Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.quae homines in omnibus statibus premunt. libertatis haben, daher ließ er dem Könige den Kopff herunter reissen,und wurde der fourbe Protector. Wie auch das Todes-Urtheil gefället worden, so haben die Enthusiasten geweinet, und sich gewundert über die gerechte Gerichte GOttes. Man kan hierbey nachlesen des Arnolds Kir- chen- und Ketzer-Historie. Simon Schardius in Script. Rer. Germ. hat auch Nachricht davon gegeben. Perizonius aber hat es am besten vorstellig gemacht, der saget auch, es sey besser, einen Atheisten zu toleriren, als ei- nen Quacker; ich glaube es auch, denn ein Atheist hat keinen furorem, der raisonnirt noch, aber ein Enthusiast hat einen furorem, deswegen muß man solche nicht leiden, will man sie nicht todt machen, oder fort- jagen, thue man sie ins Gefängniß, ins Zucht-Haus, da gehet das Ge- blüth fein unter einander, wenn sie arbeiten, und wenn eine extasis kommt, sey man mit der Geissel hinter her, da wird sie sich bald verliehren. Es ist keiner ein Enthusiast, der nicht etwas vom temperamento melancho- lico hat, und ein solcher hat kein judicium; daher fället er auf solche Dinge. Wer die Historie gelesen hat, hält nichts von Quackern; das hat auch der Autor erkannt: nur hat er gemeynet, wenn sie so bey ihren Meyungen blieben, so wäre es nichts gefährliches. Er hat sich auch durch den Barclajum verführen lassen, welcher die Enthusiastischen princi- pia in ein systema gebracht. Man muß auch nicht gleich die Leute für Quacker halten. Weil gedacht worden, daß Perizonius gemeynet, es wäre besser Atheos in der Republica zu dulden, als Quacker, so entstehet die Frage, was von der Republica Atheorum zu halten? Clerc, Bernard, und Bayle haben hierüber gestritten, das ist eben die Ursach, warum auch so viele Tomi in des Bayle Responfes faites aux questions d'un Provincal gefolget; Bayle hat in seinen Diction. Hist. Crit. behauptet: Respublica Atheorum würde ruhiger seyn, als Respublica superstitiosorum. Die superstitiosos hat er angesehen, wie wir hier die Quacker consideriren. Er sagt, man sehe dieses bey denen Catholiquen. So bald ein Herr ü- berwieget, aus der balance tritt, so hetzt der Pabst ihn an, andere zu un- terdrucken. In Republica Atheorum meynet er, gienge es nicht so her. Es fraget sich aber: an unquam fuerit Respublica Atheorum, und an pos- sit consistere talis respublica? Was die erste Frage anlanget, so hat Bay- le solche mit vielen Exempeln bewiesen, denn es gibt gantze Königreiche, die von GOtt nichts wissen. Das haben auch seine adversarii zugege- ben. Die im Reich von Siam sind alle Atheisten, so ist es auch in Chi- na. Gewiß ist also, quod dentur respublicae Atheorum, aber die Frage ist: ob eine solche respublica könne glücklich leben. Der Clerc, Bernard und Bayle waren in Affecten: Denn Clerc hat dem Bayle noch zum Athei- sten
quæ homines in omnibus ſtatibus premunt. libertatis haben, daher ließ er dem Koͤnige den Kopff herunter reiſſen,und wurde der fourbe Protector. Wie auch das Todes-Urtheil gefaͤllet worden, ſo haben die Enthuſiaſten geweinet, und ſich gewundert uͤber die gerechte Gerichte GOttes. Man kan hierbey nachleſen des Arnolds Kir- chen- und Ketzer-Hiſtorie. Simon Schardius in Script. Rer. Germ. hat auch Nachricht davon gegeben. Perizonius aber hat es am beſten vorſtellig gemacht, der ſaget auch, es ſey beſſer, einen Atheiſten zu toleriren, als ei- nen Quacker; ich glaube es auch, denn ein Atheiſt hat keinen furorem, der raiſonnirt noch, aber ein Enthuſiaſt hat einen furorem, deswegen muß man ſolche nicht leiden, will man ſie nicht todt machen, oder fort- jagen, thue man ſie ins Gefaͤngniß, ins Zucht-Haus, da gehet das Ge- bluͤth fein unter einander, wenn ſie arbeiten, und wenn eine extaſis kommt, ſey man mit der Geiſſel hinter her, da wird ſie ſich bald verliehren. Es iſt keiner ein Enthuſiaſt, der nicht etwas vom temperamento melancho- lico hat, und ein ſolcher hat kein judicium; daher faͤllet er auf ſolche Dinge. Wer die Hiſtorie geleſen hat, haͤlt nichts von Quackern; das hat auch der Autor erkannt: nur hat er gemeynet, wenn ſie ſo bey ihren Meyungen blieben, ſo waͤre es nichts gefaͤhrliches. Er hat ſich auch durch den Barclajum verfuͤhren laſſen, welcher die Enthuſiaſtiſchen princi- pia in ein ſyſtema gebracht. Man muß auch nicht gleich die Leute fuͤr Quacker halten. Weil gedacht worden, daß Perizonius gemeynet, es waͤre beſſer Atheos in der Republica zu dulden, als Quacker, ſo entſtehet die Frage, was von der Republica Atheorum zu halten? Clerc, Bernard, und Bayle haben hieruͤber geſtritten, das iſt eben die Urſach, warum auch ſo viele Tomi in des Bayle Reſponfes faites aux queſtions d’un Provinçal gefolget; Bayle hat in ſeinen Diction. Hiſt. Crit. behauptet: Respublica Atheorum wuͤrde ruhiger ſeyn, als Respublica ſuperſtitioſorum. Die ſuperſtitioſos hat er angeſehen, wie wir hier die Quacker conſideriren. Er ſagt, man ſehe dieſes bey denen Catholiquen. So bald ein Herr uͤ- berwieget, aus der balance tritt, ſo hetzt der Pabſt ihn an, andere zu un- terdrucken. In Republica Atheorum meynet er, gienge es nicht ſo her. Es fraget ſich aber: an unquam fuerit Respublica Atheorum, und an poſ- ſit conſiſtere talis respublica? Was die erſte Frage anlanget, ſo hat Bay- le ſolche mit vielen Exempeln bewieſen, denn es gibt gantze Koͤnigreiche, die von GOtt nichts wiſſen. Das haben auch ſeine adverſarii zugege- ben. Die im Reich von Siam ſind alle Atheiſten, ſo iſt es auch in Chi- na. Gewiß iſt alſo, quod dentur respublicæ Atheorum, aber die Frage iſt: ob eine ſolche respublica koͤnne gluͤcklich leben. Der Clerc, Bernard und Bayle waren in Affecten: Denn Clerc hat dem Bayle noch zum Athei- ſten
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0107" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">quæ homines in omnibus ſtatibus premunt.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">libertatis</hi> haben, daher ließ er dem Koͤnige den Kopff herunter reiſſen,<lb/> und wurde der <hi rendition="#aq">fourbe Protector.</hi> Wie auch das Todes-Urtheil gefaͤllet<lb/> worden, ſo haben die <hi rendition="#aq">Enthuſiaſt</hi>en geweinet, und ſich gewundert uͤber die<lb/> gerechte Gerichte GOttes. Man kan hierbey nachleſen des <hi rendition="#aq">Arnolds</hi> Kir-<lb/> chen- und Ketzer-Hiſtorie. <hi rendition="#aq">Simon Schardius</hi> in <hi rendition="#aq">Script. Rer. Germ.</hi> hat auch<lb/> Nachricht davon gegeben. <hi rendition="#aq">Perizonius</hi> aber hat es am beſten vorſtellig<lb/> gemacht, der ſaget auch, es ſey beſſer, einen <hi rendition="#aq">Athei</hi>ſten zu <hi rendition="#aq">toleri</hi>ren, als ei-<lb/> nen Quacker; ich glaube es auch, denn ein <hi rendition="#aq">Atheiſt</hi> hat keinen <hi rendition="#aq">furorem,</hi><lb/> der <hi rendition="#aq">raiſonni</hi>rt noch, aber ein <hi rendition="#aq">Enthuſiaſt</hi> hat einen <hi rendition="#aq">furorem,</hi> deswegen<lb/> muß man ſolche nicht leiden, will man ſie nicht todt machen, oder fort-<lb/> jagen, thue man ſie ins Gefaͤngniß, ins Zucht-Haus, da gehet das Ge-<lb/> bluͤth fein unter einander, wenn ſie arbeiten, und wenn eine <hi rendition="#aq">extaſis</hi> kommt,<lb/> ſey man mit der Geiſſel hinter her, da wird ſie ſich bald verliehren. Es<lb/> iſt keiner ein <hi rendition="#aq">Enthuſiaſt,</hi> der nicht etwas vom <hi rendition="#aq">temperamento melancho-<lb/> lico</hi> hat, und ein ſolcher hat kein <hi rendition="#aq">judicium;</hi> daher faͤllet er auf ſolche<lb/> Dinge. Wer die Hiſtorie geleſen hat, haͤlt nichts von Quackern; das<lb/> hat auch der <hi rendition="#aq">Autor</hi> erkannt: nur hat er gemeynet, wenn ſie ſo bey ihren<lb/> Meyungen blieben, ſo waͤre es nichts gefaͤhrliches. Er hat ſich auch<lb/> durch den <hi rendition="#aq">Barclajum</hi> verfuͤhren laſſen, welcher die <hi rendition="#aq">Enthuſia</hi>ſtiſchen <hi rendition="#aq">princi-<lb/> pia</hi> in ein <hi rendition="#aq">ſyſtema</hi> gebracht. Man muß auch nicht gleich die Leute fuͤr<lb/> Quacker halten. Weil gedacht worden, daß <hi rendition="#aq">Perizonius</hi> gemeynet, es<lb/> waͤre beſſer <hi rendition="#aq">Atheos</hi> in der <hi rendition="#aq">Republica</hi> zu dulden, als Quacker, ſo entſtehet<lb/> die Frage, was von der <hi rendition="#aq">Republica Atheorum</hi> zu halten? <hi rendition="#aq">Clerc, Bernard,</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">Bayle</hi> haben hieruͤber geſtritten, das iſt eben die Urſach, warum auch<lb/> ſo viele <hi rendition="#aq">Tomi</hi> in des <hi rendition="#aq">Bayle Reſponfes faites aux queſtions d’un Provinçal</hi><lb/> gefolget; <hi rendition="#aq">Bayle</hi> hat in ſeinen <hi rendition="#aq">Diction. Hiſt. Crit.</hi> behauptet: <hi rendition="#aq">Respublica<lb/> Atheorum</hi> wuͤrde ruhiger ſeyn, als <hi rendition="#aq">Respublica ſuperſtitioſorum.</hi> Die<lb/><hi rendition="#aq">ſuperſtitioſos</hi> hat er angeſehen, wie wir hier die Quacker <hi rendition="#aq">conſideri</hi>ren.<lb/> Er ſagt, man ſehe dieſes bey denen <hi rendition="#aq">Catholiqu</hi>en. So bald ein Herr uͤ-<lb/> berwieget, aus der <hi rendition="#aq">balance</hi> tritt, ſo hetzt der Pabſt ihn an, andere zu un-<lb/> terdrucken. In <hi rendition="#aq">Republica Atheorum</hi> meynet er, gienge es nicht ſo her.<lb/> Es fraget ſich aber: <hi rendition="#aq">an unquam fuerit Respublica Atheorum,</hi> und <hi rendition="#aq">an poſ-<lb/> ſit conſiſtere talis respublica?</hi> Was die erſte Frage anlanget, ſo hat <hi rendition="#aq">Bay-<lb/> le</hi> ſolche mit vielen Exempeln bewieſen, denn es gibt gantze Koͤnigreiche,<lb/> die von GOtt nichts wiſſen. Das haben auch ſeine <hi rendition="#aq">adverſarii</hi> zugege-<lb/> ben. Die im Reich von <hi rendition="#aq">Siam</hi> ſind alle Atheiſten, ſo iſt es auch in Chi-<lb/> na. Gewiß iſt alſo, <hi rendition="#aq">quod dentur respublicæ Atheorum,</hi> aber die Frage<lb/> iſt: ob eine ſolche <hi rendition="#aq">respublica</hi> koͤnne gluͤcklich leben. Der <hi rendition="#aq">Clerc, Bernard</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">Bayle</hi> waren in <hi rendition="#aq">Affecten:</hi> Denn <hi rendition="#aq">Clerc</hi> hat dem <hi rendition="#aq">Bayle</hi> noch zum Athei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſten</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [87/0107]
quæ homines in omnibus ſtatibus premunt.
libertatis haben, daher ließ er dem Koͤnige den Kopff herunter reiſſen,
und wurde der fourbe Protector. Wie auch das Todes-Urtheil gefaͤllet
worden, ſo haben die Enthuſiaſten geweinet, und ſich gewundert uͤber die
gerechte Gerichte GOttes. Man kan hierbey nachleſen des Arnolds Kir-
chen- und Ketzer-Hiſtorie. Simon Schardius in Script. Rer. Germ. hat auch
Nachricht davon gegeben. Perizonius aber hat es am beſten vorſtellig
gemacht, der ſaget auch, es ſey beſſer, einen Atheiſten zu toleriren, als ei-
nen Quacker; ich glaube es auch, denn ein Atheiſt hat keinen furorem,
der raiſonnirt noch, aber ein Enthuſiaſt hat einen furorem, deswegen
muß man ſolche nicht leiden, will man ſie nicht todt machen, oder fort-
jagen, thue man ſie ins Gefaͤngniß, ins Zucht-Haus, da gehet das Ge-
bluͤth fein unter einander, wenn ſie arbeiten, und wenn eine extaſis kommt,
ſey man mit der Geiſſel hinter her, da wird ſie ſich bald verliehren. Es
iſt keiner ein Enthuſiaſt, der nicht etwas vom temperamento melancho-
lico hat, und ein ſolcher hat kein judicium; daher faͤllet er auf ſolche
Dinge. Wer die Hiſtorie geleſen hat, haͤlt nichts von Quackern; das
hat auch der Autor erkannt: nur hat er gemeynet, wenn ſie ſo bey ihren
Meyungen blieben, ſo waͤre es nichts gefaͤhrliches. Er hat ſich auch
durch den Barclajum verfuͤhren laſſen, welcher die Enthuſiaſtiſchen princi-
pia in ein ſyſtema gebracht. Man muß auch nicht gleich die Leute fuͤr
Quacker halten. Weil gedacht worden, daß Perizonius gemeynet, es
waͤre beſſer Atheos in der Republica zu dulden, als Quacker, ſo entſtehet
die Frage, was von der Republica Atheorum zu halten? Clerc, Bernard,
und Bayle haben hieruͤber geſtritten, das iſt eben die Urſach, warum auch
ſo viele Tomi in des Bayle Reſponfes faites aux queſtions d’un Provinçal
gefolget; Bayle hat in ſeinen Diction. Hiſt. Crit. behauptet: Respublica
Atheorum wuͤrde ruhiger ſeyn, als Respublica ſuperſtitioſorum. Die
ſuperſtitioſos hat er angeſehen, wie wir hier die Quacker conſideriren.
Er ſagt, man ſehe dieſes bey denen Catholiquen. So bald ein Herr uͤ-
berwieget, aus der balance tritt, ſo hetzt der Pabſt ihn an, andere zu un-
terdrucken. In Republica Atheorum meynet er, gienge es nicht ſo her.
Es fraget ſich aber: an unquam fuerit Respublica Atheorum, und an poſ-
ſit conſiſtere talis respublica? Was die erſte Frage anlanget, ſo hat Bay-
le ſolche mit vielen Exempeln bewieſen, denn es gibt gantze Koͤnigreiche,
die von GOtt nichts wiſſen. Das haben auch ſeine adverſarii zugege-
ben. Die im Reich von Siam ſind alle Atheiſten, ſo iſt es auch in Chi-
na. Gewiß iſt alſo, quod dentur respublicæ Atheorum, aber die Frage
iſt: ob eine ſolche respublica koͤnne gluͤcklich leben. Der Clerc, Bernard
und Bayle waren in Affecten: Denn Clerc hat dem Bayle noch zum Athei-
ſten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |