Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia zum armen Mann worden. Das Geld ist was reeles, ich sehe wasvor mir, und kan alles davor haben. Könnte ein jeder Geld machen, so würde alsdenn der größte Reichthum nur in fundis nicht mehr in Gel- de bestehen. Man kan auch Papier leicht machen; Daher auch bey dem actien-Handel viele tausend billets nachgemachet worden. Ja, wenn einer gewust, daß der andere, so ein billet bey sich gehabt, hat er ihn suchen zu attaquiren, und solches zu nehmen, wer es aufgewiesen, der hat die Zahlung bekommen. Wenn auch der Papier-Handel angienge, so gehet er doch nur im Lande, die Leute haben kein baar Geld mehr, und können kein negotium auswärts treiben. Wer ist wohl, der da meynet, er sey reich, wenn er Papier hat? Der Souverain suchet Geld, und läßt sich nicht mit Papier abweisen, wie sollen es andere thun? Law hat sich eine despotische Regierung, wie im Reiche des grossen Mo- guls ist, in dem Kopff gesetzet. Er sagt, wenn der König das Geld hät- te, könnte er Waaren kauffen, und solche denen Unterthanen vor billets überlassen. Er könnte unterdessen solche Waaren nur nehmen, welche einen luxum verursachten. Nun hat wohl solches eine speciem; aber quid? Wenn in Franckreich ein übler Zustand ist, sie werden geschlagen, oder kommt der Feind ins Land, ich will aus dem Lande wegziehen, da kan ich vor meine billets an andern Orten nichts bekommen. Wenn auch gleich die billets eingeführet worden, so giebt mir doch der Kauff- mann nicht gerne Waaren davor, weil er das risco über sich nehmen, und gewärtig seyn muß, daß sie wieder über den Hauffen geworffen wer- den. In Franckreich haben sie selbst nicht wohl mit denen Zetteln kön- nen zurecht kommen. Denn wenn ein billet nachgemachet worden, haben sie eine gewisse marque gehabt, woran sie solches erkannt, und hat er nichts davor bekommen. Keine andere intention ist also dabey gewesen, als daß die Leute sollten Sclaven werden, und das publicum alles haben, damit die Leute nicht im Stande wären, etwas zu thun, und nur das publicum durch sie negotiiren könne. Branchu sagt gar wohl, wo im commercio keine libertas, da wird man nicht allein keinen Reichthum zu wege bringen, sondern vielmehr verursachen, daß die Leute ihr Geld vergraben, welches auch in Franckreich geschehen, und sind viele Millionen vergraben worden. Es ist bald gesagt: Man könne mit Zetteln handeln, aber jam applica. Der Law ist auch auf die letzte nichts worden, weil man gesehen, es gehe nicht an, und müssen lauter fourberien dabey gebraucht werden. Die Süder-compagnie in Enge- land fieng denen Frantzosen zum tort eben dergleichen actien-Handel an. Denn wie der König in Engeland sahe, daß viele Engeländer nach Franck-
Cap. V. De prudentia zum armen Mann worden. Das Geld iſt was reeles, ich ſehe wasvor mir, und kan alles davor haben. Koͤnnte ein jeder Geld machen, ſo wuͤrde alsdenn der groͤßte Reichthum nur in fundis nicht mehr in Gel- de beſtehen. Man kan auch Papier leicht machen; Daher auch bey dem actien-Handel viele tauſend billets nachgemachet worden. Ja, wenn einer gewuſt, daß der andere, ſo ein billet bey ſich gehabt, hat er ihn ſuchen zu attaquiren, und ſolches zu nehmen, wer es aufgewieſen, der hat die Zahlung bekommen. Wenn auch der Papier-Handel angienge, ſo gehet er doch nur im Lande, die Leute haben kein baar Geld mehr, und koͤnnen kein negotium auswaͤrts treiben. Wer iſt wohl, der da meynet, er ſey reich, wenn er Papier hat? Der Souverain ſuchet Geld, und laͤßt ſich nicht mit Papier abweiſen, wie ſollen es andere thun? Law hat ſich eine deſpotiſche Regierung, wie im Reiche des groſſen Mo- guls iſt, in dem Kopff geſetzet. Er ſagt, wenn der Koͤnig das Geld haͤt- te, koͤnnte er Waaren kauffen, und ſolche denen Unterthanen vor billets uͤberlaſſen. Er koͤnnte unterdeſſen ſolche Waaren nur nehmen, welche einen luxum verurſachten. Nun hat wohl ſolches eine ſpeciem; aber quid? Wenn in Franckreich ein uͤbler Zuſtand iſt, ſie werden geſchlagen, oder kommt der Feind ins Land, ich will aus dem Lande wegziehen, da kan ich vor meine billets an andern Orten nichts bekommen. Wenn auch gleich die billets eingefuͤhret worden, ſo giebt mir doch der Kauff- mann nicht gerne Waaren davor, weil er das riſco uͤber ſich nehmen, und gewaͤrtig ſeyn muß, daß ſie wieder uͤber den Hauffen geworffen wer- den. In Franckreich haben ſie ſelbſt nicht wohl mit denen Zetteln koͤn- nen zurecht kommen. Denn wenn ein billet nachgemachet worden, haben ſie eine gewiſſe marque gehabt, woran ſie ſolches erkannt, und hat er nichts davor bekommen. Keine andere intention iſt alſo dabey geweſen, als daß die Leute ſollten Sclaven werden, und das publicum alles haben, damit die Leute nicht im Stande waͤren, etwas zu thun, und nur das publicum durch ſie negotiiren koͤnne. Branchu ſagt gar wohl, wo im commercio keine libertas, da wird man nicht allein keinen Reichthum zu wege bringen, ſondern vielmehr verurſachen, daß die Leute ihr Geld vergraben, welches auch in Franckreich geſchehen, und ſind viele Millionen vergraben worden. Es iſt bald geſagt: Man koͤnne mit Zetteln handeln, aber jam applica. Der Law iſt auch auf die letzte nichts worden, weil man geſehen, es gehe nicht an, und muͤſſen lauter fourberien dabey gebraucht werden. Die Suͤder-compagnie in Enge- land fieng denen Frantzoſen zum tort eben dergleichen actien-Handel an. Denn wie der Koͤnig in Engeland ſahe, daß viele Engelaͤnder nach Franck-
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Cap. V. De prudentia
zum armen Mann worden. Das Geld iſt was reeles, ich ſehe was
vor mir, und kan alles davor haben. Koͤnnte ein jeder Geld machen,
ſo wuͤrde alsdenn der groͤßte Reichthum nur in fundis nicht mehr in Gel-
de beſtehen. Man kan auch Papier leicht machen; Daher auch bey
dem actien-Handel viele tauſend billets nachgemachet worden. Ja,
wenn einer gewuſt, daß der andere, ſo ein billet bey ſich gehabt, hat er
ihn ſuchen zu attaquiren, und ſolches zu nehmen, wer es aufgewieſen, der
hat die Zahlung bekommen. Wenn auch der Papier-Handel angienge,
ſo gehet er doch nur im Lande, die Leute haben kein baar Geld mehr,
und koͤnnen kein negotium auswaͤrts treiben. Wer iſt wohl, der da
meynet, er ſey reich, wenn er Papier hat? Der Souverain ſuchet Geld,
und laͤßt ſich nicht mit Papier abweiſen, wie ſollen es andere thun?
Law hat ſich eine deſpotiſche Regierung, wie im Reiche des groſſen Mo-
guls iſt, in dem Kopff geſetzet. Er ſagt, wenn der Koͤnig das Geld haͤt-
te, koͤnnte er Waaren kauffen, und ſolche denen Unterthanen vor billets
uͤberlaſſen. Er koͤnnte unterdeſſen ſolche Waaren nur nehmen, welche
einen luxum verurſachten. Nun hat wohl ſolches eine ſpeciem; aber
quid? Wenn in Franckreich ein uͤbler Zuſtand iſt, ſie werden geſchlagen,
oder kommt der Feind ins Land, ich will aus dem Lande wegziehen, da
kan ich vor meine billets an andern Orten nichts bekommen. Wenn
auch gleich die billets eingefuͤhret worden, ſo giebt mir doch der Kauff-
mann nicht gerne Waaren davor, weil er das riſco uͤber ſich nehmen,
und gewaͤrtig ſeyn muß, daß ſie wieder uͤber den Hauffen geworffen wer-
den. In Franckreich haben ſie ſelbſt nicht wohl mit denen Zetteln koͤn-
nen zurecht kommen. Denn wenn ein billet nachgemachet worden,
haben ſie eine gewiſſe marque gehabt, woran ſie ſolches erkannt, und
hat er nichts davor bekommen. Keine andere intention iſt alſo dabey
geweſen, als daß die Leute ſollten Sclaven werden, und das publicum
alles haben, damit die Leute nicht im Stande waͤren, etwas zu thun,
und nur das publicum durch ſie negotiiren koͤnne. Branchu ſagt gar
wohl, wo im commercio keine libertas, da wird man nicht allein keinen
Reichthum zu wege bringen, ſondern vielmehr verurſachen, daß die Leute
ihr Geld vergraben, welches auch in Franckreich geſchehen, und ſind
viele Millionen vergraben worden. Es iſt bald geſagt: Man koͤnne mit
Zetteln handeln, aber jam applica. Der Law iſt auch auf die letzte
nichts worden, weil man geſehen, es gehe nicht an, und muͤſſen lauter
fourberien dabey gebraucht werden. Die Suͤder-compagnie in Enge-
land fieng denen Frantzoſen zum tort eben dergleichen actien-Handel an.
Denn wie der Koͤnig in Engeland ſahe, daß viele Engelaͤnder nach
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