Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia in abstracto hören; Aber man hat sich mehr zu fürchten vor boshafftigenFürsten, daher die Leute, welche sich vor einem solchen arbitrio fürchten, gantz anders raisonniren. Als wie die Engeländer, welche als ein prin- cipium regulativum setzen: Es möchte der König so viel autorite haben, als er wollte, so sollte er doch nicht können imposten auflegen ohne con- sens des Parlaments, absonderlich des Unter-Hauses. Sie sagen, wenn es der König vor sich thun könnte, so wäre die libertas alle verloh- ren. In dem Ober-Hause sitzen die Hertzoge, Lords, welche nichts ge- ben, und bekümmern sich nicht viel darum. Hergegen das Unterhauß repraesentirt den peuple; deßwegen muß dieses hauptsächlich davon wis- sen. Dieses ist die Ursache, warum eine general-revolte wider Caro- lum I. entstanden; Man wollte ihm nichts geben, daher machte er selber fonds, forderte bald dieses bald jenes; Da sagte der peuple, wir sind ver- lohren und revoltirten. Die Engeländer aber haben nicht allein so rai- sonniret, sondern man findet es bey denen Teutschen eben so. Nicht allein auf dem Reichs-Tag findet man, daß keine collecten können an- gelegt werden, ohne consens der Churfürsten, Fürsten und Stände, son- dern in den provinzien ist es eben so gewesen. Eine Beysteuer hat der Herr bisweilen können fordern, da er gesagt: Ich kan von Rechtswe- gen nichts fordern, weil ich schon meine revenüen habe; Weil aber ein casus extraordinarius kommen, so hoffe ich, daß ihr werdet precario etwas geben. Collectas hat er nicht können vor sich auflegen, da sind die Land-Tage gewesen, auf welchem die Geistlichkeit, die Noblesse und Städte beruffen worden, wie man an vielen Orten noch findet, die ha- ben dem Herrn accordirt, so viel sie gewollt. Drum ist ein Lerm ent- standen, da man die accise angelegt, weil sie gesehen, daß, wenn sie sol- che dem Herrn accordireten, so wäre ihre Freyheit hin. Der Hertzog in N. hat ein klein Ländgen, und da er in demselben wollte die accise einführen, hat alles tumultuiret, deßwegen er es auch nicht zum Stande bringen können. Die Noblesse hat sonderlich dahinter gesteckt. Wo einmahl die accise eingeführet, wird selten ein Land-Tag gehalten, weil der Herr da Geld genug hat, und denen Land-Ständen kein gut Wort geben darff, die Land-Stände haben auch so gar diese Sache auf dem Reichs-Tag gebracht, weil in der Capitul. Caesarea stehet, daß nichts ohne der Landes-Stände consens sollte vorgenommen werden. Denen Land-Ständen geschiehet freylich tort; aber offt nehmen sie sich zu viel heraus, wie in Ost-Frießland, woselbst sie den Fürsten gar von dem Land-Tage ausschliessen, da doch derselbe dabey seyn, und denselben di- rigiren sollte. Weil man mehr Fürsten hat, welche abweichen von dem rechten
Cap. V. De prudentia in abſtracto hoͤren; Aber man hat ſich mehr zu fuͤrchten vor boshafftigenFuͤrſten, daher die Leute, welche ſich vor einem ſolchen arbitrio fuͤrchten, gantz anders raiſonniren. Als wie die Engelaͤnder, welche als ein prin- cipium regulativum ſetzen: Es moͤchte der Koͤnig ſo viel autorité haben, als er wollte, ſo ſollte er doch nicht koͤnnen impoſten auflegen ohne con- ſens des Parlaments, abſonderlich des Unter-Hauſes. Sie ſagen, wenn es der Koͤnig vor ſich thun koͤnnte, ſo waͤre die libertas alle verloh- ren. In dem Ober-Hauſe ſitzen die Hertzoge, Lords, welche nichts ge- ben, und bekuͤmmern ſich nicht viel darum. Hergegen das Unterhauß repræſentirt den peuple; deßwegen muß dieſes hauptſaͤchlich davon wiſ- ſen. Dieſes iſt die Urſache, warum eine general-revolte wider Caro- lum I. entſtanden; Man wollte ihm nichts geben, daher machte er ſelber fonds, forderte bald dieſes bald jenes; Da ſagte der peuple, wir ſind ver- lohren und revoltirten. Die Engelaͤnder aber haben nicht allein ſo rai- ſonniret, ſondern man findet es bey denen Teutſchen eben ſo. Nicht allein auf dem Reichs-Tag findet man, daß keine collecten koͤnnen an- gelegt werden, ohne conſens der Churfuͤrſten, Fuͤrſten und Staͤnde, ſon- dern in den provinzien iſt es eben ſo geweſen. Eine Beyſteuer hat der Herr bisweilen koͤnnen fordern, da er geſagt: Ich kan von Rechtswe- gen nichts fordern, weil ich ſchon meine revenüen habe; Weil aber ein caſus extraordinarius kommen, ſo hoffe ich, daß ihr werdet precario etwas geben. Collectas hat er nicht koͤnnen vor ſich auflegen, da ſind die Land-Tage geweſen, auf welchem die Geiſtlichkeit, die Nobleſſe und Staͤdte beruffen worden, wie man an vielen Orten noch findet, die ha- ben dem Herrn accordirt, ſo viel ſie gewollt. Drum iſt ein Lerm ent- ſtanden, da man die acciſe angelegt, weil ſie geſehen, daß, wenn ſie ſol- che dem Herrn accordireten, ſo waͤre ihre Freyheit hin. Der Hertzog in N. hat ein klein Laͤndgen, und da er in demſelben wollte die acciſe einfuͤhren, hat alles tumultuiret, deßwegen er es auch nicht zum Stande bringen koͤnnen. Die Nobleſſe hat ſonderlich dahinter geſteckt. Wo einmahl die acciſe eingefuͤhret, wird ſelten ein Land-Tag gehalten, weil der Herr da Geld genug hat, und denen Land-Staͤnden kein gut Wort geben darff, die Land-Staͤnde haben auch ſo gar dieſe Sache auf dem Reichs-Tag gebracht, weil in der Capitul. Cæſarea ſtehet, daß nichts ohne der Landes-Staͤnde conſens ſollte vorgenommen werden. Denen Land-Staͤnden geſchiehet freylich tort; aber offt nehmen ſie ſich zu viel heraus, wie in Oſt-Frießland, woſelbſt ſie den Fuͤrſten gar von dem Land-Tage ausſchlieſſen, da doch derſelbe dabey ſeyn, und denſelben di- rigiren ſollte. Weil man mehr Fuͤrſten hat, welche abweichen von dem rechten
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Fuͤrſten, daher die Leute, welche ſich vor einem ſolchen arbitrio fuͤrchten,
gantz anders raiſonniren. Als wie die Engelaͤnder, welche als ein prin-
cipium regulativum ſetzen: Es moͤchte der Koͤnig ſo viel autorité haben,
als er wollte, ſo ſollte er doch nicht koͤnnen impoſten auflegen ohne con-
ſens des Parlaments, abſonderlich des Unter-Hauſes. Sie ſagen,
wenn es der Koͤnig vor ſich thun koͤnnte, ſo waͤre die libertas alle verloh-
ren. In dem Ober-Hauſe ſitzen die Hertzoge, Lords, welche nichts ge-
ben, und bekuͤmmern ſich nicht viel darum. Hergegen das Unterhauß
repræſentirt den peuple; deßwegen muß dieſes hauptſaͤchlich davon wiſ-
ſen. Dieſes iſt die Urſache, warum eine general-revolte wider Caro-
lum I. entſtanden; Man wollte ihm nichts geben, daher machte er ſelber
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lohren und revoltirten. Die Engelaͤnder aber haben nicht allein ſo rai-
ſonniret, ſondern man findet es bey denen Teutſchen eben ſo. Nicht
allein auf dem Reichs-Tag findet man, daß keine collecten koͤnnen an-
gelegt werden, ohne conſens der Churfuͤrſten, Fuͤrſten und Staͤnde, ſon-
dern in den provinzien iſt es eben ſo geweſen. Eine Beyſteuer hat der
Herr bisweilen koͤnnen fordern, da er geſagt: Ich kan von Rechtswe-
gen nichts fordern, weil ich ſchon meine revenüen habe; Weil aber ein
caſus extraordinarius kommen, ſo hoffe ich, daß ihr werdet precario etwas
geben. Collectas hat er nicht koͤnnen vor ſich auflegen, da ſind die
Land-Tage geweſen, auf welchem die Geiſtlichkeit, die Nobleſſe und
Staͤdte beruffen worden, wie man an vielen Orten noch findet, die ha-
ben dem Herrn accordirt, ſo viel ſie gewollt. Drum iſt ein Lerm ent-
ſtanden, da man die acciſe angelegt, weil ſie geſehen, daß, wenn ſie ſol-
che dem Herrn accordireten, ſo waͤre ihre Freyheit hin. Der Hertzog
in N. hat ein klein Laͤndgen, und da er in demſelben wollte die acciſe
einfuͤhren, hat alles tumultuiret, deßwegen er es auch nicht zum Stande
bringen koͤnnen. Die Nobleſſe hat ſonderlich dahinter geſteckt. Wo
einmahl die acciſe eingefuͤhret, wird ſelten ein Land-Tag gehalten, weil
der Herr da Geld genug hat, und denen Land-Staͤnden kein gut Wort
geben darff, die Land-Staͤnde haben auch ſo gar dieſe Sache auf dem
Reichs-Tag gebracht, weil in der Capitul. Cæſarea ſtehet, daß nichts
ohne der Landes-Staͤnde conſens ſollte vorgenommen werden. Denen
Land-Staͤnden geſchiehet freylich tort; aber offt nehmen ſie ſich zu viel
heraus, wie in Oſt-Frießland, woſelbſt ſie den Fuͤrſten gar von dem
Land-Tage ausſchlieſſen, da doch derſelbe dabey ſeyn, und denſelben di-
rigiren ſollte. Weil man mehr Fuͤrſten hat, welche abweichen von dem
rechten
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