Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia Denn es hat keiner mehr bey dem Lüneburgischen Gelde. Ja wenneiner hundert tausend Thaler an Sächsischen und Brandenburgischen zwey dritteln hat, so hat er mehr als an hundert tausend Thaler Lüne- burgischen zwey dritteln; denn bey diesen hat er nur vor zwölff Groschen Silber, bey denen andern aber hat er noch das Ertz. Es ist gut, wenn die Einheimischen kein Silber und Gold tragen dürffen, in Engeland tragen sie keines, das machen die Stein-Kohlen, davon laufft es an. Deßwegen machen doch die Engeländer sonst einen Staat. In Hol- land tragen sie auch kein Silber und Gold. Fürsten können es freylich tragen, die müssen sich von andern distinguiren, so viel aber können sie überall her haben. Es ist ein heimlich fressender Gifft, wenn man Gold- und Silber-Manufacturen hat. Der obgedachte Doctor Richter hat auch bey denen Nürnbergern effectuiret, daß sie lange keine Silber- und Gold-Manufacturen gestatten wollen, endlich haben sie eine zu ge- lassen, was aber da fabriciret wird, wird hinaus geführet. Hübsch ist es, wenn die Bürger schwartz gehen, da brauchen sie kein Silber und kein Gold. Man lachet die Reichs-Städte aus, daß sie schwartz ge- hen, aber sie haben solches aus Italien. Die es überlegen, halten es vor absurd, und sagen: Man gienge wie ein Schulmeister. Allein, da braucht sich der Fürst daran nicht zu kehren, was er trägt, das ist mode in seinem gantzen Lande, und stehet auch wohl. Also sind es sottisen, wenn man die Leute deßwegen auslachen will. Es ist aber, wie mit de- nen Hüthen; wenn einer mit einem kleinen Preußischen Huthe in ein Land kommt, wo man grosse Hüthe trägt, so kommt ihnen die mode wunderlich vor, kommt aber einer mit einem grossen Huthe in Preussen, so lachet man ihn da aus. Will einer das Geld im Lande behalten, so muß er auch Sachen, so es heimlich weg bringen, nicht lassen einwur- tzeln. e. g. Er muß keine Commoedianten, Seiltäntzer, Bärenführer, Tabulets-Träger, Italiäner etc. ins Land lassen, die nehmen das Geld aus dem Lande. Man dencket zwar, es mache nicht viel 2-4. Gro- schen, so man denen Commoedianten giebt, allein, wenn man alles zu- sammen rechnet, so kommt eine grosse Summe heraus. Nicht zu ge- dencken, daß solche Dinge Gelegenheit geben zu vielerley otiis. Wenn hier Commoedianten sind, so thut kein Student was, sondern sie lauffen alle hinein, und versäumen ihre Sachen. Der Handwercksmann ver- säumet auch. Das Pack, wenn es dergleichen Dinge zusiehet, säufft auch dabey, und verthut also das Geld nicht allein vor die Commoedien, sondern auch vor andere Sachen. So ist es auch mit fremden auxi- liair-Trouppen, die nehmen ebenfalls das Geld aus dem Lande; Wenn man
Cap. V. De prudentia Denn es hat keiner mehr bey dem Luͤneburgiſchen Gelde. Ja wenneiner hundert tauſend Thaler an Saͤchſiſchen und Brandenburgiſchen zwey dritteln hat, ſo hat er mehr als an hundert tauſend Thaler Luͤne- burgiſchen zwey dritteln; denn bey dieſen hat er nur vor zwoͤlff Groſchen Silber, bey denen andern aber hat er noch das Ertz. Es iſt gut, wenn die Einheimiſchen kein Silber und Gold tragen duͤrffen, in Engeland tragen ſie keines, das machen die Stein-Kohlen, davon laufft es an. Deßwegen machen doch die Engelaͤnder ſonſt einen Staat. In Hol- land tragen ſie auch kein Silber und Gold. Fuͤrſten koͤnnen es freylich tragen, die muͤſſen ſich von andern diſtinguiren, ſo viel aber koͤnnen ſie uͤberall her haben. Es iſt ein heimlich freſſender Gifft, wenn man Gold- und Silber-Manufacturen hat. Der obgedachte Doctor Richter hat auch bey denen Nuͤrnbergern effectuiret, daß ſie lange keine Silber- und Gold-Manufacturen geſtatten wollen, endlich haben ſie eine zu ge- laſſen, was aber da fabriciret wird, wird hinaus gefuͤhret. Huͤbſch iſt es, wenn die Buͤrger ſchwartz gehen, da brauchen ſie kein Silber und kein Gold. Man lachet die Reichs-Staͤdte aus, daß ſie ſchwartz ge- hen, aber ſie haben ſolches aus Italien. Die es uͤberlegen, halten es vor abſurd, und ſagen: Man gienge wie ein Schulmeiſter. Allein, da braucht ſich der Fuͤrſt daran nicht zu kehren, was er traͤgt, das iſt mode in ſeinem gantzen Lande, und ſtehet auch wohl. Alſo ſind es ſottiſen, wenn man die Leute deßwegen auslachen will. Es iſt aber, wie mit de- nen Huͤthen; wenn einer mit einem kleinen Preußiſchen Huthe in ein Land kommt, wo man groſſe Huͤthe traͤgt, ſo kommt ihnen die mode wunderlich vor, kommt aber einer mit einem groſſen Huthe in Preuſſen, ſo lachet man ihn da aus. Will einer das Geld im Lande behalten, ſo muß er auch Sachen, ſo es heimlich weg bringen, nicht laſſen einwur- tzeln. e. g. Er muß keine Commœdianten, Seiltaͤntzer, Baͤrenfuͤhrer, Tabulets-Traͤger, Italiaͤner ꝛc. ins Land laſſen, die nehmen das Geld aus dem Lande. Man dencket zwar, es mache nicht viel 2-4. Gro- ſchen, ſo man denen Commœdianten giebt, allein, wenn man alles zu- ſammen rechnet, ſo kommt eine groſſe Summe heraus. Nicht zu ge- dencken, daß ſolche Dinge Gelegenheit geben zu vielerley otiis. Wenn hier Commœdianten ſind, ſo thut kein Student was, ſondern ſie lauffen alle hinein, und verſaͤumen ihre Sachen. Der Handwercksmann ver- ſaͤumet auch. Das Pack, wenn es dergleichen Dinge zuſiehet, ſaͤufft auch dabey, und verthut alſo das Geld nicht allein vor die Commœdien, ſondern auch vor andere Sachen. So iſt es auch mit fremden auxi- liair-Trouppen, die nehmen ebenfalls das Geld aus dem Lande; Wenn man
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0288" n="268"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/> Denn es hat keiner mehr bey dem Luͤneburgiſchen Gelde. Ja wenn<lb/> einer hundert tauſend Thaler an Saͤchſiſchen und Brandenburgiſchen<lb/> zwey dritteln hat, ſo hat er mehr als an hundert tauſend Thaler Luͤne-<lb/> burgiſchen zwey dritteln; denn bey dieſen hat er nur vor zwoͤlff Groſchen<lb/> Silber, bey denen andern aber hat er noch das Ertz. Es iſt gut, wenn<lb/> die Einheimiſchen kein Silber und Gold tragen duͤrffen, in Engeland<lb/> tragen ſie keines, das machen die Stein-Kohlen, davon laufft es an.<lb/> Deßwegen machen doch die Engelaͤnder ſonſt einen Staat. In Hol-<lb/> land tragen ſie auch kein Silber und Gold. Fuͤrſten koͤnnen es freylich<lb/> tragen, die muͤſſen ſich von andern <hi rendition="#aq">diſtingui</hi>ren, ſo viel aber koͤnnen ſie<lb/> uͤberall her haben. Es iſt ein heimlich freſſender Gifft, wenn man<lb/> Gold- und Silber-<hi rendition="#aq">Manufactu</hi>ren hat. Der obgedachte <hi rendition="#aq">Doctor Richter</hi><lb/> hat auch bey denen Nuͤrnbergern <hi rendition="#aq">effectui</hi>ret, daß ſie lange keine Silber-<lb/> und Gold-<hi rendition="#aq">Manufactu</hi>ren geſtatten wollen, endlich haben ſie eine zu ge-<lb/> laſſen, was aber da <hi rendition="#aq">fabrici</hi>ret wird, wird hinaus gefuͤhret. Huͤbſch iſt<lb/> es, wenn die Buͤrger ſchwartz gehen, da brauchen ſie kein Silber und<lb/> kein Gold. Man lachet die Reichs-Staͤdte aus, daß ſie ſchwartz ge-<lb/> hen, aber ſie haben ſolches aus Italien. Die es uͤberlegen, halten es<lb/> vor <hi rendition="#aq">abſurd,</hi> und ſagen: Man gienge wie ein Schulmeiſter. Allein, da<lb/> braucht ſich der Fuͤrſt daran nicht zu kehren, was er traͤgt, das iſt <hi rendition="#aq">mode</hi><lb/> in ſeinem gantzen Lande, und ſtehet auch wohl. Alſo ſind es <hi rendition="#aq">ſottiſ</hi>en,<lb/> wenn man die Leute deßwegen auslachen will. Es iſt aber, wie mit de-<lb/> nen Huͤthen; wenn einer mit einem kleinen Preußiſchen Huthe in ein<lb/> Land kommt, wo man groſſe Huͤthe traͤgt, ſo kommt ihnen die <hi rendition="#aq">mode</hi><lb/> wunderlich vor, kommt aber einer mit einem groſſen Huthe in Preuſſen,<lb/> ſo lachet man ihn da aus. Will einer das Geld im Lande behalten, ſo<lb/> muß er auch Sachen, ſo es heimlich weg bringen, nicht laſſen einwur-<lb/> tzeln. <hi rendition="#aq">e. g.</hi> Er muß keine <hi rendition="#aq">Commœdiant</hi>en, Seiltaͤntzer, Baͤrenfuͤhrer,<lb/> Tabulets-Traͤger, Italiaͤner ꝛc. ins Land laſſen, die nehmen das Geld<lb/> aus dem Lande. Man dencket zwar, es mache nicht viel 2-4. Gro-<lb/> ſchen, ſo man denen <hi rendition="#aq">Commœdiant</hi>en giebt, allein, wenn man alles zu-<lb/> ſammen rechnet, ſo kommt eine groſſe Summe heraus. Nicht zu ge-<lb/> dencken, daß ſolche Dinge Gelegenheit geben zu vielerley <hi rendition="#aq">otiis.</hi> Wenn<lb/> hier <hi rendition="#aq">Commœdiant</hi>en ſind, ſo thut kein <hi rendition="#aq">Student</hi> was, ſondern ſie lauffen<lb/> alle hinein, und verſaͤumen ihre Sachen. Der Handwercksmann ver-<lb/> ſaͤumet auch. Das Pack, wenn es dergleichen Dinge zuſiehet, ſaͤufft<lb/> auch dabey, und verthut alſo das Geld nicht allein vor die <hi rendition="#aq">Commœdi</hi>en,<lb/> ſondern auch vor andere Sachen. So iſt es auch mit fremden <hi rendition="#aq">auxi-<lb/> liair-Trouppen,</hi> die nehmen ebenfalls das Geld aus dem Lande; Wenn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [268/0288]
Cap. V. De prudentia
Denn es hat keiner mehr bey dem Luͤneburgiſchen Gelde. Ja wenn
einer hundert tauſend Thaler an Saͤchſiſchen und Brandenburgiſchen
zwey dritteln hat, ſo hat er mehr als an hundert tauſend Thaler Luͤne-
burgiſchen zwey dritteln; denn bey dieſen hat er nur vor zwoͤlff Groſchen
Silber, bey denen andern aber hat er noch das Ertz. Es iſt gut, wenn
die Einheimiſchen kein Silber und Gold tragen duͤrffen, in Engeland
tragen ſie keines, das machen die Stein-Kohlen, davon laufft es an.
Deßwegen machen doch die Engelaͤnder ſonſt einen Staat. In Hol-
land tragen ſie auch kein Silber und Gold. Fuͤrſten koͤnnen es freylich
tragen, die muͤſſen ſich von andern diſtinguiren, ſo viel aber koͤnnen ſie
uͤberall her haben. Es iſt ein heimlich freſſender Gifft, wenn man
Gold- und Silber-Manufacturen hat. Der obgedachte Doctor Richter
hat auch bey denen Nuͤrnbergern effectuiret, daß ſie lange keine Silber-
und Gold-Manufacturen geſtatten wollen, endlich haben ſie eine zu ge-
laſſen, was aber da fabriciret wird, wird hinaus gefuͤhret. Huͤbſch iſt
es, wenn die Buͤrger ſchwartz gehen, da brauchen ſie kein Silber und
kein Gold. Man lachet die Reichs-Staͤdte aus, daß ſie ſchwartz ge-
hen, aber ſie haben ſolches aus Italien. Die es uͤberlegen, halten es
vor abſurd, und ſagen: Man gienge wie ein Schulmeiſter. Allein, da
braucht ſich der Fuͤrſt daran nicht zu kehren, was er traͤgt, das iſt mode
in ſeinem gantzen Lande, und ſtehet auch wohl. Alſo ſind es ſottiſen,
wenn man die Leute deßwegen auslachen will. Es iſt aber, wie mit de-
nen Huͤthen; wenn einer mit einem kleinen Preußiſchen Huthe in ein
Land kommt, wo man groſſe Huͤthe traͤgt, ſo kommt ihnen die mode
wunderlich vor, kommt aber einer mit einem groſſen Huthe in Preuſſen,
ſo lachet man ihn da aus. Will einer das Geld im Lande behalten, ſo
muß er auch Sachen, ſo es heimlich weg bringen, nicht laſſen einwur-
tzeln. e. g. Er muß keine Commœdianten, Seiltaͤntzer, Baͤrenfuͤhrer,
Tabulets-Traͤger, Italiaͤner ꝛc. ins Land laſſen, die nehmen das Geld
aus dem Lande. Man dencket zwar, es mache nicht viel 2-4. Gro-
ſchen, ſo man denen Commœdianten giebt, allein, wenn man alles zu-
ſammen rechnet, ſo kommt eine groſſe Summe heraus. Nicht zu ge-
dencken, daß ſolche Dinge Gelegenheit geben zu vielerley otiis. Wenn
hier Commœdianten ſind, ſo thut kein Student was, ſondern ſie lauffen
alle hinein, und verſaͤumen ihre Sachen. Der Handwercksmann ver-
ſaͤumet auch. Das Pack, wenn es dergleichen Dinge zuſiehet, ſaͤufft
auch dabey, und verthut alſo das Geld nicht allein vor die Commœdien,
ſondern auch vor andere Sachen. So iſt es auch mit fremden auxi-
liair-Trouppen, die nehmen ebenfalls das Geld aus dem Lande; Wenn
man
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |