Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia mehr zu bannisiren sey? Respond. Wenn man einen severen Mann, ei-nen Elster-Bart, höret, der sagt, es wäre gut, daß kein commercium wäre, denen kan man aber nur antworten: Es wäre auch sehr gut, wenn wir in statu integritatis geblieben wären. Es sind lauter sottisen, wenn man meynt, die commercia könnten bannisiret werden. Da die Men- schen einmahl in civitatem kommen, und eine multitudo hominum innu- merabilis entstanden, so kan man ohnmöglich die commercia entbehren. Wir können ja nicht alle vom Ackerbau leben, deßwegen sind die Leute auf Künste gefallen, und diese Künste haben verursacht, daß commer- cia entstanden. Conring hat auch in seiner Dissertation de commerciis maritimis, bey welcher VVerlhof respondirt, gesagt: Er könne die En- thusiasten nicht vertragen, und nicht mit denenselben disputiren, welche meyneten, man solle keine commercia haben. Man wird auch finden, daß diejenigen Republiquen die potentesten gewesen, welche ein florisan- tes commercium gehabt. Wir wissen, daß ehedessen die Phoenicier sehr floriret haben, weil sie das gantze commercium in der Mittel-See exercirt. Sie haben nach Spanien und andern Orten gehandelt, und Colonien dahin gebracht. Phoenicien ist an sich ein kleines Ländgen, daher man die Republique Holland immer damit comparirt, die Leute zu Tyro und Sidon sind Phoenicier gewesen. Die Carthaginienser sind auch eine Razza von Phoenicien gewesen, und haben Hebräisch geredet, wovon man noch eine Rede im Plauto finden kan, die der Clerc in seiner Biblischen Universelle mit Hebräischen lettren drucken lassen. Die Venetianer sind die grössesten Leute in der Welt gewesen, da die com- mercia bey ihnen recht floriret. Viele tausend Menschen müssen Hun- gers sterben, wenn man die commercia abschaffen wollte. En- geland würde alsdenn in die alte Armuth gerathen, worinnen es ge- wesen ante Henricum VII. dieser aber hat daselbst die commercia in die Höhe gebracht. Wo nur eine Kauffmannschafft ist, die ein- heimisch, dieselbe tauget nichts, sondern bringet nur das Geld aus dem Lande, daher muß man darauf sehen, daß die res aliunde ad- portatae nicht verzehret, oder so viel, wie möglich, retrenchiret werden. Die Holländer sind homines sobrii, bringen die Waaren anderswohin, und thun ihnen solche nicht so wohl Schaden, als denen populis ad quos ad- portant. Wenn man auch von contrabanden Waaren disponirt, so ver- biethet man nicht luxuriosa, die läßt man gerne dem Feinde zuführen, weil solcher dadurch ruiniret wird. Videat. Grotius de Iure B. & Pacis. Es ist freylich wahr, die Erhöhung der commerciorum ist ein Mittel in- fatuandi alios; tu insignes opes adquiris, bekommst des andern Geld, der
Cap. V. De prudentia mehr zu banniſiren ſey? Reſpond. Wenn man einen ſeveren Mann, ei-nen Elſter-Bart, hoͤret, der ſagt, es waͤre gut, daß kein commercium waͤre, denen kan man aber nur antworten: Es waͤre auch ſehr gut, wenn wir in ſtatu integritatis geblieben waͤren. Es ſind lauter ſottiſen, wenn man meynt, die commercia koͤnnten banniſiret werden. Da die Men- ſchen einmahl in civitatem kommen, und eine multitudo hominum innu- merabilis entſtanden, ſo kan man ohnmoͤglich die commercia entbehren. Wir koͤnnen ja nicht alle vom Ackerbau leben, deßwegen ſind die Leute auf Kuͤnſte gefallen, und dieſe Kuͤnſte haben verurſacht, daß commer- cia entſtanden. Conring hat auch in ſeiner Diſſertation de commerciis maritimis, bey welcher VVerlhof reſpondirt, geſagt: Er koͤnne die En- thuſiaſten nicht vertragen, und nicht mit denenſelben diſputiren, welche meyneten, man ſolle keine commercia haben. Man wird auch finden, daß diejenigen Republiquen die potenteſten geweſen, welche ein floriſan- tes commercium gehabt. Wir wiſſen, daß ehedeſſen die Phœnicier ſehr floriret haben, weil ſie das gantze commercium in der Mittel-See exercirt. Sie haben nach Spanien und andern Orten gehandelt, und Colonien dahin gebracht. Phœnicien iſt an ſich ein kleines Laͤndgen, daher man die Republique Holland immer damit comparirt, die Leute zu Tyro und Sidon ſind Phœnicier geweſen. Die Carthaginienſer ſind auch eine Razza von Phœnicien geweſen, und haben Hebraͤiſch geredet, wovon man noch eine Rede im Plauto finden kan, die der Clerc in ſeiner Bibliſchen Univerſelle mit Hebraͤiſchen lettren drucken laſſen. Die Venetianer ſind die groͤſſeſten Leute in der Welt geweſen, da die com- mercia bey ihnen recht floriret. Viele tauſend Menſchen muͤſſen Hun- gers ſterben, wenn man die commercia abſchaffen wollte. En- geland wuͤrde alsdenn in die alte Armuth gerathen, worinnen es ge- weſen ante Henricum VII. dieſer aber hat daſelbſt die commercia in die Hoͤhe gebracht. Wo nur eine Kauffmannſchafft iſt, die ein- heimiſch, dieſelbe tauget nichts, ſondern bringet nur das Geld aus dem Lande, daher muß man darauf ſehen, daß die res aliunde ad- portatæ nicht verzehret, oder ſo viel, wie moͤglich, retrenchiret werden. Die Hollaͤnder ſind homines ſobrii, bringen die Waaren anderswohin, und thun ihnen ſolche nicht ſo wohl Schaden, als denen populis ad quos ad- portant. Wenn man auch von contrabanden Waaren diſponirt, ſo ver- biethet man nicht luxurioſa, die laͤßt man gerne dem Feinde zufuͤhren, weil ſolcher dadurch ruiniret wird. Videat. Grotius de Iure B. & Pacis. Es iſt freylich wahr, die Erhoͤhung der commerciorum iſt ein Mittel in- fatuandi alios; tu inſignes opes adquiris, bekommſt des andern Geld, der
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nen Elſter-Bart, hoͤret, der ſagt, es waͤre gut, daß kein commercium
waͤre, denen kan man aber nur antworten: Es waͤre auch ſehr gut, wenn
wir in ſtatu integritatis geblieben waͤren. Es ſind lauter ſottiſen, wenn
man meynt, die commercia koͤnnten banniſiret werden. Da die Men-
ſchen einmahl in civitatem kommen, und eine multitudo hominum innu-
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Wir koͤnnen ja nicht alle vom Ackerbau leben, deßwegen ſind die Leute
auf Kuͤnſte gefallen, und dieſe Kuͤnſte haben verurſacht, daß commer-
cia entſtanden. Conring hat auch in ſeiner Diſſertation de commerciis
maritimis, bey welcher VVerlhof reſpondirt, geſagt: Er koͤnne die En-
thuſiaſten nicht vertragen, und nicht mit denenſelben diſputiren, welche
meyneten, man ſolle keine commercia haben. Man wird auch finden,
daß diejenigen Republiquen die potenteſten geweſen, welche ein floriſan-
tes commercium gehabt. Wir wiſſen, daß ehedeſſen die Phœnicier ſehr
floriret haben, weil ſie das gantze commercium in der Mittel-See
exercirt. Sie haben nach Spanien und andern Orten gehandelt, und
Colonien dahin gebracht. Phœnicien iſt an ſich ein kleines Laͤndgen,
daher man die Republique Holland immer damit comparirt, die Leute
zu Tyro und Sidon ſind Phœnicier geweſen. Die Carthaginienſer ſind
auch eine Razza von Phœnicien geweſen, und haben Hebraͤiſch geredet,
wovon man noch eine Rede im Plauto finden kan, die der Clerc in ſeiner
Bibliſchen Univerſelle mit Hebraͤiſchen lettren drucken laſſen. Die
Venetianer ſind die groͤſſeſten Leute in der Welt geweſen, da die com-
mercia bey ihnen recht floriret. Viele tauſend Menſchen muͤſſen Hun-
gers ſterben, wenn man die commercia abſchaffen wollte. En-
geland wuͤrde alsdenn in die alte Armuth gerathen, worinnen es ge-
weſen ante Henricum VII. dieſer aber hat daſelbſt die commercia in
die Hoͤhe gebracht. Wo nur eine Kauffmannſchafft iſt, die ein-
heimiſch, dieſelbe tauget nichts, ſondern bringet nur das Geld
aus dem Lande, daher muß man darauf ſehen, daß die res aliunde ad-
portatæ nicht verzehret, oder ſo viel, wie moͤglich, retrenchiret werden.
Die Hollaͤnder ſind homines ſobrii, bringen die Waaren anderswohin,
und thun ihnen ſolche nicht ſo wohl Schaden, als denen populis ad quos ad-
portant. Wenn man auch von contrabanden Waaren diſponirt, ſo ver-
biethet man nicht luxurioſa, die laͤßt man gerne dem Feinde zufuͤhren,
weil ſolcher dadurch ruiniret wird. Videat. Grotius de Iure B. & Pacis.
Es iſt freylich wahr, die Erhoͤhung der commerciorum iſt ein Mittel in-
fatuandi alios; tu inſignes opes adquiris, bekommſt des andern Geld,
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