Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

und andern Ehrenzeichen der Regenten.
zutage unter den europäischen Nazionen angenommenen
Grundsätzen, ihr nicht verwehrt werden, sich künftig
einer höheren Titulatur zu bedienen, als sie bisher ge-
führt hat a], oder dem Lande eine andere Benennung
zu geben etc. b]. Jedoch dürfen sie dabey den Rechten
anderer nicht zu nahe treten und etwa mehrere Vorzüge
verlangen. In neuern Zeiten haben wir zwey merk-
würdige Beispiele hiervon bey den Regenten in Ruß-
land c] und Preussen d], wovon der erste den Kaiser-
dieser aber den Königstitel annahmen.

a] Wolff I. G. c. II. §. 244.
b] Die Kaiserin Königin in Ungarn erklärte z. B. 1766.
ihr Fürstenthum Siebenbürgen zu einem Grosfürstenthum,
und setzte es ohne Widerrede in die Titulatur. Mosers
Beitr. in Frz. 5. Th. S. 306.
c] Im Jahre 1721. bey Gelegenheit des Nystädter Friedens
erklärte der Russische Senat in einer Rede den Czaar
Peter zum Kaiser, welchen Titel dieser auch annahm.
d] Die Annahme der preussischen Königswürde erfolgte be-
kantlich 1701. in welchem Jahre Kurfürst Friedrich von
Brandenburg sich selbst zum König erklärte und den
18. Jan. zu Königsberg krönen ließ.
§. 7.
Anerkennung anderer Nazionen.

Ob aber eine solche Erhöhung der Würde und Ver-
änderung der Titulatur gleich bey der Nazion selbst an-
erkant und dem Regenten gegeben werden muß; so
können doch andere Nazionen nicht genöthigt werden,
aus Schuldigkeit ein Gleiches zu thun. Wenn sie sich
auch gefallen lassen, daß eine andere selbst sich ihrer
bediene a], so ist dennoch, damit sie dieselben auch von
ihnen beigelegt erhalte, deren ausdrückliche oder stil-

schwei-

und andern Ehrenzeichen der Regenten.
zutage unter den europaͤiſchen Nazionen angenommenen
Grundſaͤtzen, ihr nicht verwehrt werden, ſich kuͤnftig
einer hoͤheren Titulatur zu bedienen, als ſie bisher ge-
fuͤhrt hat a], oder dem Lande eine andere Benennung
zu geben ꝛc. b]. Jedoch duͤrfen ſie dabey den Rechten
anderer nicht zu nahe treten und etwa mehrere Vorzuͤge
verlangen. In neuern Zeiten haben wir zwey merk-
wuͤrdige Beiſpiele hiervon bey den Regenten in Ruß-
land c] und Preuſſen d], wovon der erſte den Kaiſer-
dieſer aber den Koͤnigstitel annahmen.

a] Wolff I. G. c. II. §. 244.
b] Die Kaiſerin Koͤnigin in Ungarn erklaͤrte z. B. 1766.
ihr Fuͤrſtenthum Siebenbuͤrgen zu einem Grosfuͤrſtenthum,
und ſetzte es ohne Widerrede in die Titulatur. Moſers
Beitr. in Frz. 5. Th. S. 306.
c] Im Jahre 1721. bey Gelegenheit des Nyſtaͤdter Friedens
erklaͤrte der Ruſſiſche Senat in einer Rede den Czaar
Peter zum Kaiſer, welchen Titel dieſer auch annahm.
d] Die Annahme der preuſſiſchen Koͤnigswuͤrde erfolgte be-
kantlich 1701. in welchem Jahre Kurfuͤrſt Friedrich von
Brandenburg ſich ſelbſt zum Koͤnig erklaͤrte und den
18. Jan. zu Koͤnigsberg kroͤnen ließ.
§. 7.
Anerkennung anderer Nazionen.

Ob aber eine ſolche Erhoͤhung der Wuͤrde und Ver-
aͤnderung der Titulatur gleich bey der Nazion ſelbſt an-
erkant und dem Regenten gegeben werden muß; ſo
koͤnnen doch andere Nazionen nicht genoͤthigt werden,
aus Schuldigkeit ein Gleiches zu thun. Wenn ſie ſich
auch gefallen laſſen, daß eine andere ſelbſt ſich ihrer
bediene a], ſo iſt dennoch, damit ſie dieſelben auch von
ihnen beigelegt erhalte, deren ausdruͤckliche oder ſtil-

ſchwei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0461" n="447"/><fw place="top" type="header">und andern Ehrenzeichen der Regenten.</fw><lb/>
zutage unter den europa&#x0364;i&#x017F;chen Nazionen angenommenen<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tzen, ihr nicht verwehrt werden, &#x017F;ich ku&#x0364;nftig<lb/>
einer ho&#x0364;heren Titulatur zu bedienen, als &#x017F;ie bisher ge-<lb/>
fu&#x0364;hrt hat <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>], oder dem Lande eine andere Benennung<lb/>
zu geben &#xA75B;c. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">b</hi></hi>]. Jedoch du&#x0364;rfen &#x017F;ie dabey den Rechten<lb/>
anderer nicht zu nahe treten und etwa mehrere Vorzu&#x0364;ge<lb/>
verlangen. In neuern Zeiten haben wir zwey merk-<lb/>
wu&#x0364;rdige Bei&#x017F;piele hiervon bey den Regenten in Ruß-<lb/>
land <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">c</hi></hi>] und Preu&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">d</hi></hi>], wovon der er&#x017F;te den Kai&#x017F;er-<lb/>
die&#x017F;er aber den Ko&#x0364;nigstitel annahmen.</p><lb/>
            <note place="end" n="a]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Wolff</hi> I. G. c. II.</hi> §. 244.</note><lb/>
            <note place="end" n="b]">Die Kai&#x017F;erin Ko&#x0364;nigin in Ungarn erkla&#x0364;rte z. B. 1766.<lb/>
ihr Fu&#x0364;r&#x017F;tenthum Siebenbu&#x0364;rgen zu einem Grosfu&#x0364;r&#x017F;tenthum,<lb/>
und &#x017F;etzte es ohne Widerrede in die Titulatur. <hi rendition="#fr">Mo&#x017F;ers</hi><lb/>
Beitr. in Frz. 5. Th. S. 306.</note><lb/>
            <note place="end" n="c]">Im Jahre 1721. bey Gelegenheit des Ny&#x017F;ta&#x0364;dter Friedens<lb/>
erkla&#x0364;rte der Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Senat in einer Rede den Czaar<lb/>
Peter zum Kai&#x017F;er, welchen Titel die&#x017F;er auch annahm.</note><lb/>
            <note place="end" n="d]">Die Annahme der preu&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Ko&#x0364;nigswu&#x0364;rde erfolgte be-<lb/>
kantlich 1701. in welchem Jahre Kurfu&#x0364;r&#x017F;t Friedrich von<lb/>
Brandenburg &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum Ko&#x0364;nig erkla&#x0364;rte und den<lb/>
18. Jan. zu Ko&#x0364;nigsberg kro&#x0364;nen ließ.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 7.<lb/><hi rendition="#g">Anerkennung anderer Nazionen</hi>.</head><lb/>
            <p>Ob aber eine &#x017F;olche Erho&#x0364;hung der Wu&#x0364;rde und Ver-<lb/>
a&#x0364;nderung der Titulatur gleich bey der Nazion &#x017F;elb&#x017F;t an-<lb/>
erkant und dem Regenten gegeben werden muß; &#x017F;o<lb/>
ko&#x0364;nnen doch andere Nazionen nicht geno&#x0364;thigt werden,<lb/>
aus Schuldigkeit ein Gleiches zu thun. Wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
auch gefallen la&#x017F;&#x017F;en, daß eine andere &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ich ihrer<lb/>
bediene <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>], &#x017F;o i&#x017F;t dennoch, damit &#x017F;ie die&#x017F;elben auch von<lb/>
ihnen beigelegt erhalte, deren ausdru&#x0364;ckliche oder &#x017F;til-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chwei-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[447/0461] und andern Ehrenzeichen der Regenten. zutage unter den europaͤiſchen Nazionen angenommenen Grundſaͤtzen, ihr nicht verwehrt werden, ſich kuͤnftig einer hoͤheren Titulatur zu bedienen, als ſie bisher ge- fuͤhrt hat a], oder dem Lande eine andere Benennung zu geben ꝛc. b]. Jedoch duͤrfen ſie dabey den Rechten anderer nicht zu nahe treten und etwa mehrere Vorzuͤge verlangen. In neuern Zeiten haben wir zwey merk- wuͤrdige Beiſpiele hiervon bey den Regenten in Ruß- land c] und Preuſſen d], wovon der erſte den Kaiſer- dieſer aber den Koͤnigstitel annahmen. a] Wolff I. G. c. II. §. 244. b] Die Kaiſerin Koͤnigin in Ungarn erklaͤrte z. B. 1766. ihr Fuͤrſtenthum Siebenbuͤrgen zu einem Grosfuͤrſtenthum, und ſetzte es ohne Widerrede in die Titulatur. Moſers Beitr. in Frz. 5. Th. S. 306. c] Im Jahre 1721. bey Gelegenheit des Nyſtaͤdter Friedens erklaͤrte der Ruſſiſche Senat in einer Rede den Czaar Peter zum Kaiſer, welchen Titel dieſer auch annahm. d] Die Annahme der preuſſiſchen Koͤnigswuͤrde erfolgte be- kantlich 1701. in welchem Jahre Kurfuͤrſt Friedrich von Brandenburg ſich ſelbſt zum Koͤnig erklaͤrte und den 18. Jan. zu Koͤnigsberg kroͤnen ließ. §. 7. Anerkennung anderer Nazionen. Ob aber eine ſolche Erhoͤhung der Wuͤrde und Ver- aͤnderung der Titulatur gleich bey der Nazion ſelbſt an- erkant und dem Regenten gegeben werden muß; ſo koͤnnen doch andere Nazionen nicht genoͤthigt werden, aus Schuldigkeit ein Gleiches zu thun. Wenn ſie ſich auch gefallen laſſen, daß eine andere ſelbſt ſich ihrer bediene a], ſo iſt dennoch, damit ſie dieſelben auch von ihnen beigelegt erhalte, deren ausdruͤckliche oder ſtil- ſchwei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/461
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/461>, abgerufen am 21.11.2024.