Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia Herr dencket, daß dieser oder jener meriten hat, so kan er ihn sonst schonrecompensiren, er kan ihm was lassen zurück geben. e. g. Wenn ein Professor jährlich vor die Soldaten vier und zwantzig Thaler zahlte, könnte er es annehmen, und hernach etwas zurück geben. Es ist frey- lich wahr, wo so viele exemtiones sind, da fället die übrige Last nicht so wohl auf die grossen, als auch auf die Mittel-Leute und geringe. Vau- ban in seinem Disme Royale, welches anno 1698. heraus kommen, sagt: Er habe die tributa untersuchet, und erst den originem betrachtet, nach- gehends habe er alle provinzien durchgegangen, und gesehen, was man vor remedia gebrauchet. Daher sagt er auch, nemo sit immunis, weil es nicht allein jalousie gebe, sondern es sey ein jeder obligirt, etwas zu geben, wegen der Sicherheit, so er geniesset. Der Vauban hat hiebey etwas anders im Sinn, nemlich in Franckreich gehöret der dritte Theil denen Pfaffen, sie haben fast so viele Einkünffte, als der König von al- len seinen regalien hat. Die Pfaffen sagen, sie wären eximirt, a juris- dictione seculari; imposten kämen a jurisdictione seculari, also wollen sie auch keine imposten geben. Hergegen unsere armen Priester haben nichts, von denen kan man nichts verlangen. Vauban sagt, es wäre eine von denen Haupt-Ursachen, daß Franckreich in einem miserablen Zustande wäre, weil nicht allein die Geistlichen, sondern auch alle Be- dienteu eximiret wären. Ist nun diese generale Regul vorbey, so muß man sehen, wie menu peuple könne soulagiret werden, denn dieser ist das subjectum von der gantzen Republique. Die Pfaffen, nobiles und Bediente geben nichts. Ein Gelehrter lernet dieses nicht, wenn er nicht Staats-Bücher lieset, alsdenn er die Sache besser connectiren kan, als ein anderer, der nur ein empiricus ist. Drum sagt Vauban: Ich habe untersuchet, wer am meisten thut, und leidet bey dem Staat, da es denn niemand ist, als der menu peuple. Es ist ein generale, wenn er sagt: Proportio müsse observiret werden. Daher ist man different. Quaer. Also, was ist proportio? Respond. Die älteste proportio ist, daß man impositiones reales gemacht, collectas reales, welche man rebus imponi- ret, und scheinet auch dieselbe taille einen Nutzen zu haben. Man hat gesehen, was das Guth werth, was es einträgt, darnach hat man die imposten eingerichtet. Diesen modum kan man auch nicht abschaffen; Denn siehet man, daß die Schocke auf denen Häusern alle so eingerich- tet, daß man den fond betrachte, was er einträget, und so hat man es enroulliret. Allein dieser modus ist doch corruptionibus unterworffen. An denen Taxen-Machern ist vieles gelegen. Man taxiret bisweilen ein Guth darnach, weil es dieses Jahr viel getragen, und meynet, es müsse alle
Cap. V. De prudentia Herr dencket, daß dieſer oder jener meriten hat, ſo kan er ihn ſonſt ſchonrecompenſiren, er kan ihm was laſſen zuruͤck geben. e. g. Wenn ein Profeſſor jaͤhrlich vor die Soldaten vier und zwantzig Thaler zahlte, koͤnnte er es annehmen, und hernach etwas zuruͤck geben. Es iſt frey- lich wahr, wo ſo viele exemtiones ſind, da faͤllet die uͤbrige Laſt nicht ſo wohl auf die groſſen, als auch auf die Mittel-Leute und geringe. Vau- ban in ſeinem Diſme Royale, welches anno 1698. heraus kommen, ſagt: Er habe die tributa unterſuchet, und erſt den originem betrachtet, nach- gehends habe er alle provinzien durchgegangen, und geſehen, was man vor remedia gebrauchet. Daher ſagt er auch, nemo ſit immunis, weil es nicht allein jalouſie gebe, ſondern es ſey ein jeder obligirt, etwas zu geben, wegen der Sicherheit, ſo er genieſſet. Der Vauban hat hiebey etwas anders im Sinn, nemlich in Franckreich gehoͤret der dritte Theil denen Pfaffen, ſie haben faſt ſo viele Einkuͤnffte, als der Koͤnig von al- len ſeinen regalien hat. Die Pfaffen ſagen, ſie waͤren eximirt, a juris- dictione ſeculari; impoſten kaͤmen a jurisdictione ſeculari, alſo wollen ſie auch keine impoſten geben. Hergegen unſere armen Prieſter haben nichts, von denen kan man nichts verlangen. Vauban ſagt, es waͤre eine von denen Haupt-Urſachen, daß Franckreich in einem miſerablen Zuſtande waͤre, weil nicht allein die Geiſtlichen, ſondern auch alle Be- dienteu eximiret waͤren. Iſt nun dieſe generale Regul vorbey, ſo muß man ſehen, wie menu peuple koͤnne ſoulagiret werden, denn dieſer iſt das ſubjectum von der gantzen Republique. Die Pfaffen, nobiles und Bediente geben nichts. Ein Gelehrter lernet dieſes nicht, wenn er nicht Staats-Buͤcher lieſet, alsdenn er die Sache beſſer connectiren kan, als ein anderer, der nur ein empiricus iſt. Drum ſagt Vauban: Ich habe unterſuchet, wer am meiſten thut, und leidet bey dem Staat, da es denn niemand iſt, als der menu peuple. Es iſt ein generale, wenn er ſagt: Proportio muͤſſe obſerviret werden. Daher iſt man different. Quær. Alſo, was iſt proportio? Reſpond. Die aͤlteſte proportio iſt, daß man impoſitiones reales gemacht, collectas reales, welche man rebus imponi- ret, und ſcheinet auch dieſelbe taille einen Nutzen zu haben. Man hat geſehen, was das Guth werth, was es eintraͤgt, darnach hat man die impoſten eingerichtet. Dieſen modum kan man auch nicht abſchaffen; Denn ſiehet man, daß die Schocke auf denen Haͤuſern alle ſo eingerich- tet, daß man den fond betrachte, was er eintraͤget, und ſo hat man es enroulliret. Allein dieſer modus iſt doch corruptionibus unterworffen. An denen Taxen-Machern iſt vieles gelegen. Man taxiret bisweilen ein Guth darnach, weil es dieſes Jahr viel getragen, und meynet, es muͤſſe alle
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Cap. V. De prudentia
Herr dencket, daß dieſer oder jener meriten hat, ſo kan er ihn ſonſt ſchon
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Profeſſor jaͤhrlich vor die Soldaten vier und zwantzig Thaler zahlte,
koͤnnte er es annehmen, und hernach etwas zuruͤck geben. Es iſt frey-
lich wahr, wo ſo viele exemtiones ſind, da faͤllet die uͤbrige Laſt nicht ſo
wohl auf die groſſen, als auch auf die Mittel-Leute und geringe. Vau-
ban in ſeinem Diſme Royale, welches anno 1698. heraus kommen, ſagt:
Er habe die tributa unterſuchet, und erſt den originem betrachtet, nach-
gehends habe er alle provinzien durchgegangen, und geſehen, was man
vor remedia gebrauchet. Daher ſagt er auch, nemo ſit immunis, weil
es nicht allein jalouſie gebe, ſondern es ſey ein jeder obligirt, etwas zu
geben, wegen der Sicherheit, ſo er genieſſet. Der Vauban hat hiebey
etwas anders im Sinn, nemlich in Franckreich gehoͤret der dritte Theil
denen Pfaffen, ſie haben faſt ſo viele Einkuͤnffte, als der Koͤnig von al-
len ſeinen regalien hat. Die Pfaffen ſagen, ſie waͤren eximirt, a juris-
dictione ſeculari; impoſten kaͤmen a jurisdictione ſeculari, alſo wollen ſie
auch keine impoſten geben. Hergegen unſere armen Prieſter haben
nichts, von denen kan man nichts verlangen. Vauban ſagt, es waͤre
eine von denen Haupt-Urſachen, daß Franckreich in einem miſerablen
Zuſtande waͤre, weil nicht allein die Geiſtlichen, ſondern auch alle Be-
dienteu eximiret waͤren. Iſt nun dieſe generale Regul vorbey, ſo muß
man ſehen, wie menu peuple koͤnne ſoulagiret werden, denn dieſer iſt
das ſubjectum von der gantzen Republique. Die Pfaffen, nobiles und
Bediente geben nichts. Ein Gelehrter lernet dieſes nicht, wenn er nicht
Staats-Buͤcher lieſet, alsdenn er die Sache beſſer connectiren kan, als
ein anderer, der nur ein empiricus iſt. Drum ſagt Vauban: Ich habe
unterſuchet, wer am meiſten thut, und leidet bey dem Staat, da es denn
niemand iſt, als der menu peuple. Es iſt ein generale, wenn er ſagt:
Proportio muͤſſe obſerviret werden. Daher iſt man different. Quær.
Alſo, was iſt proportio? Reſpond. Die aͤlteſte proportio iſt, daß man
impoſitiones reales gemacht, collectas reales, welche man rebus imponi-
ret, und ſcheinet auch dieſelbe taille einen Nutzen zu haben. Man hat
geſehen, was das Guth werth, was es eintraͤgt, darnach hat man die
impoſten eingerichtet. Dieſen modum kan man auch nicht abſchaffen;
Denn ſiehet man, daß die Schocke auf denen Haͤuſern alle ſo eingerich-
tet, daß man den fond betrachte, was er eintraͤget, und ſo hat man es
enroulliret. Allein dieſer modus iſt doch corruptionibus unterworffen.
An denen Taxen-Machern iſt vieles gelegen. Man taxiret bisweilen ein
Guth darnach, weil es dieſes Jahr viel getragen, und meynet, es muͤſſe
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