§. 3. Bedienten sollen den Principem repraesentiren; ein PrincepsDaß keine ho- mines sordidi zu wehlen. aber läst sich nicht gerne durch Bettler, Schulmeister repraesentiren; also muß er dignos erwehlen, die in autoritate stehen. Ein Magistratus, der keine autoritaet hat, wird auch ausgepfiffen und verunehret. Die Be- dienten müssen eben nicht solche autoritaet haben, wie der Princeps, der muß etwas besonders haben. Richelieu wollte seine charge gar nieder- legen, und ins Closter gehen, weil er keine autoritaet mehr hätte, deßwe- gen Louis XIII. ihm solche auch wieder gegeben. Es muß auch ein jeder Magistratus geehret werden; daher läst es nicht fein, wenn der Princeps seine Bedienten ausfiltzet oder beschimpfet, sie sind ja keine Sclaven. So bald die Leute sehen, daß der Herr keinen regard vor seine Bedien- ten hat, so respectiren sie auch denselben nicht. Ob man gleich in dem Ottomannischen Reich selten findet, daß ein Groß-Vezier oder Bassa auf dem Bette stirbet, so geschiehet doch solches alles heimlich so, daß man manchmahl nicht weiß, wo der Kerl hinkommen. Alle Bedienten können freylich nicht angesehen werden als Ambassadeurs; unterdessen kan man doch allen in gewisser Masse einen respect geben. Einen Herrn macht sehr verhaßt und verdächtig, wenn er schlechte Leute, so in einer geringen sorditie gelebet, erhebt, und zu seinen Bedienten annimmt. Wenn man des Sau-Wentzels Regierung ansiehet, so findet man, daß er sich eine grosse blame gemacht, quod omnes nobiles removit, und hat er lauter schlechte Leute zu seinen Bedienten genommen, der Hencker war sein Gevatter, will man ihn defendiren, daß er nicht könne abgese- tzet werden, so gehet es wohl nach denen Rechten an, aber wenn man es Politisch consideriret, so war er gar nicht so aptus ad regendum, seine Gemahlin tractirte er auch wie ein Fleischer. Wie Henricus VIII. dem Cardinal VVolsey eines Fleischers Sohn zum Premier-Ministre nahm, so entstund ein commune odium in Engeland. Der VVolsey war zwar gescheuet, sie haben aber immer gemeynet, es hienge ihm noch was Flei- schermäßiges an den Backen. Er war geitzig, und konnte sich nicht recht in seine Erhebung finden. Wenn man die Beschreibung von denen Ty- rannen beym Suetonio lieset, so wird man finden, daß sie lauter schlech- te Leute libertos zu Bedienten gehabt. Exempla antiqua hat Antonius Perez in seinem jure publico, quo arcana & jura Principis exponuntur, beygebracht. *Carolus IX. in Franckreich hat auch schlechte Kerl zu
seinen
* Dieses jus publicum ist eigentlich eine Politica generalis und specialis, darinnen gezeiget wird, quid possit Princeps & quid consultum sit. Ohnerachtet er selbst ein Spanier gewesen, so hat er doch grosse courage gehabt, die Spanier zu censi- ren, was sie vor Fehler in den Niederlanden gemacht.
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ſtatus circa Magiſtros & Magiſtratus inferiores.
§. 3. Bedienten ſollen den Principem repræſentiren; ein PrincepsDaß keine ho- mines ſordidi zu wehlen. aber laͤſt ſich nicht gerne durch Bettler, Schulmeiſter repræſentiren; alſo muß er dignos erwehlen, die in autoritate ſtehen. Ein Magiſtratus, der keine autoritæt hat, wird auch ausgepfiffen und verunehret. Die Be- dienten muͤſſen eben nicht ſolche autoritæt haben, wie der Princeps, der muß etwas beſonders haben. Richelieu wollte ſeine charge gar nieder- legen, und ins Cloſter gehen, weil er keine autoritæt mehr haͤtte, deßwe- gen Louis XIII. ihm ſolche auch wieder gegeben. Es muß auch ein jeder Magiſtratus geehret werden; daher laͤſt es nicht fein, wenn der Princeps ſeine Bedienten ausfiltzet oder beſchimpfet, ſie ſind ja keine Sclaven. So bald die Leute ſehen, daß der Herr keinen regard vor ſeine Bedien- ten hat, ſo reſpectiren ſie auch denſelben nicht. Ob man gleich in dem Ottomanniſchen Reich ſelten findet, daß ein Groß-Vezier oder Baſſa auf dem Bette ſtirbet, ſo geſchiehet doch ſolches alles heimlich ſo, daß man manchmahl nicht weiß, wo der Kerl hinkommen. Alle Bedienten koͤnnen freylich nicht angeſehen werden als Ambaſſadeurs; unterdeſſen kan man doch allen in gewiſſer Maſſe einen reſpect geben. Einen Herrn macht ſehr verhaßt und verdaͤchtig, wenn er ſchlechte Leute, ſo in einer geringen ſorditie gelebet, erhebt, und zu ſeinen Bedienten annimmt. Wenn man des Sau-Wentzels Regierung anſiehet, ſo findet man, daß er ſich eine groſſe blame gemacht, quod omnes nobiles removit, und hat er lauter ſchlechte Leute zu ſeinen Bedienten genommen, der Hencker war ſein Gevatter, will man ihn defendiren, daß er nicht koͤnne abgeſe- tzet werden, ſo gehet es wohl nach denen Rechten an, aber wenn man es Politiſch conſideriret, ſo war er gar nicht ſo aptus ad regendum, ſeine Gemahlin tractirte er auch wie ein Fleiſcher. Wie Henricus VIII. dem Cardinal VVolſey eines Fleiſchers Sohn zum Premier-Miniſtre nahm, ſo entſtund ein commune odium in Engeland. Der VVolſey war zwar geſcheuet, ſie haben aber immer gemeynet, es hienge ihm noch was Flei- ſchermaͤßiges an den Backen. Er war geitzig, und konnte ſich nicht recht in ſeine Erhebung finden. Wenn man die Beſchreibung von denen Ty- rannen beym Suetonio lieſet, ſo wird man finden, daß ſie lauter ſchlech- te Leute libertos zu Bedienten gehabt. Exempla antiqua hat Antonius Perez in ſeinem jure publico, quo arcana & jura Principis exponuntur, beygebracht. *Carolus IX. in Franckreich hat auch ſchlechte Kerl zu
ſeinen
* Dieſes jus publicum iſt eigentlich eine Politica generalis und ſpecialis, darinnen gezeiget wird, quid poſſit Princeps & quid conſultum ſit. Ohnerachtet er ſelbſt ein Spanier geweſen, ſo hat er doch groſſe courage gehabt, die Spanier zu cenſi- ren, was ſie vor Fehler in den Niederlanden gemacht.
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§. 3. Bedienten ſollen den Principem repræſentiren; ein Princeps
aber laͤſt ſich nicht gerne durch Bettler, Schulmeiſter repræſentiren; alſo
muß er dignos erwehlen, die in autoritate ſtehen. Ein Magiſtratus, der
keine autoritæt hat, wird auch ausgepfiffen und verunehret. Die Be-
dienten muͤſſen eben nicht ſolche autoritæt haben, wie der Princeps, der
muß etwas beſonders haben. Richelieu wollte ſeine charge gar nieder-
legen, und ins Cloſter gehen, weil er keine autoritæt mehr haͤtte, deßwe-
gen Louis XIII. ihm ſolche auch wieder gegeben. Es muß auch ein jeder
Magiſtratus geehret werden; daher laͤſt es nicht fein, wenn der Princeps
ſeine Bedienten ausfiltzet oder beſchimpfet, ſie ſind ja keine Sclaven.
So bald die Leute ſehen, daß der Herr keinen regard vor ſeine Bedien-
ten hat, ſo reſpectiren ſie auch denſelben nicht. Ob man gleich in dem
Ottomanniſchen Reich ſelten findet, daß ein Groß-Vezier oder Baſſa
auf dem Bette ſtirbet, ſo geſchiehet doch ſolches alles heimlich ſo, daß
man manchmahl nicht weiß, wo der Kerl hinkommen. Alle Bedienten
koͤnnen freylich nicht angeſehen werden als Ambaſſadeurs; unterdeſſen
kan man doch allen in gewiſſer Maſſe einen reſpect geben. Einen Herrn
macht ſehr verhaßt und verdaͤchtig, wenn er ſchlechte Leute, ſo in einer
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Wenn man des Sau-Wentzels Regierung anſiehet, ſo findet man,
daß er ſich eine groſſe blame gemacht, quod omnes nobiles removit, und
hat er lauter ſchlechte Leute zu ſeinen Bedienten genommen, der Hencker
war ſein Gevatter, will man ihn defendiren, daß er nicht koͤnne abgeſe-
tzet werden, ſo gehet es wohl nach denen Rechten an, aber wenn man
es Politiſch conſideriret, ſo war er gar nicht ſo aptus ad regendum, ſeine
Gemahlin tractirte er auch wie ein Fleiſcher. Wie Henricus VIII. dem
Cardinal VVolſey eines Fleiſchers Sohn zum Premier-Miniſtre nahm,
ſo entſtund ein commune odium in Engeland. Der VVolſey war zwar
geſcheuet, ſie haben aber immer gemeynet, es hienge ihm noch was Flei-
ſchermaͤßiges an den Backen. Er war geitzig, und konnte ſich nicht recht
in ſeine Erhebung finden. Wenn man die Beſchreibung von denen Ty-
rannen beym Suetonio lieſet, ſo wird man finden, daß ſie lauter ſchlech-
te Leute libertos zu Bedienten gehabt. Exempla antiqua hat Antonius
Perez in ſeinem jure publico, quo arcana & jura Principis exponuntur,
beygebracht. * Carolus IX. in Franckreich hat auch ſchlechte Kerl zu
ſeinen
Daß keine ho-
mines ſordidi
zu wehlen.
* Dieſes jus publicum iſt eigentlich eine Politica generalis und ſpecialis, darinnen
gezeiget wird, quid poſſit Princeps & quid conſultum ſit. Ohnerachtet er ſelbſt ein
Spanier geweſen, ſo hat er doch groſſe courage gehabt, die Spanier zu cenſi-
ren, was ſie vor Fehler in den Niederlanden gemacht.
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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/241>, abgerufen am 27.07.2024.
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