Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Erlangung des Eigenthums von andern
festsetzen möchten, wodurch die aus den oft sehr weit-
hergeholten Ansprüchen entstehenden Streitigkeiten und
Kriege, zum Besten der algemeinen Ruhe, um vieles
vermindert werden würden. Aber dies wird wohl ein
frommer Wunsch bleiben!

a] Hoheisel diss. cit. §. 1. Selbst Wolf, der noch die
richtigsten Begriffe von der Veriährung überhaupt hat
und das blosse lange Stilschweigen von dem undenklichen
Besitz unterschieden wissen will, rechnet gleichwohl
§. 360. u. 61. letztern dahin und hält ihn für die vor-
züglichste Veriährungsart.
b] Ausser dem, was in den vorigen §. bereits angezogen
worden sehe man auch Kipping diss. cit. §. 143. und
den daselbst angeführten Werlhof. Schrodt Syst. I. G.
P. II. c.
2. §. 25.
§. 27.
Landeserwerb durch Unterthanen.

Noch verdient eine Erwerbsart angemerkt zu wer-
den, wie Nazionen nicht von andern Völkern, sondern
durch ihre eigene Unterthanen gewissermaassen den Be-
sitz souverainer Lande erlangen können. Eine unab-
hängige Privatperson, die ihr Vaterland, gezwungen
oder freiwillig, auf rechtmässige Weise verlassen hat,
kan, wie Vattel lehrt a], ohnstreitig auf Entdeckungen
ausgehn und wenn es ihr glückt, in einem herrnlosen
Lande ein unabhängiges Eigenthum und dessen Ober-
herschaft erlangen, die niemand ihm zu entziehen befugt
ist. Ob aber würkliche Unterthanen eines Volks durch
dergleichen auswärtige Entdeckungen und Besitznehmun-
gen zugleich ein mit Oberherschaft verbundenes Eigen-
thum daran erwerben könne, oder ob erstere ihren Sou-
verainen gebühre? ist eine Frage die nach den Grund-

sätzen

Von Erlangung des Eigenthums von andern
feſtſetzen moͤchten, wodurch die aus den oft ſehr weit-
hergeholten Anſpruͤchen entſtehenden Streitigkeiten und
Kriege, zum Beſten der algemeinen Ruhe, um vieles
vermindert werden wuͤrden. Aber dies wird wohl ein
frommer Wunſch bleiben!

a] Hoheiſel diſſ. cit. §. 1. Selbſt Wolf, der noch die
richtigſten Begriffe von der Veriaͤhrung uͤberhaupt hat
und das bloſſe lange Stilſchweigen von dem undenklichen
Beſitz unterſchieden wiſſen will, rechnet gleichwohl
§. 360. u. 61. letztern dahin und haͤlt ihn fuͤr die vor-
zuͤglichſte Veriaͤhrungsart.
b] Auſſer dem, was in den vorigen §. bereits angezogen
worden ſehe man auch Kipping diſſ. cit. §. 143. und
den daſelbſt angefuͤhrten Werlhof. Schrodt Syſt. I. G.
P. II. c.
2. §. 25.
§. 27.
Landeserwerb durch Unterthanen.

Noch verdient eine Erwerbsart angemerkt zu wer-
den, wie Nazionen nicht von andern Voͤlkern, ſondern
durch ihre eigene Unterthanen gewiſſermaaſſen den Be-
ſitz ſouverainer Lande erlangen koͤnnen. Eine unab-
haͤngige Privatperſon, die ihr Vaterland, gezwungen
oder freiwillig, auf rechtmaͤſſige Weiſe verlaſſen hat,
kan, wie Vattel lehrt a], ohnſtreitig auf Entdeckungen
ausgehn und wenn es ihr gluͤckt, in einem herrnloſen
Lande ein unabhaͤngiges Eigenthum und deſſen Ober-
herſchaft erlangen, die niemand ihm zu entziehen befugt
iſt. Ob aber wuͤrkliche Unterthanen eines Volks durch
dergleichen auswaͤrtige Entdeckungen und Beſitznehmun-
gen zugleich ein mit Oberherſchaft verbundenes Eigen-
thum daran erwerben koͤnne, oder ob erſtere ihren Sou-
verainen gebuͤhre? iſt eine Frage die nach den Grund-

ſaͤtzen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0146" n="132"/><fw place="top" type="header">Von Erlangung des Eigenthums von andern</fw><lb/>
fe&#x017F;t&#x017F;etzen mo&#x0364;chten, wodurch die aus den oft &#x017F;ehr weit-<lb/>
hergeholten An&#x017F;pru&#x0364;chen ent&#x017F;tehenden Streitigkeiten und<lb/>
Kriege, zum Be&#x017F;ten der algemeinen Ruhe, um vieles<lb/>
vermindert werden wu&#x0364;rden. Aber dies wird wohl ein<lb/>
frommer Wun&#x017F;ch bleiben!</p><lb/>
            <note place="end" n="a]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hohei&#x017F;el</hi> di&#x017F;&#x017F;. cit.</hi> §. 1. Selb&#x017F;t <hi rendition="#fr">Wolf</hi>, der noch die<lb/>
richtig&#x017F;ten Begriffe von der Veria&#x0364;hrung u&#x0364;berhaupt hat<lb/>
und das blo&#x017F;&#x017F;e lange Stil&#x017F;chweigen von dem undenklichen<lb/>
Be&#x017F;itz unter&#x017F;chieden wi&#x017F;&#x017F;en will, rechnet gleichwohl<lb/>
§. 360. u. 61. letztern dahin und ha&#x0364;lt ihn fu&#x0364;r die vor-<lb/>
zu&#x0364;glich&#x017F;te Veria&#x0364;hrungsart.</note><lb/>
            <note place="end" n="b]">Au&#x017F;&#x017F;er dem, was in den vorigen §. bereits angezogen<lb/>
worden &#x017F;ehe man auch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Kipping</hi> di&#x017F;&#x017F;. cit.</hi> §. 143. und<lb/>
den da&#x017F;elb&#x017F;t angefu&#x0364;hrten Werlhof. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Schrodt</hi> Sy&#x017F;t. I. G.<lb/>
P. II. c.</hi> 2. §. 25.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 27.<lb/><hi rendition="#g">Landeserwerb durch Unterthanen</hi>.</head><lb/>
            <p>Noch verdient eine Erwerbsart angemerkt zu wer-<lb/>
den, wie Nazionen nicht von andern Vo&#x0364;lkern, &#x017F;ondern<lb/>
durch ihre eigene Unterthanen gewi&#x017F;&#x017F;ermaa&#x017F;&#x017F;en den Be-<lb/>
&#x017F;itz &#x017F;ouverainer Lande erlangen ko&#x0364;nnen. Eine unab-<lb/>
ha&#x0364;ngige Privatper&#x017F;on, die ihr Vaterland, gezwungen<lb/>
oder freiwillig, auf rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Wei&#x017F;e verla&#x017F;&#x017F;en hat,<lb/>
kan, wie Vattel lehrt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">a</hi></hi>], ohn&#x017F;treitig auf Entdeckungen<lb/>
ausgehn und wenn es ihr glu&#x0364;ckt, in einem herrnlo&#x017F;en<lb/>
Lande ein unabha&#x0364;ngiges Eigenthum und de&#x017F;&#x017F;en Ober-<lb/>
her&#x017F;chaft erlangen, die niemand ihm zu entziehen befugt<lb/>
i&#x017F;t. Ob aber wu&#x0364;rkliche Unterthanen eines Volks durch<lb/>
dergleichen auswa&#x0364;rtige Entdeckungen und Be&#x017F;itznehmun-<lb/>
gen zugleich ein mit Oberher&#x017F;chaft verbundenes Eigen-<lb/>
thum daran erwerben ko&#x0364;nne, oder ob er&#x017F;tere ihren Sou-<lb/>
verainen gebu&#x0364;hre? i&#x017F;t eine Frage die nach den Grund-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;a&#x0364;tzen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0146] Von Erlangung des Eigenthums von andern feſtſetzen moͤchten, wodurch die aus den oft ſehr weit- hergeholten Anſpruͤchen entſtehenden Streitigkeiten und Kriege, zum Beſten der algemeinen Ruhe, um vieles vermindert werden wuͤrden. Aber dies wird wohl ein frommer Wunſch bleiben! a] Hoheiſel diſſ. cit. §. 1. Selbſt Wolf, der noch die richtigſten Begriffe von der Veriaͤhrung uͤberhaupt hat und das bloſſe lange Stilſchweigen von dem undenklichen Beſitz unterſchieden wiſſen will, rechnet gleichwohl §. 360. u. 61. letztern dahin und haͤlt ihn fuͤr die vor- zuͤglichſte Veriaͤhrungsart. b] Auſſer dem, was in den vorigen §. bereits angezogen worden ſehe man auch Kipping diſſ. cit. §. 143. und den daſelbſt angefuͤhrten Werlhof. Schrodt Syſt. I. G. P. II. c. 2. §. 25. §. 27. Landeserwerb durch Unterthanen. Noch verdient eine Erwerbsart angemerkt zu wer- den, wie Nazionen nicht von andern Voͤlkern, ſondern durch ihre eigene Unterthanen gewiſſermaaſſen den Be- ſitz ſouverainer Lande erlangen koͤnnen. Eine unab- haͤngige Privatperſon, die ihr Vaterland, gezwungen oder freiwillig, auf rechtmaͤſſige Weiſe verlaſſen hat, kan, wie Vattel lehrt a], ohnſtreitig auf Entdeckungen ausgehn und wenn es ihr gluͤckt, in einem herrnloſen Lande ein unabhaͤngiges Eigenthum und deſſen Ober- herſchaft erlangen, die niemand ihm zu entziehen befugt iſt. Ob aber wuͤrkliche Unterthanen eines Volks durch dergleichen auswaͤrtige Entdeckungen und Beſitznehmun- gen zugleich ein mit Oberherſchaft verbundenes Eigen- thum daran erwerben koͤnne, oder ob erſtere ihren Sou- verainen gebuͤhre? iſt eine Frage die nach den Grund- ſaͤtzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/146
Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/146>, abgerufen am 24.11.2024.