Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia beygebracht. Andere haben nun andere inventiones, als z. E. dieFeuer-Cassen, welches was admirables, wenn es recht administriret wird. Wie die Venetianer einen praetext gehabt, daß es pium sey, so hat man hier auch gesagt, wenn dein Hauß abbrennet, ist es doch ein grosses soulagement, wenn es dir wieder aufgebauet wird, daher hat ein jeder alle Jahr was geben müssen, welches immer angewachsen, da hat es der Herr indessen brauchen können, und wenn ein Unglück gesche- hen, so hat man nach proportion einem jeden etwas accordiret. Es ist kein Zweifel, daß, wenn die Feuer-Cassen so administriret würden, daß man wenig Bediente hätte, und keine malversation dabey vorgienge, solches ein sehr löbliches Werck. Aber wenn der Herr die Gelder an- greifft, läßt opern davor spielen, giebt das Geld denen maitressen, da ist nichts zu thun; sonst aber hat sie duplicem finem, sie hilfft dem Volck und auch dem Herrn. Man hat an manchen Orten auch banquen an- gelegt. Man muß sie so einrichten, daß sie einem nicht hinderlich sind. Von einer gewissen Reichs-Stadt muß ich hier einen Fehler bemer- cken, welchen auch viele gesehen. Da ist auch eine rechte banque, in welche ein jeder Kauffmann etliche hundert Thaler legen müssen. Man- cher Kauffmann hat nun kein Geld, er muß was hinein legen, will er seinen credit conserviren, da nimmt er anderswo Geld auf, giebt grosse Zinsen und thut sich also Schaden. In Holland machen sie es besser, da sagen sie: Wer Geld in die banque giebt, giebt es, als ein deposi- tum, es ist ja sicher, und muß was weniges einzuschreiben geben; Will er einem andern was davon auszahlen, so giebt er was weniges, daß es dem andern zugeschrieben wird. Die Holländer sagen, das Geld, wel- ches einmahl ins Land gebracht wird, kommt nicht leicht wieder heraus, und also haben sie doch profit davon, sie geben keinen Dreyer interesse, aber es ist doch was schönes, daß man daselbst das Geld sicher haben kan, und wenn man einem was zahlen will, so braucht man nicht gros- se Mühe, dasselbe zu zahlen, sondern man lässet es ihm nur zuschreiben. Wenn die Holländer Geld von nöthen haben, nehmen sie davon, aber deßwegen werden sie nicht banquerout. Daher haben viele Leute ihr Geld dahin gebracht. Wie Holland so in Noth war, und von Franckreich attaquiret wurde, da forderten alle ihr Geld zurück, wel- ches die Holländer auch alle ausgezahlet. Wie nun die Gefahr vor- bey war, brachten sie ihr Geld wieder, weil sie sahen, daß genug Si- cherheit da war. Fides publica muß freylich erhalten werden. Msr. Clerc in seiner Bibliotheque Ancienne hat hievon gehandelt. Die Lotterien gehö- ren auch hieher, wovon in sequentibus etwas wird gedacht werden. §. 5.
Cap. V. De prudentia beygebracht. Andere haben nun andere inventiones, als z. E. dieFeuer-Caſſen, welches was admirables, wenn es recht adminiſtriret wird. Wie die Venetianer einen prætext gehabt, daß es pium ſey, ſo hat man hier auch geſagt, wenn dein Hauß abbrennet, iſt es doch ein groſſes ſoulagement, wenn es dir wieder aufgebauet wird, daher hat ein jeder alle Jahr was geben muͤſſen, welches immer angewachſen, da hat es der Herr indeſſen brauchen koͤnnen, und wenn ein Ungluͤck geſche- hen, ſo hat man nach proportion einem jeden etwas accordiret. Es iſt kein Zweifel, daß, wenn die Feuer-Caſſen ſo adminiſtriret wuͤrden, daß man wenig Bediente haͤtte, und keine malverſation dabey vorgienge, ſolches ein ſehr loͤbliches Werck. Aber wenn der Herr die Gelder an- greifft, laͤßt opern davor ſpielen, giebt das Geld denen maitreſſen, da iſt nichts zu thun; ſonſt aber hat ſie duplicem finem, ſie hilfft dem Volck und auch dem Herrn. Man hat an manchen Orten auch banquen an- gelegt. Man muß ſie ſo einrichten, daß ſie einem nicht hinderlich ſind. Von einer gewiſſen Reichs-Stadt muß ich hier einen Fehler bemer- cken, welchen auch viele geſehen. Da iſt auch eine rechte banque, in welche ein jeder Kauffmann etliche hundert Thaler legen muͤſſen. Man- cher Kauffmann hat nun kein Geld, er muß was hinein legen, will er ſeinen credit conſerviren, da nimmt er anderswo Geld auf, giebt groſſe Zinſen und thut ſich alſo Schaden. In Holland machen ſie es beſſer, da ſagen ſie: Wer Geld in die banque giebt, giebt es, als ein depoſi- tum, es iſt ja ſicher, und muß was weniges einzuſchreiben geben; Will er einem andern was davon auszahlen, ſo giebt er was weniges, daß es dem andern zugeſchrieben wird. Die Hollaͤnder ſagen, das Geld, wel- ches einmahl ins Land gebracht wird, kommt nicht leicht wieder heraus, und alſo haben ſie doch profit davon, ſie geben keinen Dreyer intereſſe, aber es iſt doch was ſchoͤnes, daß man daſelbſt das Geld ſicher haben kan, und wenn man einem was zahlen will, ſo braucht man nicht groſ- ſe Muͤhe, daſſelbe zu zahlen, ſondern man laͤſſet es ihm nur zuſchreiben. Wenn die Hollaͤnder Geld von noͤthen haben, nehmen ſie davon, aber deßwegen werden ſie nicht banquerout. Daher haben viele Leute ihr Geld dahin gebracht. Wie Holland ſo in Noth war, und von Franckreich attaquiret wurde, da forderten alle ihr Geld zuruͤck, wel- ches die Hollaͤnder auch alle ausgezahlet. Wie nun die Gefahr vor- bey war, brachten ſie ihr Geld wieder, weil ſie ſahen, daß genug Si- cherheit da war. Fides publica muß freylich erhalten werden. Mſr. Clerc in ſeiner Bibliotheque Ancienne hat hievon gehandelt. Die Lotterien gehoͤ- ren auch hieher, wovon in ſequentibus etwas wird gedacht werden. §. 5.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0300" n="280"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> beygebracht. Andere haben nun andere <hi rendition="#aq">inventiones,</hi> als z. E. die<lb/> Feuer-<hi rendition="#aq">Caſſ</hi>en, welches was <hi rendition="#aq">admirables,</hi> wenn es recht <hi rendition="#aq">adminiſtri</hi>ret<lb/> wird. Wie die Venetianer einen <hi rendition="#aq">prætext</hi> gehabt, daß es <hi rendition="#aq">pium</hi> ſey, ſo<lb/> hat man hier auch geſagt, wenn dein Hauß abbrennet, iſt es doch ein<lb/> groſſes <hi rendition="#aq">ſoulagement,</hi> wenn es dir wieder aufgebauet wird, daher hat<lb/> ein jeder alle Jahr was geben muͤſſen, welches immer angewachſen, da<lb/> hat es der Herr indeſſen brauchen koͤnnen, und wenn ein Ungluͤck geſche-<lb/> hen, ſo hat man nach <hi rendition="#aq">proportion</hi> einem jeden etwas <hi rendition="#aq">accordi</hi>ret. Es iſt<lb/> kein Zweifel, daß, wenn die Feuer-<hi rendition="#aq">Caſſ</hi>en ſo <hi rendition="#aq">adminiſtri</hi>ret wuͤrden, daß<lb/> man wenig Bediente haͤtte, und keine <hi rendition="#aq">malverſation</hi> dabey vorgienge,<lb/> ſolches ein ſehr loͤbliches Werck. Aber wenn der Herr die Gelder an-<lb/> greifft, laͤßt <hi rendition="#aq">opern</hi> davor ſpielen, giebt das Geld denen <hi rendition="#aq">maitreſſ</hi>en, da iſt<lb/> nichts zu thun; ſonſt aber hat ſie <hi rendition="#aq">duplicem finem,</hi> ſie hilfft dem Volck<lb/> und auch dem Herrn. Man hat an manchen Orten auch <hi rendition="#aq">banquen</hi> an-<lb/> gelegt. Man muß ſie ſo einrichten, daß ſie einem nicht hinderlich ſind.<lb/> Von einer gewiſſen Reichs-Stadt muß ich hier einen Fehler bemer-<lb/> cken, welchen auch viele geſehen. Da iſt auch eine rechte <hi rendition="#aq">banque,</hi> in<lb/> welche ein jeder Kauffmann etliche hundert Thaler legen muͤſſen. Man-<lb/> cher Kauffmann hat nun kein Geld, er muß was hinein legen, will er<lb/> ſeinen <hi rendition="#aq">credit conſervi</hi>ren, da nimmt er anderswo Geld auf, giebt groſſe<lb/> Zinſen und thut ſich alſo Schaden. In Holland machen ſie es beſſer,<lb/> da ſagen ſie: Wer Geld in die <hi rendition="#aq">banque</hi> giebt, giebt es, als ein <hi rendition="#aq">depoſi-<lb/> tum,</hi> es iſt ja ſicher, und muß was weniges einzuſchreiben geben; Will<lb/> er einem andern was davon auszahlen, ſo giebt er was weniges, daß es<lb/> dem andern zugeſchrieben wird. Die Hollaͤnder ſagen, das Geld, wel-<lb/> ches einmahl ins Land gebracht wird, kommt nicht leicht wieder heraus,<lb/> und alſo haben ſie doch <hi rendition="#aq">profit</hi> davon, ſie geben keinen Dreyer <hi rendition="#aq">intereſſe,</hi><lb/> aber es iſt doch was ſchoͤnes, daß man daſelbſt das Geld ſicher haben<lb/> kan, und wenn man einem was zahlen will, ſo braucht man nicht groſ-<lb/> ſe Muͤhe, daſſelbe zu zahlen, ſondern man laͤſſet es ihm nur zuſchreiben.<lb/> Wenn die Hollaͤnder Geld von noͤthen haben, nehmen ſie davon,<lb/> aber deßwegen werden ſie nicht <hi rendition="#aq">banquerout.</hi> Daher haben viele Leute<lb/> ihr Geld dahin gebracht. Wie Holland ſo in Noth war, und von<lb/> Franckreich <hi rendition="#aq">attaqui</hi>ret wurde, da forderten alle ihr Geld zuruͤck, wel-<lb/> ches die Hollaͤnder auch alle ausgezahlet. Wie nun die Gefahr vor-<lb/> bey war, brachten ſie ihr Geld wieder, weil ſie ſahen, daß genug Si-<lb/> cherheit da war. <hi rendition="#aq">Fides publica</hi> muß freylich erhalten werden. <hi rendition="#aq">Mſr. Clerc</hi><lb/> in ſeiner <hi rendition="#aq">Bibliotheque Ancienne</hi> hat hievon gehandelt. Die Lotterien gehoͤ-<lb/> ren auch hieher, wovon <hi rendition="#aq">in ſequentibus</hi> etwas wird gedacht werden.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 5.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [280/0300]
Cap. V. De prudentia
beygebracht. Andere haben nun andere inventiones, als z. E. die
Feuer-Caſſen, welches was admirables, wenn es recht adminiſtriret
wird. Wie die Venetianer einen prætext gehabt, daß es pium ſey, ſo
hat man hier auch geſagt, wenn dein Hauß abbrennet, iſt es doch ein
groſſes ſoulagement, wenn es dir wieder aufgebauet wird, daher hat
ein jeder alle Jahr was geben muͤſſen, welches immer angewachſen, da
hat es der Herr indeſſen brauchen koͤnnen, und wenn ein Ungluͤck geſche-
hen, ſo hat man nach proportion einem jeden etwas accordiret. Es iſt
kein Zweifel, daß, wenn die Feuer-Caſſen ſo adminiſtriret wuͤrden, daß
man wenig Bediente haͤtte, und keine malverſation dabey vorgienge,
ſolches ein ſehr loͤbliches Werck. Aber wenn der Herr die Gelder an-
greifft, laͤßt opern davor ſpielen, giebt das Geld denen maitreſſen, da iſt
nichts zu thun; ſonſt aber hat ſie duplicem finem, ſie hilfft dem Volck
und auch dem Herrn. Man hat an manchen Orten auch banquen an-
gelegt. Man muß ſie ſo einrichten, daß ſie einem nicht hinderlich ſind.
Von einer gewiſſen Reichs-Stadt muß ich hier einen Fehler bemer-
cken, welchen auch viele geſehen. Da iſt auch eine rechte banque, in
welche ein jeder Kauffmann etliche hundert Thaler legen muͤſſen. Man-
cher Kauffmann hat nun kein Geld, er muß was hinein legen, will er
ſeinen credit conſerviren, da nimmt er anderswo Geld auf, giebt groſſe
Zinſen und thut ſich alſo Schaden. In Holland machen ſie es beſſer,
da ſagen ſie: Wer Geld in die banque giebt, giebt es, als ein depoſi-
tum, es iſt ja ſicher, und muß was weniges einzuſchreiben geben; Will
er einem andern was davon auszahlen, ſo giebt er was weniges, daß es
dem andern zugeſchrieben wird. Die Hollaͤnder ſagen, das Geld, wel-
ches einmahl ins Land gebracht wird, kommt nicht leicht wieder heraus,
und alſo haben ſie doch profit davon, ſie geben keinen Dreyer intereſſe,
aber es iſt doch was ſchoͤnes, daß man daſelbſt das Geld ſicher haben
kan, und wenn man einem was zahlen will, ſo braucht man nicht groſ-
ſe Muͤhe, daſſelbe zu zahlen, ſondern man laͤſſet es ihm nur zuſchreiben.
Wenn die Hollaͤnder Geld von noͤthen haben, nehmen ſie davon,
aber deßwegen werden ſie nicht banquerout. Daher haben viele Leute
ihr Geld dahin gebracht. Wie Holland ſo in Noth war, und von
Franckreich attaquiret wurde, da forderten alle ihr Geld zuruͤck, wel-
ches die Hollaͤnder auch alle ausgezahlet. Wie nun die Gefahr vor-
bey war, brachten ſie ihr Geld wieder, weil ſie ſahen, daß genug Si-
cherheit da war. Fides publica muß freylich erhalten werden. Mſr. Clerc
in ſeiner Bibliotheque Ancienne hat hievon gehandelt. Die Lotterien gehoͤ-
ren auch hieher, wovon in ſequentibus etwas wird gedacht werden.
§. 5.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |