er erst denen Holländern ein project praesentiret, wie sie ihre Schulden bezahlen könnten, welche es aber bloß deßwegen nicht acceptiret, weil er kein Belga, einen Fremden nähmen sie nicht zu ihren Financier. Eben so würde es dem Law in Engeland ergangen seyn, und war es eine Schwach- heit von dem Law, daß er nach Holland gegangen. In einer Monar- chie aber werden Fremde eher angenommen.
Zu welchen of- ficiis junge und zu welchen hingegen alte zu nehmen.
§. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite setzen, sie haben biswei- len eine vivacite, ein Esprit, können de rebus praesentibus urtheilen, sie sind auch starck, und können was aussühren; Aber alles ist nicht suffi- cient, wenn man redet de Magistratibus praeponendis, es sey in bello oder pace. Die jungen Leute haben noch keine connoisance von denen rebus praeteritis; keine Erfahrung: Denn die Erfahrung supponirt rerum prae- teritarum memoriam. Sie haben keine Erfahrung von malis, der keine mala gesehen, ist praecipitant. Daher findet man auch, daß junge Leute hitziger sind, als Leute, so etliche mahl bey einer Gefahr gewesen. Das ist aber der beste Fürst, der beste Ministre, qui mala est expertus. Pru- dentia erfordert aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, securus est callidus, callidum consilium aber heißt bey denen Alten ineptum con- filium. Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, so adolescentes promovirt ad ejusmodi munera, in quibus summa rerum si- ra est. Bey denen Jüden hat man auch seniores gehabt, so das Volck regieret. Man sagt auch: Penes senes est prudentia, experientia, conti- nuata memoria. Die jungen Leute müssen erst dazu auferzogen werden, und zwar nebst denen Alten, welches Richelieu in seinem Testam. polit. Cap. 7. Part. II. wohl observiret. Zur execution muß man junge Leute nehmen, nicht aber ins cabinet, ausser daß sie schweiger, und hören, was die alten Füchse sagen. Ein alter Fuchs ist allezeit schlauer und listiger, als ein junger Fuchs. Das principalste ist, welches ich gelesen in des Oso- rii Principe,) worinnen er einen Principem instruiret, was er vor Consi- liarios choisiren soll,) dieser sagt: Wenn junge Leute bald steigen, und groß werden, so meynen sie, es geschehe wegen ihrer meriten, und dencken, GOtt müsse ihnen was befonders mitgetheilet haben, sie würden stoltz, verachten andere, nichts schädlicher aber ist, als wenn man andere ver- achtet. Der Lord Clarendon, Jacobi II. Schwieger-Vater, der die Hi- stoire des Guerres civiles d'Angle terre geschrieben, und darinnen bey Ja- cobo I. angefangen, zeiget, das alles Unglück von Jacobo I. herkommen. Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den höchsten chargen em- ployret, wenn einer nur wohl ausgesehen, und einen hübschen reverenz können machen, so hat er ihn in seine Dienste genommen. An den
Bu-
Cap. V. De prudentia
er erſt denen Hollaͤndern ein project præſentiret, wie ſie ihre Schulden bezahlen koͤnnten, welche es aber bloß deßwegen nicht acceptiret, weil er kein Belga, einen Fremden naͤhmen ſie nicht zu ihren Financier. Eben ſo wuͤrde es dem Law in Engeland ergangen ſeyn, und war es eine Schwach- heit von dem Law, daß er nach Holland gegangen. In einer Monar- chie aber werden Fremde eher angenommen.
Zu welchen of- ficiis junge und zu welchen hingegen alte zu nehmen.
§. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite ſetzen, ſie haben biswei- len eine vivacité, ein Eſprit, koͤnnen de rebus præſentibus urtheilen, ſie ſind auch ſtarck, und koͤnnen was ausſuͤhren; Aber alles iſt nicht ſuffi- cient, wenn man redet de Magiſtratibus præponendis, es ſey in bello oder pace. Die jungen Leute haben noch keine connoiſance von denen rebus præteritis; keine Erfahrung: Denn die Erfahrung ſupponirt rerum præ- teritarum memoriam. Sie haben keine Erfahrung von malis, der keine mala geſehen, iſt præcipitant. Daher findet man auch, daß junge Leute hitziger ſind, als Leute, ſo etliche mahl bey einer Gefahr geweſen. Das iſt aber der beſte Fuͤrſt, der beſte Miniſtre, qui mala eſt expertus. Pru- dentia erfordert aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, ſecurus eſt callidus, callidum conſilium aber heißt bey denen Alten ineptum con- filium. Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, ſo adoleſcentes promovirt ad ejusmodi munera, in quibus ſumma rerum ſi- ra eſt. Bey denen Juͤden hat man auch ſeniores gehabt, ſo das Volck regieret. Man ſagt auch: Penes ſenes eſt prudentia, experientia, conti- nuata memoria. Die jungen Leute muͤſſen erſt dazu auferzogen werden, und zwar nebſt denen Alten, welches Richelieu in ſeinem Teſtam. polit. Cap. 7. Part. II. wohl obſerviret. Zur execution muß man junge Leute nehmen, nicht aber ins cabinet, auſſer daß ſie ſchweiger, und hoͤren, was die alten Fuͤchſe ſagen. Ein alter Fuchs iſt allezeit ſchlauer und liſtiger, als ein junger Fuchs. Das principalſte iſt, welches ich geleſen in des Oſo- rii Principe,) worinnen er einen Principem inſtruiret, was er vor Conſi- liarios choiſiren ſoll,) dieſer ſagt: Wenn junge Leute bald ſteigen, und groß werden, ſo meynen ſie, es geſchehe wegen ihrer meriten, und dencken, GOtt muͤſſe ihnen was befonders mitgetheilet haben, ſie wuͤrden ſtoltz, verachten andere, nichts ſchaͤdlicher aber iſt, als wenn man andere ver- achtet. Der Lord Clarendon, Jacobi II. Schwieger-Vater, der die Hi- ſtoire des Guerres civiles d’Angle terre geſchrieben, und darinnen bey Ja- cobo I. angefangen, zeiget, das alles Ungluͤck von Jacobo I. herkommen. Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den hoͤchſten chargen em- ployret, wenn einer nur wohl ausgeſehen, und einen huͤbſchen reverenz koͤnnen machen, ſo hat er ihn in ſeine Dienſte genommen. An den
Bu-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0248"n="228"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/>
er erſt denen Hollaͤndern ein <hirendition="#aq">project præſenti</hi>ret, wie ſie ihre Schulden<lb/>
bezahlen koͤnnten, welche es aber bloß deßwegen nicht <hirendition="#aq">accepti</hi>ret, weil er<lb/>
kein <hirendition="#aq">Belga,</hi> einen Fremden naͤhmen ſie nicht zu ihren <hirendition="#aq">Financier.</hi> Eben ſo<lb/>
wuͤrde es dem <hirendition="#aq">Law</hi> in Engeland ergangen ſeyn, und war es eine Schwach-<lb/>
heit von dem <hirendition="#aq">Law,</hi> daß er nach Holland gegangen. In einer <hirendition="#aq">Monar-<lb/>
chie</hi> aber werden Fremde eher angenommen.</p><lb/><noteplace="left">Zu welchen <hirendition="#aq">of-<lb/>
ficiis</hi> junge<lb/>
und zu welchen<lb/>
hingegen alte<lb/>
zu nehmen.</note><p>§. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite ſetzen, ſie haben biswei-<lb/>
len eine <hirendition="#aq">vivacité,</hi> ein <hirendition="#aq">Eſprit,</hi> koͤnnen <hirendition="#aq">de rebus præſentibus</hi> urtheilen, ſie<lb/>ſind auch ſtarck, und koͤnnen was ausſuͤhren; Aber alles iſt nicht <hirendition="#aq">ſuffi-<lb/>
cient,</hi> wenn man redet <hirendition="#aq">de Magiſtratibus præponendis,</hi> es ſey <hirendition="#aq">in bello</hi> oder<lb/><hirendition="#aq">pace.</hi> Die jungen Leute haben noch keine <hirendition="#aq">connoiſance</hi> von denen <hirendition="#aq">rebus<lb/>
præteritis;</hi> keine Erfahrung: Denn die Erfahrung <hirendition="#aq">ſupponi</hi>rt <hirendition="#aq">rerum præ-<lb/>
teritarum memoriam.</hi> Sie haben keine Erfahrung von <hirendition="#aq">malis,</hi> der keine<lb/><hirendition="#aq">mala</hi> geſehen, iſt <hirendition="#aq">præcipitant.</hi> Daher findet man auch, daß junge Leute<lb/>
hitziger ſind, als Leute, ſo etliche mahl bey einer Gefahr geweſen. Das<lb/>
iſt aber der beſte Fuͤrſt, der beſte <hirendition="#aq">Miniſtre, qui mala eſt expertus. Pru-<lb/>
dentia</hi> erfordert <hirendition="#aq">aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, ſecurus<lb/>
eſt callidus, callidum conſilium</hi> aber heißt bey denen Alten <hirendition="#aq">ineptum con-<lb/>
filium.</hi> Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, ſo<lb/><hirendition="#aq">adoleſcentes promovi</hi>rt <hirendition="#aq">ad ejusmodi munera, in quibus ſumma rerum ſi-<lb/>
ra eſt.</hi> Bey denen Juͤden hat man auch <hirendition="#aq">ſeniores</hi> gehabt, ſo das Volck<lb/>
regieret. Man ſagt auch: <hirendition="#aq">Penes ſenes eſt prudentia, experientia, conti-<lb/>
nuata memoria.</hi> Die jungen Leute muͤſſen erſt dazu auferzogen werden,<lb/>
und zwar nebſt denen Alten, welches <hirendition="#aq">Richelieu</hi> in ſeinem <hirendition="#aq">Teſtam. polit.<lb/>
Cap. 7. Part. II.</hi> wohl <hirendition="#aq">obſervi</hi>ret. Zur <hirendition="#aq">execution</hi> muß man junge Leute<lb/>
nehmen, nicht aber ins <hirendition="#aq">cabinet,</hi> auſſer daß ſie ſchweiger, und hoͤren, was<lb/>
die alten Fuͤchſe ſagen. Ein alter Fuchs iſt allezeit ſchlauer und liſtiger, als<lb/>
ein junger Fuchs. Das <hirendition="#aq">principal</hi>ſte iſt, welches ich geleſen in des <hirendition="#aq">Oſo-<lb/>
rii Principe,</hi>) worinnen er einen <hirendition="#aq">Principem inſtrui</hi>ret, was er vor <hirendition="#aq">Conſi-<lb/>
liarios choiſi</hi>ren ſoll,) dieſer ſagt: Wenn junge Leute bald ſteigen, und<lb/>
groß werden, ſo meynen ſie, es geſchehe wegen ihrer <hirendition="#aq">merit</hi>en, und dencken,<lb/>
GOtt muͤſſe ihnen was befonders mitgetheilet haben, ſie wuͤrden ſtoltz,<lb/>
verachten andere, nichts ſchaͤdlicher aber iſt, als wenn man andere ver-<lb/>
achtet. Der <hirendition="#aq">Lord Clarendon, Jacobi II.</hi> Schwieger-Vater, der die <hirendition="#aq">Hi-<lb/>ſtoire des Guerres civiles d’Angle terre</hi> geſchrieben, und darinnen bey <hirendition="#aq">Ja-<lb/>
cobo I.</hi> angefangen, zeiget, das alles Ungluͤck von <hirendition="#aq">Jacobo I.</hi> herkommen.<lb/>
Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den hoͤchſten <hirendition="#aq">charg</hi>en <hirendition="#aq">em-<lb/>
ploy</hi>ret, wenn einer nur wohl ausgeſehen, und einen huͤbſchen <hirendition="#aq">reverenz</hi><lb/>
koͤnnen machen, ſo hat er ihn in ſeine Dienſte genommen. An den<lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">Bu-</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[228/0248]
Cap. V. De prudentia
er erſt denen Hollaͤndern ein project præſentiret, wie ſie ihre Schulden
bezahlen koͤnnten, welche es aber bloß deßwegen nicht acceptiret, weil er
kein Belga, einen Fremden naͤhmen ſie nicht zu ihren Financier. Eben ſo
wuͤrde es dem Law in Engeland ergangen ſeyn, und war es eine Schwach-
heit von dem Law, daß er nach Holland gegangen. In einer Monar-
chie aber werden Fremde eher angenommen.
§. 7. Junge Leute kan man nicht bey Seite ſetzen, ſie haben biswei-
len eine vivacité, ein Eſprit, koͤnnen de rebus præſentibus urtheilen, ſie
ſind auch ſtarck, und koͤnnen was ausſuͤhren; Aber alles iſt nicht ſuffi-
cient, wenn man redet de Magiſtratibus præponendis, es ſey in bello oder
pace. Die jungen Leute haben noch keine connoiſance von denen rebus
præteritis; keine Erfahrung: Denn die Erfahrung ſupponirt rerum præ-
teritarum memoriam. Sie haben keine Erfahrung von malis, der keine
mala geſehen, iſt præcipitant. Daher findet man auch, daß junge Leute
hitziger ſind, als Leute, ſo etliche mahl bey einer Gefahr geweſen. Das
iſt aber der beſte Fuͤrſt, der beſte Miniſtre, qui mala eſt expertus. Pru-
dentia erfordert aliquid timoris, qui nihil timet, nihil providet, ſecurus
eſt callidus, callidum conſilium aber heißt bey denen Alten ineptum con-
filium. Daher wird man nicht leicht ein Volck in der Welt finden, ſo
adoleſcentes promovirt ad ejusmodi munera, in quibus ſumma rerum ſi-
ra eſt. Bey denen Juͤden hat man auch ſeniores gehabt, ſo das Volck
regieret. Man ſagt auch: Penes ſenes eſt prudentia, experientia, conti-
nuata memoria. Die jungen Leute muͤſſen erſt dazu auferzogen werden,
und zwar nebſt denen Alten, welches Richelieu in ſeinem Teſtam. polit.
Cap. 7. Part. II. wohl obſerviret. Zur execution muß man junge Leute
nehmen, nicht aber ins cabinet, auſſer daß ſie ſchweiger, und hoͤren, was
die alten Fuͤchſe ſagen. Ein alter Fuchs iſt allezeit ſchlauer und liſtiger, als
ein junger Fuchs. Das principalſte iſt, welches ich geleſen in des Oſo-
rii Principe,) worinnen er einen Principem inſtruiret, was er vor Conſi-
liarios choiſiren ſoll,) dieſer ſagt: Wenn junge Leute bald ſteigen, und
groß werden, ſo meynen ſie, es geſchehe wegen ihrer meriten, und dencken,
GOtt muͤſſe ihnen was befonders mitgetheilet haben, ſie wuͤrden ſtoltz,
verachten andere, nichts ſchaͤdlicher aber iſt, als wenn man andere ver-
achtet. Der Lord Clarendon, Jacobi II. Schwieger-Vater, der die Hi-
ſtoire des Guerres civiles d’Angle terre geſchrieben, und darinnen bey Ja-
cobo I. angefangen, zeiget, das alles Ungluͤck von Jacobo I. herkommen.
Unter andern erzehlet er, daß er junge Leute zu den hoͤchſten chargen em-
ployret, wenn einer nur wohl ausgeſehen, und einen huͤbſchen reverenz
koͤnnen machen, ſo hat er ihn in ſeine Dienſte genommen. An den
Bu-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/248>, abgerufen am 26.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.