Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.De vera cujuslibet status felicitate. gewesen. Die Respublica Iudaica aber war von einer race, sie kommenalle von Jacob. Wenn wir auch nichts aus der Bibel zu lernen hät- ten, so sind doch die leges forenses eine causa impulsiva, dieselbe fleißig zu lesen; nicht zu gedencken, daß wir viam ad salutem darinnen finden. In der höchsten perfection findet man keine Republic, als die rempublicam Iudaicam: Denn das war eine race; daher konnte man ihnen leges uni- formes geben, und weil es eine race, so hat GOtt gesuchet, eine Gleich- heit unter ihnen zu erhalten. Es muste ein jeder was haben, und konn- te einer nicht reicher und nicht ärmer werden, wenn er sich nicht durch seinen Fleiß etwas zu wege gebracht. Es war kein Edler und kein Un- edler in der Jüdischen Republic; Sie hatten einerley profession, und waren Acker-Leute; hatten nur solche Handwercker, welche höchst noth- wendig waren; alle andere artes, so contra scopum, haben sie nicht ge- habt. Es war eine Republic, welche nicht suchte conquetten zu machen, sondern suchten sich nur zu conserviren. Weil das Jüdische Volck in Egypten gewesen, und die Egyptier grosse Abgötter waren, so war es auch sehr zur Abgötterey geneigt. Das braucht keines Beweises, wir sehen in der Bibel, daß sie das güldene Kalb angebethet. GOtt hat nun gesucht, alle Gelegenheit der Abgötterey abzuschneiden; daher weil sie doch denen Ceremonien sehr ergeben waren, und ein populus imita- tor omnium vanitatum war, so hat er ihnen viele Ceremonien gelassen; aber dieselben von aller Abgötterey gereiniget. Weil das Volck sehr wollüstig gewesen, so hat er sie mit so vielen Ceremonien überhäuffet, daß sie immer in Arbeit erhalten worden, ne forte traducerentur ad id, quod viderant in AEgypto. Das ist wohl die Haupt-Absicht gewesen, bey denen vielen Ceremonien. Man siehet auch noch, daß ein Jude viel zu thun hat, wenn er alles thun will, was in denen Gesetzen vorgeschrieben. Da sie nun wollüstig, und auch Liebhaber der Music waren, so siehet man, daß der cultus mit vielen Pomp und Music angestellet worden, wie Fleury gar artig angeführet. Denn da sonst die Leute sich suchen extra ecclesiam lustig zu machen, so ist hier die Music bey geistlichen Dingen ge- brauchet worden. Nun ist aber kein Zweiffel, daß GOtt bey den cere- monieusen Cultu auch noch andere Absichten gehabt, und daß solcher mit sollte ein Fürbild auf CHristum seyn, unterdessen ist doch der ande- re scopus nicht zu negiren: Denn unius rei plures possunt esse causae. Hier kan man den Spener de ritibus Hebraeorum lesen, welcher mit einem grossen Verstand geschrieben, darinnen aber fehlet Spener, daß er negi- ret, die Ceremonien wären bloß deßwegen gegeben worden, um den po- pulum abzuhalten, daß er nicht auf die Egyptische Abgötterey fallen möch- te, O 2
De vera cujuslibet ſtatus felicitate. geweſen. Die Respublica Iudaica aber war von einer race, ſie kommenalle von Jacob. Wenn wir auch nichts aus der Bibel zu lernen haͤt- ten, ſo ſind doch die leges forenſes eine cauſa impulſiva, dieſelbe fleißig zu leſen; nicht zu gedencken, daß wir viam ad ſalutem darinnen finden. In der hoͤchſten perfection findet man keine Republic, als die rempublicam Iudaicam: Denn das war eine race; daher konnte man ihnen leges uni- formes geben, und weil es eine race, ſo hat GOtt geſuchet, eine Gleich- heit unter ihnen zu erhalten. Es muſte ein jeder was haben, und konn- te einer nicht reicher und nicht aͤrmer werden, wenn er ſich nicht durch ſeinen Fleiß etwas zu wege gebracht. Es war kein Edler und kein Un- edler in der Juͤdiſchen Republic; Sie hatten einerley profeſſion, und waren Acker-Leute; hatten nur ſolche Handwercker, welche hoͤchſt noth- wendig waren; alle andere artes, ſo contra ſcopum, haben ſie nicht ge- habt. Es war eine Republic, welche nicht ſuchte conquetten zu machen, ſondern ſuchten ſich nur zu conſerviren. Weil das Juͤdiſche Volck in Egypten geweſen, und die Egyptier groſſe Abgoͤtter waren, ſo war es auch ſehr zur Abgoͤtterey geneigt. Das braucht keines Beweiſes, wir ſehen in der Bibel, daß ſie das guͤldene Kalb angebethet. GOtt hat nun geſucht, alle Gelegenheit der Abgoͤtterey abzuſchneiden; daher weil ſie doch denen Ceremonien ſehr ergeben waren, und ein populus imita- tor omnium vanitatum war, ſo hat er ihnen viele Ceremonien gelaſſen; aber dieſelben von aller Abgoͤtterey gereiniget. Weil das Volck ſehr wolluͤſtig geweſen, ſo hat er ſie mit ſo vielen Ceremonien uͤberhaͤuffet, daß ſie immer in Arbeit erhalten worden, ne forte traducerentur ad id, quod viderant in Ægypto. Das iſt wohl die Haupt-Abſicht geweſen, bey denen vielen Ceremonien. Man ſiehet auch noch, daß ein Jude viel zu thun hat, wenn er alles thun will, was in denen Geſetzen vorgeſchrieben. Da ſie nun wolluͤſtig, und auch Liebhaber der Muſic waren, ſo ſiehet man, daß der cultus mit vielen Pomp und Muſic angeſtellet worden, wie Fleury gar artig angefuͤhret. Denn da ſonſt die Leute ſich ſuchen extra eccleſiam luſtig zu machen, ſo iſt hier die Muſic bey geiſtlichen Dingen ge- brauchet worden. Nun iſt aber kein Zweiffel, daß GOtt bey den cere- monieuſen Cultu auch noch andere Abſichten gehabt, und daß ſolcher mit ſollte ein Fuͤrbild auf CHriſtum ſeyn, unterdeſſen iſt doch der ande- re ſcopus nicht zu negiren: Denn unius rei plures poſſunt eſſe cauſæ. Hier kan man den Spener de ritibus Hebræorum leſen, welcher mit einem groſſen Verſtand geſchrieben, darinnen aber fehlet Spener, daß er negi- ret, die Ceremonien waͤren bloß deßwegen gegeben worden, um den po- pulum abzuhalten, daß er nicht auf die Egyptiſche Abgoͤtterey fallen moͤch- te, O 2
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De vera cujuslibet ſtatus felicitate.
geweſen. Die Respublica Iudaica aber war von einer race, ſie kommen
alle von Jacob. Wenn wir auch nichts aus der Bibel zu lernen haͤt-
ten, ſo ſind doch die leges forenſes eine cauſa impulſiva, dieſelbe fleißig zu
leſen; nicht zu gedencken, daß wir viam ad ſalutem darinnen finden. In
der hoͤchſten perfection findet man keine Republic, als die rempublicam
Iudaicam: Denn das war eine race; daher konnte man ihnen leges uni-
formes geben, und weil es eine race, ſo hat GOtt geſuchet, eine Gleich-
heit unter ihnen zu erhalten. Es muſte ein jeder was haben, und konn-
te einer nicht reicher und nicht aͤrmer werden, wenn er ſich nicht durch
ſeinen Fleiß etwas zu wege gebracht. Es war kein Edler und kein Un-
edler in der Juͤdiſchen Republic; Sie hatten einerley profeſſion, und
waren Acker-Leute; hatten nur ſolche Handwercker, welche hoͤchſt noth-
wendig waren; alle andere artes, ſo contra ſcopum, haben ſie nicht ge-
habt. Es war eine Republic, welche nicht ſuchte conquetten zu machen,
ſondern ſuchten ſich nur zu conſerviren. Weil das Juͤdiſche Volck in
Egypten geweſen, und die Egyptier groſſe Abgoͤtter waren, ſo war es
auch ſehr zur Abgoͤtterey geneigt. Das braucht keines Beweiſes, wir
ſehen in der Bibel, daß ſie das guͤldene Kalb angebethet. GOtt hat
nun geſucht, alle Gelegenheit der Abgoͤtterey abzuſchneiden; daher weil
ſie doch denen Ceremonien ſehr ergeben waren, und ein populus imita-
tor omnium vanitatum war, ſo hat er ihnen viele Ceremonien gelaſſen;
aber dieſelben von aller Abgoͤtterey gereiniget. Weil das Volck ſehr
wolluͤſtig geweſen, ſo hat er ſie mit ſo vielen Ceremonien uͤberhaͤuffet,
daß ſie immer in Arbeit erhalten worden, ne forte traducerentur ad id,
quod viderant in Ægypto. Das iſt wohl die Haupt-Abſicht geweſen,
bey denen vielen Ceremonien. Man ſiehet auch noch, daß ein Jude viel
zu thun hat, wenn er alles thun will, was in denen Geſetzen vorgeſchrieben.
Da ſie nun wolluͤſtig, und auch Liebhaber der Muſic waren, ſo ſiehet
man, daß der cultus mit vielen Pomp und Muſic angeſtellet worden, wie
Fleury gar artig angefuͤhret. Denn da ſonſt die Leute ſich ſuchen extra
eccleſiam luſtig zu machen, ſo iſt hier die Muſic bey geiſtlichen Dingen ge-
brauchet worden. Nun iſt aber kein Zweiffel, daß GOtt bey den cere-
monieuſen Cultu auch noch andere Abſichten gehabt, und daß ſolcher
mit ſollte ein Fuͤrbild auf CHriſtum ſeyn, unterdeſſen iſt doch der ande-
re ſcopus nicht zu negiren: Denn unius rei plures poſſunt eſſe cauſæ.
Hier kan man den Spener de ritibus Hebræorum leſen, welcher mit einem
groſſen Verſtand geſchrieben, darinnen aber fehlet Spener, daß er negi-
ret, die Ceremonien waͤren bloß deßwegen gegeben worden, um den po-
pulum abzuhalten, daß er nicht auf die Egyptiſche Abgoͤtterey fallen moͤch-
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