*]Dan. Maichelii diss. de genuina dominii notione de- que ejus diversis acquirendi modis praesertim deriva- tivis, Tubing. 1740.
§. 2. Recht zur Veräusserung.
Die Frage ist nicht, ob und in wie ferne dem Re- genten eines Staats, nach Beschaffenheit der Lande, die er erb- und eigenthümlich [Patrimonialreiche] oder nicht besitzt, das Recht der Veräusserung, vermöge der innern Verhältnisse, zustehe? Dies muß nach den Vor- schriften der verschiedenen Staatsgrundgesetze und Ver- fassungen eines ieden Staats überhaupt, auch allenfals nach den Grundsätzen des algemeinen Staatsrechts be- urteilt und entschieden werden; a] sondern es komt hier darauf an: ob, wenn dieienigen, welchen es nach der innern Staatsverfassung zukomt, eine Landesveräusse- rung vornehmen wollen, andere Nazionen sich derselben widersetzen können? Da ieder mit seinem Eigenthum nach Gefallen alle mögliche Handlungen vornehmen kann und niemand befugt ist, sich in dieselbe zu mischen, wenn ihm kein Unrecht dadurch geschieht, so ist auch kein Zweifel, daß ein freies Volk wilkührlich über seine eigenthümlichen Lande schalten und sie, nach Gutbefin- den, wie und an welche Nazion es will, veräussern könne, es müste denn durch Verträge sich seines natür- lichen Rechts überhaupt, b] oder auch nur in Absicht gewisser Nazionen c] begeben, oder einem Volke ein besonderes Vorrecht eingeräumt d] oder endlich andere Völker sonst ein gegründetes Recht zum Widerspruch erlangt haben e].
a] Indes zählte Papst Klemens VII. den König Franz I. von Frankreich auch von seinen Eide: die Güter der
Von Erlangung des Eigenthums von andern ꝛc.
*]Dan. Maichelii diſſ. de genuina dominii notione de- que ejus diverſis acquirendi modis praeſertim deriva- tivis, Tubing. 1740.
§. 2. Recht zur Veraͤuſſerung.
Die Frage iſt nicht, ob und in wie ferne dem Re- genten eines Staats, nach Beſchaffenheit der Lande, die er erb- und eigenthuͤmlich [Patrimonialreiche] oder nicht beſitzt, das Recht der Veraͤuſſerung, vermoͤge der innern Verhaͤltniſſe, zuſtehe? Dies muß nach den Vor- ſchriften der verſchiedenen Staatsgrundgeſetze und Ver- faſſungen eines ieden Staats uͤberhaupt, auch allenfals nach den Grundſaͤtzen des algemeinen Staatsrechts be- urteilt und entſchieden werden; a] ſondern es komt hier darauf an: ob, wenn dieienigen, welchen es nach der innern Staatsverfaſſung zukomt, eine Landesveraͤuſſe- rung vornehmen wollen, andere Nazionen ſich derſelben widerſetzen koͤnnen? Da ieder mit ſeinem Eigenthum nach Gefallen alle moͤgliche Handlungen vornehmen kann und niemand befugt iſt, ſich in dieſelbe zu miſchen, wenn ihm kein Unrecht dadurch geſchieht, ſo iſt auch kein Zweifel, daß ein freies Volk wilkuͤhrlich uͤber ſeine eigenthuͤmlichen Lande ſchalten und ſie, nach Gutbefin- den, wie und an welche Nazion es will, veraͤuſſern koͤnne, es muͤſte denn durch Vertraͤge ſich ſeines natuͤr- lichen Rechts uͤberhaupt, b] oder auch nur in Abſicht gewiſſer Nazionen c] begeben, oder einem Volke ein beſonderes Vorrecht eingeraͤumt d] oder endlich andere Voͤlker ſonſt ein gegruͤndetes Recht zum Widerſpruch erlangt haben e].
a] Indes zaͤhlte Papſt Klemens VII. den Koͤnig Franz I. von Frankreich auch von ſeinen Eide: die Guͤter der
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Von Erlangung des Eigenthums von andern ꝛc.
*] Dan. Maichelii diſſ. de genuina dominii notione de-
que ejus diverſis acquirendi modis praeſertim deriva-
tivis, Tubing. 1740.
§. 2.
Recht zur Veraͤuſſerung.
Die Frage iſt nicht, ob und in wie ferne dem Re-
genten eines Staats, nach Beſchaffenheit der Lande,
die er erb- und eigenthuͤmlich [Patrimonialreiche] oder
nicht beſitzt, das Recht der Veraͤuſſerung, vermoͤge der
innern Verhaͤltniſſe, zuſtehe? Dies muß nach den Vor-
ſchriften der verſchiedenen Staatsgrundgeſetze und Ver-
faſſungen eines ieden Staats uͤberhaupt, auch allenfals
nach den Grundſaͤtzen des algemeinen Staatsrechts be-
urteilt und entſchieden werden; a] ſondern es komt hier
darauf an: ob, wenn dieienigen, welchen es nach der
innern Staatsverfaſſung zukomt, eine Landesveraͤuſſe-
rung vornehmen wollen, andere Nazionen ſich derſelben
widerſetzen koͤnnen? Da ieder mit ſeinem Eigenthum
nach Gefallen alle moͤgliche Handlungen vornehmen
kann und niemand befugt iſt, ſich in dieſelbe zu miſchen,
wenn ihm kein Unrecht dadurch geſchieht, ſo iſt auch
kein Zweifel, daß ein freies Volk wilkuͤhrlich uͤber ſeine
eigenthuͤmlichen Lande ſchalten und ſie, nach Gutbefin-
den, wie und an welche Nazion es will, veraͤuſſern
koͤnne, es muͤſte denn durch Vertraͤge ſich ſeines natuͤr-
lichen Rechts uͤberhaupt, b] oder auch nur in Abſicht
gewiſſer Nazionen c] begeben, oder einem Volke ein
beſonderes Vorrecht eingeraͤumt d] oder endlich andere
Voͤlker ſonſt ein gegruͤndetes Recht zum Widerſpruch
erlangt haben e].
a] Indes zaͤhlte Papſt Klemens VII. den Koͤnig Franz I.
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/91>, abgerufen am 27.11.2024.
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