abgehen. Es finden groſſe Herren immer Gelegenheit, daß ſie koͤnnen
abgehen. So hats Friedrich VVilhelm gemacht, wie man in denen
memoiren des Monſ. Terlon lieſet. Carl Guſtav hat ſelbſt geſagt, daß
er ſich auf alle Art und Weiſe in acht genommen, dem Friedrich VVil-
helm keine Gelegenheit zu geben von der alliance abzugehen, aber in ei-
nem eintzigen Stuͤck habe er es doch verſehen, da denn Friedrich VVil-
helm ſolches in acht genommen, und abgegangen. Beym Puffendorff
wird man eine ſchoͤne paſſage finden hievon. Er machte erſt das fœ-
dus mit Carolo Guſtavo, daß er wollte ſein Vaſall ſeyn. Carl Guſtav
wollte viel im commercio aͤndern, daraus wurde aber nichts, als Frie-
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