Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.De vera cujuslibet status felicitate. kan nicht sagen, quod Christianismum exsibilet. Er hat endlich auch to-lerance admittiret, und gemeynet, die Severamber wären solche raisonna- ble Leute, daß sie auch andern verstatteten sich bey ihnen aufzuhalten, ob sie gleich nicht von ihrer Religion wären, er zeiget aber doch allezeit seinen dissensum. Daß man ihn aber Beyfall geben sollte, die Christ- liche Religion zu abandoniren, weil da viele Secten, gehet nicht an. Denn obgleich dieses ein abusus ist, so kan man doch deßwegen die Sa- che nicht gäntzlich verwerffen. Das andere aber hat er gescheuet fingi- ret, da er gesehen, meum & tuum parit omne bellum, und daß die dif- ferenz inter potentiores & minus potentiores sehr schädlich, so hat er ge- wiesen, es gienge ohnmöglich an, daß nicht differente status seyn sollten, aber er hat es so eingerichtet, daß keine charge erblich, sondern diejenigen werden nur employret, welche tüchtig, und werden auch versorget, nach ihrer capacite. Sie leben in communione, aber die communio ist gantz anders beschaffen, als man sich sonsten einbildet. Er hat gesehen, die communio ist nicht hinlänglich, wenn wir alle opes wollen zusammen bringen, denn wenn auch alles zusammen gebracht ist, einige arbeiten, einige arbeiten aber nicht, wer will lassen einen ignavum mit zehren, al- so hat er gemeynet: Die communio, so obenhin vorstellig gemacht, sine ordine, daure nicht. Er saget, es sey ein lex in der Republic, wer nicht arbeite, der solle des Todes sterben. Sie haben alle ihr distinctes Me- tier, aber alle werden versorget ex communione; da ist ein Schaffner, welcher sapiens ist, und alles austheilet, einem jeden nach seiner propor- tion, und nach seiner Arbeit; da ist ein jeder content. Da sie nun alle arbeiten, so wird keiner von seinem scopo entfernet. Er hat auch gewie- sen, wie die Heyrathen beschaffen sind, wie die Weiber nicht bloß choi- siret würden nach affection, sondern nach Gutachten des dispositoris, und derer seniorum in illo regno. Dergleichen Republic, wo eine sol- che Ordnung seyn soll, ist in der gantzen Welt nicht anzutreffen. Alle Politici haben darauf gedacht, ob sie nicht könnten optimam rempublicam depingere. Aristoteles hat auch ein Buch hievon geschrieben, welches aber verlohren gegangen. Er beziehet sich in seinen Schrifften hin und wieder darauf. Cyriacus Strozza hat den Aristotelem suppliren wollen, sed non omnibus satis fecit. Conring hat noch kurtz vor seinem Tode eine Dissertation gehalten, de recta in republica optima educatione & vita. Hertius hat auch in seiner Politic ein eigen Cap. de republica opti- ma. Er hat auch Part. II. pag. 31. & 32. eine recension von allen denen Büchern, so hieher gehören, unter andern referiret er hieher auch mit ein Buch, welches gar nicht dahin gehöret, nemlich des Francisci Baconis de Veru- P 2
De vera cujuslibet ſtatus felicitate. kan nicht ſagen, quod Chriſtianiſmum exſibilet. Er hat endlich auch to-lerance admittiret, und gemeynet, die Severamber waͤren ſolche raiſonna- ble Leute, daß ſie auch andern verſtatteten ſich bey ihnen aufzuhalten, ob ſie gleich nicht von ihrer Religion waͤren, er zeiget aber doch allezeit ſeinen diſſenſum. Daß man ihn aber Beyfall geben ſollte, die Chriſt- liche Religion zu abandoniren, weil da viele Secten, gehet nicht an. Denn obgleich dieſes ein abuſus iſt, ſo kan man doch deßwegen die Sa- che nicht gaͤntzlich verwerffen. Das andere aber hat er geſcheuet fingi- ret, da er geſehen, meum & tuum parit omne bellum, und daß die dif- ferenz inter potentiores & minus potentiores ſehr ſchaͤdlich, ſo hat er ge- wieſen, es gienge ohnmoͤglich an, daß nicht differente ſtatus ſeyn ſollten, aber er hat es ſo eingerichtet, daß keine charge erblich, ſondern diejenigen werden nur employret, welche tuͤchtig, und werden auch verſorget, nach ihrer capacité. Sie leben in communione, aber die communio iſt gantz anders beſchaffen, als man ſich ſonſten einbildet. Er hat geſehen, die communio iſt nicht hinlaͤnglich, wenn wir alle opes wollen zuſammen bringen, denn wenn auch alles zuſammen gebracht iſt, einige arbeiten, einige arbeiten aber nicht, wer will laſſen einen ignavum mit zehren, al- ſo hat er gemeynet: Die communio, ſo obenhin vorſtellig gemacht, ſine ordine, daure nicht. Er ſaget, es ſey ein lex in der Republic, wer nicht arbeite, der ſolle des Todes ſterben. Sie haben alle ihr diſtinctes Me- tier, aber alle werden verſorget ex communione; da iſt ein Schaffner, welcher ſapiens iſt, und alles austheilet, einem jeden nach ſeiner propor- tion, und nach ſeiner Arbeit; da iſt ein jeder content. Da ſie nun alle arbeiten, ſo wird keiner von ſeinem ſcopo entfernet. Er hat auch gewie- ſen, wie die Heyrathen beſchaffen ſind, wie die Weiber nicht bloß choi- ſiret wuͤrden nach affection, ſondern nach Gutachten des diſpoſitoris, und derer ſeniorum in illo regno. Dergleichen Republic, wo eine ſol- che Ordnung ſeyn ſoll, iſt in der gantzen Welt nicht anzutreffen. Alle Politici haben darauf gedacht, ob ſie nicht koͤnnten optimam rempublicam depingere. Ariſtoteles hat auch ein Buch hievon geſchrieben, welches aber verlohren gegangen. Er beziehet ſich in ſeinen Schrifften hin und wieder darauf. Cyriacus Strozza hat den Ariſtotelem ſuppliren wollen, ſed non omnibus ſatis fecit. Conring hat noch kurtz vor ſeinem Tode eine Diſſertation gehalten, de recta in republica optima educatione & vita. Hertius hat auch in ſeiner Politic ein eigen Cap. de republica opti- ma. Er hat auch Part. II. pag. 31. & 32. eine recenſion von allen denen Buͤchern, ſo hieher gehoͤren, unter andern referiret er hieher auch mit ein Buch, welches gar nicht dahin gehoͤret, nemlich des Franciſci Baconis de Veru- P 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0135" n="115"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">De vera cujuslibet ſtatus felicitate.</hi></fw><lb/> kan nicht ſagen, <hi rendition="#aq">quod Chriſtianiſmum exſibilet.</hi> Er hat endlich auch <hi rendition="#aq">to-<lb/> lerance admitti</hi>ret, und gemeynet, die <hi rendition="#aq">Severamber</hi> waͤren ſolche <hi rendition="#aq">raiſonna-<lb/> ble</hi> Leute, daß ſie auch andern verſtatteten ſich bey ihnen aufzuhalten,<lb/> ob ſie gleich nicht von ihrer Religion waͤren, er zeiget aber doch allezeit<lb/> ſeinen <hi rendition="#aq">diſſenſum.</hi> Daß man ihn aber Beyfall geben ſollte, die Chriſt-<lb/> liche Religion zu <hi rendition="#aq">abandoni</hi>ren, weil da viele Secten, gehet nicht an.<lb/> Denn obgleich dieſes ein <hi rendition="#aq">abuſus</hi> iſt, ſo kan man doch deßwegen die Sa-<lb/> che nicht gaͤntzlich verwerffen. Das andere aber hat er geſcheuet <hi rendition="#aq">fingi-</hi><lb/> ret, da er geſehen, <hi rendition="#aq">meum & tuum parit omne bellum,</hi> und daß die <hi rendition="#aq">dif-<lb/> ferenz inter potentiores & minus potentiores</hi> ſehr ſchaͤdlich, ſo hat er ge-<lb/> wieſen, es gienge ohnmoͤglich an, daß nicht <hi rendition="#aq">differente ſtatus</hi> ſeyn ſollten,<lb/> aber er hat es ſo eingerichtet, daß keine <hi rendition="#aq">charge</hi> erblich, ſondern diejenigen<lb/> werden nur <hi rendition="#aq">employ</hi>ret, welche tuͤchtig, und werden auch verſorget, nach<lb/> ihrer <hi rendition="#aq">capacité.</hi> Sie leben <hi rendition="#aq">in communione,</hi> aber die <hi rendition="#aq">communio</hi> iſt gantz<lb/> anders beſchaffen, als man ſich ſonſten einbildet. Er hat geſehen, die<lb/><hi rendition="#aq">communio</hi> iſt nicht hinlaͤnglich, wenn wir alle <hi rendition="#aq">opes</hi> wollen zuſammen<lb/> bringen, denn wenn auch alles zuſammen gebracht iſt, einige arbeiten,<lb/> einige arbeiten aber nicht, wer will laſſen einen <hi rendition="#aq">ignavum</hi> mit zehren, al-<lb/> ſo hat er gemeynet: Die <hi rendition="#aq">communio,</hi> ſo obenhin vorſtellig gemacht, <hi rendition="#aq">ſine<lb/> ordine,</hi> daure nicht. Er ſaget, es ſey ein <hi rendition="#aq">lex</hi> in der Republic, wer nicht<lb/> arbeite, der ſolle des Todes ſterben. Sie haben alle ihr <hi rendition="#aq">diſtinct</hi>es <hi rendition="#aq">Me-<lb/> tier,</hi> aber alle werden verſorget <hi rendition="#aq">ex communione;</hi> da iſt ein Schaffner,<lb/> welcher <hi rendition="#aq">ſapiens</hi> iſt, und alles austheilet, einem jeden nach ſeiner <hi rendition="#aq">propor-<lb/> tion,</hi> und nach ſeiner Arbeit; da iſt ein jeder <hi rendition="#aq">content.</hi> Da ſie nun alle<lb/> arbeiten, ſo wird keiner von ſeinem <hi rendition="#aq">ſcopo</hi> entfernet. Er hat auch gewie-<lb/> ſen, wie die Heyrathen beſchaffen ſind, wie die Weiber nicht bloß <hi rendition="#aq">choi-<lb/> ſi</hi>ret wuͤrden nach <hi rendition="#aq">affection,</hi> ſondern nach Gutachten des <hi rendition="#aq">diſpoſitoris,</hi> und<lb/> derer <hi rendition="#aq">ſeniorum in illo regno.</hi> Dergleichen Republic, wo eine ſol-<lb/> che Ordnung ſeyn ſoll, iſt in der gantzen Welt nicht anzutreffen. Alle<lb/><hi rendition="#aq">Politici</hi> haben darauf gedacht, ob ſie nicht koͤnnten <hi rendition="#aq">optimam rempublicam<lb/> depingere. Ariſtoteles</hi> hat auch ein Buch hievon geſchrieben, welches<lb/> aber verlohren gegangen. Er beziehet ſich in ſeinen Schrifften hin und<lb/> wieder darauf. <hi rendition="#aq">Cyriacus Strozza</hi> hat den <hi rendition="#aq">Ariſtotelem ſuppli</hi>ren wollen,<lb/><hi rendition="#aq">ſed non omnibus ſatis fecit. Conring</hi> hat noch kurtz vor ſeinem Tode<lb/> eine <hi rendition="#aq">Diſſertation</hi> gehalten, <hi rendition="#aq">de recta in republica optima educatione &<lb/> vita. Hertius</hi> hat auch in ſeiner <hi rendition="#aq">Politic</hi> ein eigen <hi rendition="#aq">Cap. de republica opti-<lb/> ma.</hi> Er hat auch <hi rendition="#aq">Part. II. pag. 31. &</hi> 32. eine <hi rendition="#aq">recenſion</hi> von allen denen<lb/> Buͤchern, ſo hieher gehoͤren, unter andern <hi rendition="#aq">referi</hi>ret er hieher auch mit ein<lb/> Buch, welches gar nicht dahin gehoͤret, nemlich des <hi rendition="#aq">Franciſci Baconis de</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">P 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Veru-</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0135]
De vera cujuslibet ſtatus felicitate.
kan nicht ſagen, quod Chriſtianiſmum exſibilet. Er hat endlich auch to-
lerance admittiret, und gemeynet, die Severamber waͤren ſolche raiſonna-
ble Leute, daß ſie auch andern verſtatteten ſich bey ihnen aufzuhalten,
ob ſie gleich nicht von ihrer Religion waͤren, er zeiget aber doch allezeit
ſeinen diſſenſum. Daß man ihn aber Beyfall geben ſollte, die Chriſt-
liche Religion zu abandoniren, weil da viele Secten, gehet nicht an.
Denn obgleich dieſes ein abuſus iſt, ſo kan man doch deßwegen die Sa-
che nicht gaͤntzlich verwerffen. Das andere aber hat er geſcheuet fingi-
ret, da er geſehen, meum & tuum parit omne bellum, und daß die dif-
ferenz inter potentiores & minus potentiores ſehr ſchaͤdlich, ſo hat er ge-
wieſen, es gienge ohnmoͤglich an, daß nicht differente ſtatus ſeyn ſollten,
aber er hat es ſo eingerichtet, daß keine charge erblich, ſondern diejenigen
werden nur employret, welche tuͤchtig, und werden auch verſorget, nach
ihrer capacité. Sie leben in communione, aber die communio iſt gantz
anders beſchaffen, als man ſich ſonſten einbildet. Er hat geſehen, die
communio iſt nicht hinlaͤnglich, wenn wir alle opes wollen zuſammen
bringen, denn wenn auch alles zuſammen gebracht iſt, einige arbeiten,
einige arbeiten aber nicht, wer will laſſen einen ignavum mit zehren, al-
ſo hat er gemeynet: Die communio, ſo obenhin vorſtellig gemacht, ſine
ordine, daure nicht. Er ſaget, es ſey ein lex in der Republic, wer nicht
arbeite, der ſolle des Todes ſterben. Sie haben alle ihr diſtinctes Me-
tier, aber alle werden verſorget ex communione; da iſt ein Schaffner,
welcher ſapiens iſt, und alles austheilet, einem jeden nach ſeiner propor-
tion, und nach ſeiner Arbeit; da iſt ein jeder content. Da ſie nun alle
arbeiten, ſo wird keiner von ſeinem ſcopo entfernet. Er hat auch gewie-
ſen, wie die Heyrathen beſchaffen ſind, wie die Weiber nicht bloß choi-
ſiret wuͤrden nach affection, ſondern nach Gutachten des diſpoſitoris, und
derer ſeniorum in illo regno. Dergleichen Republic, wo eine ſol-
che Ordnung ſeyn ſoll, iſt in der gantzen Welt nicht anzutreffen. Alle
Politici haben darauf gedacht, ob ſie nicht koͤnnten optimam rempublicam
depingere. Ariſtoteles hat auch ein Buch hievon geſchrieben, welches
aber verlohren gegangen. Er beziehet ſich in ſeinen Schrifften hin und
wieder darauf. Cyriacus Strozza hat den Ariſtotelem ſuppliren wollen,
ſed non omnibus ſatis fecit. Conring hat noch kurtz vor ſeinem Tode
eine Diſſertation gehalten, de recta in republica optima educatione &
vita. Hertius hat auch in ſeiner Politic ein eigen Cap. de republica opti-
ma. Er hat auch Part. II. pag. 31. & 32. eine recenſion von allen denen
Buͤchern, ſo hieher gehoͤren, unter andern referiret er hieher auch mit ein
Buch, welches gar nicht dahin gehoͤret, nemlich des Franciſci Baconis de
Veru-
P 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |