a la Cour kommen, wodurch ein grosser luxus entstanden, vid. Bayle sub voce Francisci I. Der Kayser Leopoldus ist ein solcher sobrius Princeps gewesen, dergleichen man wenig finden wird, aber seine Bedienten ha- ben doch einen Staat gemacht, den man an keinem Hofe antreffen wird, nach denen Hof-Leuten richten sich die bürgerlichen Leute, und bleibt der luxus.
Von der har- monie der Gefetze.
§. 7. Wer ordre geben will, muß sie so einrichten, daß sie ein- ander succurriren, und harmonisch sind. Das ist der Fehler bey allen legibus, daß man die occasiones nicht wegnimmt. Wenn gleich der luxus an sich gut, so müssen doch auch leges seyn, welche die occasiones weg- nehmen, sonst ist lex telum inefficax, und ist impossible, daß er kan ge- halten werden. Wir lesen, daß keine Hure soll seyn unter denen Kin- dern Israel, daher wollen wir es eben so machen, und ist die intention gut, aber die irritamenta sollten sie auch wegschaffen. Es ist freylich miserable, wo eine solche corruptio in generatione. Denn solche Kin- der werden nicht auferzogen, und werden es nur Spitzbuben und Hu- ren. Es soll kein luxus seyn da Leute sollen arbeiten, und wo man hin- siehet, da sind Spiel-Häuser. Wo keine irritamenta sind, da werden die Leute auch nicht sündigen. Hergegen bleiben die irritamenta, so sa- gen sie, wir sind doch nicht insensible, und sie haben auch recht. Crom- well, ob er gleich sonst ein fourbe gewesen, so hat er doch gesucht die bo- nos imperantes zu imitiren, und hat wohl regieret, indem er alle occasio- nes peccandi gesucht aus dem Wege zu räumen. Er sahe, daß die Ca- naille, wenn sie Zeit hätte, würde zusammen lauffen, daher ordnete er, des Sonnabends, Sonntags und Montags sollte Kirche gehalten wer- den, den Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freytag musten die Leute arbeiten, und haben sie also keine Gelegenheit gehabt zu con- spiriren.
Daß ein Le- gislator auf die Umstände der Zeit des Orths etc. Acht zu geben habe.
§. 8. Jubeat etiam Princeps ita, ut circumstantias attendat loci, temporis. Alle leges lassen sich nicht zu einer Zeit publiciren, und muß also die Legislatio tempestiva seyn, ita, ut ferat populus. Geschiehet es praecipiti cursu, und nimis severe, so wird nichts draus. Ein Land, das in einem grossen luxu stecket, kan nicht auf einmahl davon abgebracht werden. Wie Tiberius erinnert wurde, er sollte den luxum auf heben, so sagte er, es wäre noch nicht Zeit. Von einem extremo kan man ohnmöglich auf das andere fallen. Gleichwie kein Mensch, der ruchloß gelebet hat, sich auf einmahl bessern kan, so gehet es noch vielweniger bey einer gantzen Republic an, vid. Oratio mea de reformatione rerum- publicarum, welche in Gundlingianis stehet, darinnen viele curieuse Sa-
chen
Cap. V. De prudentia
a la Cour kommen, wodurch ein groſſer luxus entſtanden, vid. Bayle ſub voce Franciſci I. Der Kayſer Leopoldus iſt ein ſolcher ſobrius Princeps geweſen, dergleichen man wenig finden wird, aber ſeine Bedienten ha- ben doch einen Staat gemacht, den man an keinem Hofe antreffen wird, nach denen Hof-Leuten richten ſich die buͤrgerlichen Leute, und bleibt der luxus.
Von der har- monie der Gefetze.
§. 7. Wer ordre geben will, muß ſie ſo einrichten, daß ſie ein- ander ſuccurriren, und harmoniſch ſind. Das iſt der Fehler bey allen legibus, daß man die occaſiones nicht wegnimmt. Wenn gleich der luxus an ſich gut, ſo muͤſſen doch auch leges ſeyn, welche die occaſiones weg- nehmen, ſonſt iſt lex telum inefficax, und iſt impoſſible, daß er kan ge- halten werden. Wir leſen, daß keine Hure ſoll ſeyn unter denen Kin- dern Iſrael, daher wollen wir es eben ſo machen, und iſt die intention gut, aber die irritamenta ſollten ſie auch wegſchaffen. Es iſt freylich miſerable, wo eine ſolche corruptio in generatione. Denn ſolche Kin- der werden nicht auferzogen, und werden es nur Spitzbuben und Hu- ren. Es ſoll kein luxus ſeyn da Leute ſollen arbeiten, und wo man hin- ſiehet, da ſind Spiel-Haͤuſer. Wo keine irritamenta ſind, da werden die Leute auch nicht ſuͤndigen. Hergegen bleiben die irritamenta, ſo ſa- gen ſie, wir ſind doch nicht inſenſible, und ſie haben auch recht. Crom- well, ob er gleich ſonſt ein fourbe geweſen, ſo hat er doch geſucht die bo- nos imperantes zu imitiren, und hat wohl regieret, indem er alle occaſio- nes peccandi geſucht aus dem Wege zu raͤumen. Er ſahe, daß die Ca- naille, wenn ſie Zeit haͤtte, wuͤrde zuſammen lauffen, daher ordnete er, des Sonnabends, Sonntags und Montags ſollte Kirche gehalten wer- den, den Dienſtag, Mittwoch, Donnerſtag und Freytag muſten die Leute arbeiten, und haben ſie alſo keine Gelegenheit gehabt zu con- ſpiriren.
Daß ein Le- gislator auf die Umſtaͤnde der Zeit des Orths ꝛc. Acht zu geben habe.
§. 8. Jubeat etiam Princeps ita, ut circumſtantias attendat loci, temporis. Alle leges laſſen ſich nicht zu einer Zeit publiciren, und muß alſo die Legislatio tempeſtiva ſeyn, ita, ut ferat populus. Geſchiehet es præcipiti curſu, und nimis ſevere, ſo wird nichts draus. Ein Land, das in einem groſſen luxu ſtecket, kan nicht auf einmahl davon abgebracht werden. Wie Tiberius erinnert wurde, er ſollte den luxum auf heben, ſo ſagte er, es waͤre noch nicht Zeit. Von einem extremo kan man ohnmoͤglich auf das andere fallen. Gleichwie kein Menſch, der ruchloß gelebet hat, ſich auf einmahl beſſern kan, ſo gehet es noch vielweniger bey einer gantzen Republic an, vid. Oratio mea de reformatione rerum- publicarum, welche in Gundlingianis ſtehet, darinnen viele curieuſe Sa-
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Cap. V. De prudentia
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geweſen, dergleichen man wenig finden wird, aber ſeine Bedienten ha-
ben doch einen Staat gemacht, den man an keinem Hofe antreffen wird,
nach denen Hof-Leuten richten ſich die buͤrgerlichen Leute, und bleibt
der luxus.
§. 7. Wer ordre geben will, muß ſie ſo einrichten, daß ſie ein-
ander ſuccurriren, und harmoniſch ſind. Das iſt der Fehler bey allen
legibus, daß man die occaſiones nicht wegnimmt. Wenn gleich der luxus
an ſich gut, ſo muͤſſen doch auch leges ſeyn, welche die occaſiones weg-
nehmen, ſonſt iſt lex telum inefficax, und iſt impoſſible, daß er kan ge-
halten werden. Wir leſen, daß keine Hure ſoll ſeyn unter denen Kin-
dern Iſrael, daher wollen wir es eben ſo machen, und iſt die intention
gut, aber die irritamenta ſollten ſie auch wegſchaffen. Es iſt freylich
miſerable, wo eine ſolche corruptio in generatione. Denn ſolche Kin-
der werden nicht auferzogen, und werden es nur Spitzbuben und Hu-
ren. Es ſoll kein luxus ſeyn da Leute ſollen arbeiten, und wo man hin-
ſiehet, da ſind Spiel-Haͤuſer. Wo keine irritamenta ſind, da werden
die Leute auch nicht ſuͤndigen. Hergegen bleiben die irritamenta, ſo ſa-
gen ſie, wir ſind doch nicht inſenſible, und ſie haben auch recht. Crom-
well, ob er gleich ſonſt ein fourbe geweſen, ſo hat er doch geſucht die bo-
nos imperantes zu imitiren, und hat wohl regieret, indem er alle occaſio-
nes peccandi geſucht aus dem Wege zu raͤumen. Er ſahe, daß die Ca-
naille, wenn ſie Zeit haͤtte, wuͤrde zuſammen lauffen, daher ordnete er,
des Sonnabends, Sonntags und Montags ſollte Kirche gehalten wer-
den, den Dienſtag, Mittwoch, Donnerſtag und Freytag muſten die
Leute arbeiten, und haben ſie alſo keine Gelegenheit gehabt zu con-
ſpiriren.
§. 8. Jubeat etiam Princeps ita, ut circumſtantias attendat loci,
temporis. Alle leges laſſen ſich nicht zu einer Zeit publiciren, und muß
alſo die Legislatio tempeſtiva ſeyn, ita, ut ferat populus. Geſchiehet es
præcipiti curſu, und nimis ſevere, ſo wird nichts draus. Ein Land, das
in einem groſſen luxu ſtecket, kan nicht auf einmahl davon abgebracht
werden. Wie Tiberius erinnert wurde, er ſollte den luxum auf heben,
ſo ſagte er, es waͤre noch nicht Zeit. Von einem extremo kan man
ohnmoͤglich auf das andere fallen. Gleichwie kein Menſch, der ruchloß
gelebet hat, ſich auf einmahl beſſern kan, ſo gehet es noch vielweniger
bey einer gantzen Republic an, vid. Oratio mea de reformatione rerum-
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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/206>, abgerufen am 26.07.2024.
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