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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
That eine fourberie, und halte ich nicht viel darauf. Die Venetianer,
wenn sie denen Soldaten den rückständigen Sold zahlen sollen, erhöhen
das Geld, und betrügen sie. Wenn ich mein Geld erhöhe, so verliehre
ich allezeit. Dieses hat Schrödter perfect in seiner Fürstlichen Schatz-
und Renth-Cammer p. 164. gewiesen. Der König in Franckreich pflegt
offt das Geld zu erhöhen, aber es sind nichts als fourberien. Man hat
da mit allem Fleisse solche confusion gemacht, damit die Leute actien ge-
kaufft. In Franckreich gehets noch eher an, als in einem kleinen Lande.
Franckreich braucht nicht so viel, als andere von ihnen brauchen. Die
haben aber doch Verlust davon gehabt. Es hat ihnen in dem com-
mercio
grossen Schaden gethan, denn die pretia steigen gleich, und die
Fremden wollen nicht so viel geben, lassen ihnen die Waaren also über
dem Halse. Wird das Geld erhöhet, so ists, wie ein impost, die im-
post
en schaden dem commercio, also können ohnmöglich die commercia
flori
ren, wenn das Geld erhöhet wird. Hingegen in Teutschland thut
die Erhöhung noch mehr Schaden, und bringet es dem Kayser keinen
Nutzen, wenn ein Sechs-Creutzer vor einen Sieben-Creutzer ausgege-
ben wird, ausser wenn er es vor vier Groschen müntzen läßt, aber er
kans nicht forciren, weil sich die Leute gleich darüber beschweren. Man
muß auch auf die Sorten der Müntzen regardiren. Wer das jus mo-
netandi
recht exerciren will, muß acht geben auf groß- und kleine Mün-
tzen. Die Moscowiter haben auch lauter kleine Müntzen gehabt, und
hat der verstorbene Czaar erst Ducaten und Thaler schlagen lassen. An
kleinen Müntz-Sorten kan man freylich mehr profitiren, als an grossen,
denn die grossen kan man leicht probiren. Kleine Scheide-Müntzen
müssen auch seyn. Darinnen tadelt man die Engeländer, doch die En-
geländer mercken es nicht, weil sie reich sind, sie geben sechs bis sieben
Groschen Trinck-Geld. Man muß auch acht geben, daß keine falschen
Müntzen ins Land kommen, und ist gut, wenn man die Müntzen so macht,
daß sie nicht können nachgemachet, oder beschnitten werden. Daher
einige gemeynet, man solle wenig Geld prägen, oder einen Rand daran
machen, daß es nicht könne beschnitten werden. Welches letztere ich bey
dem Lüneburgischen Geld observiret. Wer das nicht thut, der verliehrt.
Diejenigen, so das Geld beschneiden, werden auch am Leben bestrafft.
Es ist einem Kerl der Kopff abgeschlagen, welcher, so lange er sein me-
tier
getrieben, nur Ducaten beschnitten, nicht mehr als zwey und dreyßig
Ducaten profitirt. Das Gold kan am leichtesten beschnitten werden.
Deßwegen schlagen grosse Herren wenig Gold-Müntzen. Man muß
auch nicht viel Müntz-Städte haben; Die Engeländer lassen keine Müntze

gelten,

Cap. V. De prudentia
That eine fourberie, und halte ich nicht viel darauf. Die Venetianer,
wenn ſie denen Soldaten den ruͤckſtaͤndigen Sold zahlen ſollen, erhoͤhen
das Geld, und betruͤgen ſie. Wenn ich mein Geld erhoͤhe, ſo verliehre
ich allezeit. Dieſes hat Schrödter perfect in ſeiner Fuͤrſtlichen Schatz-
und Renth-Cammer p. 164. gewieſen. Der Koͤnig in Franckreich pflegt
offt das Geld zu erhoͤhen, aber es ſind nichts als fourberien. Man hat
da mit allem Fleiſſe ſolche confuſion gemacht, damit die Leute actien ge-
kaufft. In Franckreich gehets noch eher an, als in einem kleinen Lande.
Franckreich braucht nicht ſo viel, als andere von ihnen brauchen. Die
haben aber doch Verluſt davon gehabt. Es hat ihnen in dem com-
mercio
groſſen Schaden gethan, denn die pretia ſteigen gleich, und die
Fremden wollen nicht ſo viel geben, laſſen ihnen die Waaren alſo uͤber
dem Halſe. Wird das Geld erhoͤhet, ſo iſts, wie ein impoſt, die im-
poſt
en ſchaden dem commercio, alſo koͤnnen ohnmoͤglich die commercia
flori
ren, wenn das Geld erhoͤhet wird. Hingegen in Teutſchland thut
die Erhoͤhung noch mehr Schaden, und bringet es dem Kayſer keinen
Nutzen, wenn ein Sechs-Creutzer vor einen Sieben-Creutzer ausgege-
ben wird, auſſer wenn er es vor vier Groſchen muͤntzen laͤßt, aber er
kans nicht forciren, weil ſich die Leute gleich daruͤber beſchweren. Man
muß auch auf die Sorten der Muͤntzen regardiren. Wer das jus mo-
netandi
recht exerciren will, muß acht geben auf groß- und kleine Muͤn-
tzen. Die Moſcowiter haben auch lauter kleine Muͤntzen gehabt, und
hat der verſtorbene Czaar erſt Ducaten und Thaler ſchlagen laſſen. An
kleinen Muͤntz-Sorten kan man freylich mehr profitiren, als an groſſen,
denn die groſſen kan man leicht probiren. Kleine Scheide-Muͤntzen
muͤſſen auch ſeyn. Darinnen tadelt man die Engelaͤnder, doch die En-
gelaͤnder mercken es nicht, weil ſie reich ſind, ſie geben ſechs bis ſieben
Groſchen Trinck-Geld. Man muß auch acht geben, daß keine falſchen
Muͤntzen ins Land kommen, und iſt gut, wenn man die Muͤntzen ſo macht,
daß ſie nicht koͤnnen nachgemachet, oder beſchnitten werden. Daher
einige gemeynet, man ſolle wenig Geld praͤgen, oder einen Rand daran
machen, daß es nicht koͤnne beſchnitten werden. Welches letztere ich bey
dem Luͤneburgiſchen Geld obſerviret. Wer das nicht thut, der verliehrt.
Diejenigen, ſo das Geld beſchneiden, werden auch am Leben beſtrafft.
Es iſt einem Kerl der Kopff abgeſchlagen, welcher, ſo lange er ſein me-
tier
getrieben, nur Ducaten beſchnitten, nicht mehr als zwey und dreyßig
Ducaten profitirt. Das Gold kan am leichteſten beſchnitten werden.
Deßwegen ſchlagen groſſe Herren wenig Gold-Muͤntzen. Man muß
auch nicht viel Muͤntz-Staͤdte haben; Die Engelaͤnder laſſen keine Muͤntze

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[344/0364] Cap. V. De prudentia That eine fourberie, und halte ich nicht viel darauf. Die Venetianer, wenn ſie denen Soldaten den ruͤckſtaͤndigen Sold zahlen ſollen, erhoͤhen das Geld, und betruͤgen ſie. Wenn ich mein Geld erhoͤhe, ſo verliehre ich allezeit. Dieſes hat Schrödter perfect in ſeiner Fuͤrſtlichen Schatz- und Renth-Cammer p. 164. gewieſen. Der Koͤnig in Franckreich pflegt offt das Geld zu erhoͤhen, aber es ſind nichts als fourberien. Man hat da mit allem Fleiſſe ſolche confuſion gemacht, damit die Leute actien ge- kaufft. In Franckreich gehets noch eher an, als in einem kleinen Lande. Franckreich braucht nicht ſo viel, als andere von ihnen brauchen. Die haben aber doch Verluſt davon gehabt. Es hat ihnen in dem com- mercio groſſen Schaden gethan, denn die pretia ſteigen gleich, und die Fremden wollen nicht ſo viel geben, laſſen ihnen die Waaren alſo uͤber dem Halſe. Wird das Geld erhoͤhet, ſo iſts, wie ein impoſt, die im- poſten ſchaden dem commercio, alſo koͤnnen ohnmoͤglich die commercia floriren, wenn das Geld erhoͤhet wird. Hingegen in Teutſchland thut die Erhoͤhung noch mehr Schaden, und bringet es dem Kayſer keinen Nutzen, wenn ein Sechs-Creutzer vor einen Sieben-Creutzer ausgege- ben wird, auſſer wenn er es vor vier Groſchen muͤntzen laͤßt, aber er kans nicht forciren, weil ſich die Leute gleich daruͤber beſchweren. Man muß auch auf die Sorten der Muͤntzen regardiren. Wer das jus mo- netandi recht exerciren will, muß acht geben auf groß- und kleine Muͤn- tzen. Die Moſcowiter haben auch lauter kleine Muͤntzen gehabt, und hat der verſtorbene Czaar erſt Ducaten und Thaler ſchlagen laſſen. An kleinen Muͤntz-Sorten kan man freylich mehr profitiren, als an groſſen, denn die groſſen kan man leicht probiren. Kleine Scheide-Muͤntzen muͤſſen auch ſeyn. Darinnen tadelt man die Engelaͤnder, doch die En- gelaͤnder mercken es nicht, weil ſie reich ſind, ſie geben ſechs bis ſieben Groſchen Trinck-Geld. Man muß auch acht geben, daß keine falſchen Muͤntzen ins Land kommen, und iſt gut, wenn man die Muͤntzen ſo macht, daß ſie nicht koͤnnen nachgemachet, oder beſchnitten werden. Daher einige gemeynet, man ſolle wenig Geld praͤgen, oder einen Rand daran machen, daß es nicht koͤnne beſchnitten werden. Welches letztere ich bey dem Luͤneburgiſchen Geld obſerviret. Wer das nicht thut, der verliehrt. Diejenigen, ſo das Geld beſchneiden, werden auch am Leben beſtrafft. Es iſt einem Kerl der Kopff abgeſchlagen, welcher, ſo lange er ſein me- tier getrieben, nur Ducaten beſchnitten, nicht mehr als zwey und dreyßig Ducaten profitirt. Das Gold kan am leichteſten beſchnitten werden. Deßwegen ſchlagen groſſe Herren wenig Gold-Muͤntzen. Man muß auch nicht viel Muͤntz-Staͤdte haben; Die Engelaͤnder laſſen keine Muͤntze gelten,

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/364>, abgerufen am 24.11.2024.