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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa aerarium, tributa & vectigalia.
Doctrin de Vectigalibus hat er so inne gehabt, als keiner von denen Ge-
lehrten; Sein Buch ist auch so aestimiret worden, und hat es des jetzi-
gen Königs Groß-Vater, der Hertzog von Bourgogne, welcher auch ein
gescheuter Herr gewesen, fleißig gelesen, der gesagt, es wären nur zwey
fauten darinnen, die ich aber nicht weiß. Wenn der Hertzog von Bour-
gogne
zur Regierung kommen wäre, würde er ohne Zweiffel den Vor-
schlag angenommen haben, und die fauten suchen zu verbessern, und so
meynte er der menu peuple würde auch soulagiret. In abstracto ist
auch wohl kein besser systema, als dieses. Dicis: Warum hat es der
Regent nicht eingeführet? Respond. Dieser hat keine Ordnung in Franck-
reich haben wollen, sondern nur modos praedandi ersonnen, dem peuple
das Geld zu nehmen, wie in dem Staat von Franckreich weitläufftig
gezeiget wird. Vielleicht, wenn der jetzige König recht zum Erkänntniß
kommen wird, dürffte er es einführen, weil Franckreich sehr herunter
kommen, und die manufacturen nicht mehr floriren, deßwegen höret man
eben von so vielen Spitzbuben in Franckreich; denn wenn der peuple
nichts mehr verdienen kan, paupertas homines audaces reddit. Indessen
obgleich des Vaubans systema in Franckreich nicht zu Stande kommen, so
muß man doch sein Buch allezeit regardiren, mit besonderen Nachden-
cken. Gut wäre es, wo man es könnte einführen, aber wer entrepe-
ni
rt gerne etwas, es gehet da eine grosse Veränderung vor, und gehöret
ein Herr dazu, der Geld hat; Wenn gleich in denen erstern Jahren soll-
te was abgehen, daß er nicht so viel revenüen hat, als sonsten, so brin-
gen es doch die folgenden Jahre alle wieder ein, und die Unterthanen
würden dabey vergnügt leben. Dicis: Wie kan man die revenüen her-
aus bringen? Das kan gar leicht geschehen, man könnte es doch nur
machen, wie die Venetianer und Nürnberger, welche alle ihre Leute in
Pflicht nehmen, daß sie nach ihren reditibus müssen ihre Loosung
und Steuren geben. Wenn einer angetroffen wird, daß er seine
Pflicht nicht in acht genommen, kan man ihn ausklopffen, brav
straffen, so werden die andern es bald unterlassen. Man kan al-
so bald wissen, was einer im Vermögen hat, und was man nicht accu-
rat
weiß, supplirt das jurament. Sonst aber ist auch in antecedenti-
bus
gedacht worden, daß man die impositiones reales nicht gäntzlich solle
beyseit setzen, aber doch nur was weniges nehmen von allen Gründen,
Häusern, Aeckern etc. das thun die Venetianer und Nürnberger. Die
Venetianer haben auch eine accise aufgebracht, und auf die luxuriosa
und fremde Waaren gelegt, welche sie sehr poussiren. Machet man es
so, daß man die accisen quadantenus stehen läßt, so ist es gut. Ausser

diesen
Q q 3

ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
Doctrin de Vectigalibus hat er ſo inne gehabt, als keiner von denen Ge-
lehrten; Sein Buch iſt auch ſo æſtimiret worden, und hat es des jetzi-
gen Koͤnigs Groß-Vater, der Hertzog von Bourgogne, welcher auch ein
geſcheuter Herr geweſen, fleißig geleſen, der geſagt, es waͤren nur zwey
fauten darinnen, die ich aber nicht weiß. Wenn der Hertzog von Bour-
gogne
zur Regierung kommen waͤre, wuͤrde er ohne Zweiffel den Vor-
ſchlag angenommen haben, und die fauten ſuchen zu verbeſſern, und ſo
meynte er der menu peuple wuͤrde auch ſoulagiret. In abſtracto iſt
auch wohl kein beſſer ſyſtema, als dieſes. Dicis: Warum hat es der
Regent nicht eingefuͤhret? Reſpond. Dieſer hat keine Ordnung in Franck-
reich haben wollen, ſondern nur modos prædandi erſonnen, dem peuple
das Geld zu nehmen, wie in dem Staat von Franckreich weitlaͤufftig
gezeiget wird. Vielleicht, wenn der jetzige Koͤnig recht zum Erkaͤnntniß
kommen wird, duͤrffte er es einfuͤhren, weil Franckreich ſehr herunter
kommen, und die manufacturen nicht mehr floriren, deßwegen hoͤret man
eben von ſo vielen Spitzbuben in Franckreich; denn wenn der peuple
nichts mehr verdienen kan, paupertas homines audaces reddit. Indeſſen
obgleich des Vaubans ſyſtema in Franckreich nicht zu Stande kommen, ſo
muß man doch ſein Buch allezeit regardiren, mit beſonderen Nachden-
cken. Gut waͤre es, wo man es koͤnnte einfuͤhren, aber wer entrepe-
ni
rt gerne etwas, es gehet da eine groſſe Veraͤnderung vor, und gehoͤret
ein Herr dazu, der Geld hat; Wenn gleich in denen erſtern Jahren ſoll-
te was abgehen, daß er nicht ſo viel revenüen hat, als ſonſten, ſo brin-
gen es doch die folgenden Jahre alle wieder ein, und die Unterthanen
wuͤrden dabey vergnuͤgt leben. Dicis: Wie kan man die revenüen her-
aus bringen? Das kan gar leicht geſchehen, man koͤnnte es doch nur
machen, wie die Venetianer und Nuͤrnberger, welche alle ihre Leute in
Pflicht nehmen, daß ſie nach ihren reditibus muͤſſen ihre Looſung
und Steuren geben. Wenn einer angetroffen wird, daß er ſeine
Pflicht nicht in acht genommen, kan man ihn ausklopffen, brav
ſtraffen, ſo werden die andern es bald unterlaſſen. Man kan al-
ſo bald wiſſen, was einer im Vermoͤgen hat, und was man nicht accu-
rat
weiß, ſupplirt das jurament. Sonſt aber iſt auch in antecedenti-
bus
gedacht worden, daß man die impoſitiones reales nicht gaͤntzlich ſolle
beyſeit ſetzen, aber doch nur was weniges nehmen von allen Gruͤnden,
Haͤuſern, Aeckern ꝛc. das thun die Venetianer und Nuͤrnberger. Die
Venetianer haben auch eine acciſe aufgebracht, und auf die luxurioſa
und fremde Waaren gelegt, welche ſie ſehr pouſſiren. Machet man es
ſo, daß man die acciſen quadantenus ſtehen laͤßt, ſo iſt es gut. Auſſer

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Q q 3
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[309/0329] ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. Doctrin de Vectigalibus hat er ſo inne gehabt, als keiner von denen Ge- lehrten; Sein Buch iſt auch ſo æſtimiret worden, und hat es des jetzi- gen Koͤnigs Groß-Vater, der Hertzog von Bourgogne, welcher auch ein geſcheuter Herr geweſen, fleißig geleſen, der geſagt, es waͤren nur zwey fauten darinnen, die ich aber nicht weiß. Wenn der Hertzog von Bour- gogne zur Regierung kommen waͤre, wuͤrde er ohne Zweiffel den Vor- ſchlag angenommen haben, und die fauten ſuchen zu verbeſſern, und ſo meynte er der menu peuple wuͤrde auch ſoulagiret. In abſtracto iſt auch wohl kein beſſer ſyſtema, als dieſes. Dicis: Warum hat es der Regent nicht eingefuͤhret? Reſpond. Dieſer hat keine Ordnung in Franck- reich haben wollen, ſondern nur modos prædandi erſonnen, dem peuple das Geld zu nehmen, wie in dem Staat von Franckreich weitlaͤufftig gezeiget wird. Vielleicht, wenn der jetzige Koͤnig recht zum Erkaͤnntniß kommen wird, duͤrffte er es einfuͤhren, weil Franckreich ſehr herunter kommen, und die manufacturen nicht mehr floriren, deßwegen hoͤret man eben von ſo vielen Spitzbuben in Franckreich; denn wenn der peuple nichts mehr verdienen kan, paupertas homines audaces reddit. Indeſſen obgleich des Vaubans ſyſtema in Franckreich nicht zu Stande kommen, ſo muß man doch ſein Buch allezeit regardiren, mit beſonderen Nachden- cken. Gut waͤre es, wo man es koͤnnte einfuͤhren, aber wer entrepe- nirt gerne etwas, es gehet da eine groſſe Veraͤnderung vor, und gehoͤret ein Herr dazu, der Geld hat; Wenn gleich in denen erſtern Jahren ſoll- te was abgehen, daß er nicht ſo viel revenüen hat, als ſonſten, ſo brin- gen es doch die folgenden Jahre alle wieder ein, und die Unterthanen wuͤrden dabey vergnuͤgt leben. Dicis: Wie kan man die revenüen her- aus bringen? Das kan gar leicht geſchehen, man koͤnnte es doch nur machen, wie die Venetianer und Nuͤrnberger, welche alle ihre Leute in Pflicht nehmen, daß ſie nach ihren reditibus muͤſſen ihre Looſung und Steuren geben. Wenn einer angetroffen wird, daß er ſeine Pflicht nicht in acht genommen, kan man ihn ausklopffen, brav ſtraffen, ſo werden die andern es bald unterlaſſen. Man kan al- ſo bald wiſſen, was einer im Vermoͤgen hat, und was man nicht accu- rat weiß, ſupplirt das jurament. Sonſt aber iſt auch in antecedenti- bus gedacht worden, daß man die impoſitiones reales nicht gaͤntzlich ſolle beyſeit ſetzen, aber doch nur was weniges nehmen von allen Gruͤnden, Haͤuſern, Aeckern ꝛc. das thun die Venetianer und Nuͤrnberger. Die Venetianer haben auch eine acciſe aufgebracht, und auf die luxurioſa und fremde Waaren gelegt, welche ſie ſehr pouſſiren. Machet man es ſo, daß man die acciſen quadantenus ſtehen laͤßt, ſo iſt es gut. Auſſer dieſen Q q 3

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/329>, abgerufen am 24.11.2024.