Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.oder den abgeleiteten Erwerbungsarten. Bey genauerer Untersuchung ist iedoch die Unzu- a] Wolff I. G. c. III. §. 358. not. macht einen Unterschied zwischen beiden Wörtern. Usucapio braucht er von dem Erwerber, praescriptio von dem der ein Recht oder Eigenthum verliert. Im Teutschen wird: Veriährung so wie im Französischen: prescription von beiden gesagt. Vergl. Vattel L. II. c. 11. §. 140. b] Grotius L. II. c. 4. Puffendorff L. IV. c. 12. Ickstatt L. III. c. 3. §. 17. seq. Wolff c. III. H 4
oder den abgeleiteten Erwerbungsarten. Bey genauerer Unterſuchung iſt iedoch die Unzu- a] Wolff I. G. c. III. §. 358. not. macht einen Unterſchied zwiſchen beiden Woͤrtern. Uſucapio braucht er von dem Erwerber, praeſcriptio von dem der ein Recht oder Eigenthum verliert. Im Teutſchen wird: Veriaͤhrung ſo wie im Franzoͤſiſchen: préſcription von beiden geſagt. Vergl. Vattel L. II. c. 11. §. 140. b] Grotius L. II. c. 4. Puffendorff L. IV. c. 12. Ickſtatt L. III. c. 3. §. 17. ſeq. Wolff c. III. H 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0133" n="119"/> <fw place="top" type="header">oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.</fw><lb/> <p>Bey genauerer Unterſuchung iſt iedoch die Unzu-<lb/> laͤnglichkeit dieſer Gruͤnde ſofort einleuchtend. Es iſt<lb/> keine Urſach vorhanden, warum das gaͤnzliche Stil-<lb/> ſchweigen mehr fuͤr ein Zeichen der Genehmigung als<lb/> des Widerſpruchs angeſehen werden ſolte. Die Zeit<lb/> an ſich bewuͤrkt eben ſo wenig und kann eine von An-<lb/> fang unrechtmaͤſſige Handlung nicht rechtfertigen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">k</hi></hi>].<lb/> Aus bloſſen Vermuthungen, die doch eben ſo ſtark und<lb/> wohl noch ſtaͤrker fuͤr die Beibehaltung des Eigenthums<lb/> ſind, laͤßt ſich kein kraͤftiger Beweis gegen ein gegruͤn-<lb/> detes Recht hernehmen, welches durch den nachherigen<lb/> Anſpruch dargethan werden kan <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">l</hi></hi>]. Bey der im natuͤr-<lb/> lichen Zuſtande herſchenden Freiheit und Gleichheit un-<lb/> ter den Menſchen und Voͤlkern fehlt es auch an der<lb/> Verbindlichkeit, ihre Rechte gegen den dermaligen Be-<lb/> ſitzer zu verwahren, zumal wenn Furcht der Uebermacht<lb/> oder andere Umſtaͤnde ſie daran hindern <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">m</hi></hi>]: eben ſo<lb/> wenig ſind andere befugt, die vermeintliche Nachlaͤſſig-<lb/> keit durch Entziehung des Eigenthums zu beſtrafen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">n</hi></hi>].<lb/> So wie die Natur Sicherung der oͤffentlichen Ruhe<lb/> durch Gewisheit des Eigenthums verlangt, ſo will ſie<lb/> auch nicht, daß iemanden das Seine von andern blos<lb/> durch vieliaͤhrige Vorenthaltung entzogen werde <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">o</hi></hi>].<lb/> Der Nutzen allein ſchließt die Nothwendigkeit noch nicht<lb/> in ſich. Solchergeſtalt laͤßt ſich die Veriaͤhrung nach<lb/> dem natuͤrlichen Voͤlkerrechte nicht behaupten.</p><lb/> <note place="end" n="a]"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Wolff</hi> I. G. c. III. §. 358. not.</hi> macht einen Unterſchied<lb/> zwiſchen beiden Woͤrtern. <hi rendition="#aq">Uſucapio</hi> braucht er von dem<lb/> Erwerber, <hi rendition="#aq">praeſcriptio</hi> von dem der ein Recht oder<lb/> Eigenthum verliert. Im Teutſchen wird: Veriaͤhrung<lb/> ſo wie im Franzoͤſiſchen: <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">préſcription</hi></hi> von beiden geſagt.<lb/> Vergl. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Vattel</hi> L. II. c.</hi> 11. §. 140.</note><lb/> <note place="end" n="b]"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Grotius</hi> L. II. c. 4. <hi rendition="#i">Puffendorff</hi> L. IV. c. 12.<lb/><hi rendition="#i">Ickſtatt</hi> L. III. c. 3. §. 17. ſeq. <hi rendition="#i">Wolff</hi> c. III.</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">§. 358.</fw><lb/> </note> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0133]
oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.
Bey genauerer Unterſuchung iſt iedoch die Unzu-
laͤnglichkeit dieſer Gruͤnde ſofort einleuchtend. Es iſt
keine Urſach vorhanden, warum das gaͤnzliche Stil-
ſchweigen mehr fuͤr ein Zeichen der Genehmigung als
des Widerſpruchs angeſehen werden ſolte. Die Zeit
an ſich bewuͤrkt eben ſo wenig und kann eine von An-
fang unrechtmaͤſſige Handlung nicht rechtfertigen k].
Aus bloſſen Vermuthungen, die doch eben ſo ſtark und
wohl noch ſtaͤrker fuͤr die Beibehaltung des Eigenthums
ſind, laͤßt ſich kein kraͤftiger Beweis gegen ein gegruͤn-
detes Recht hernehmen, welches durch den nachherigen
Anſpruch dargethan werden kan l]. Bey der im natuͤr-
lichen Zuſtande herſchenden Freiheit und Gleichheit un-
ter den Menſchen und Voͤlkern fehlt es auch an der
Verbindlichkeit, ihre Rechte gegen den dermaligen Be-
ſitzer zu verwahren, zumal wenn Furcht der Uebermacht
oder andere Umſtaͤnde ſie daran hindern m]: eben ſo
wenig ſind andere befugt, die vermeintliche Nachlaͤſſig-
keit durch Entziehung des Eigenthums zu beſtrafen n].
So wie die Natur Sicherung der oͤffentlichen Ruhe
durch Gewisheit des Eigenthums verlangt, ſo will ſie
auch nicht, daß iemanden das Seine von andern blos
durch vieliaͤhrige Vorenthaltung entzogen werde o].
Der Nutzen allein ſchließt die Nothwendigkeit noch nicht
in ſich. Solchergeſtalt laͤßt ſich die Veriaͤhrung nach
dem natuͤrlichen Voͤlkerrechte nicht behaupten.
a] Wolff I. G. c. III. §. 358. not. macht einen Unterſchied
zwiſchen beiden Woͤrtern. Uſucapio braucht er von dem
Erwerber, praeſcriptio von dem der ein Recht oder
Eigenthum verliert. Im Teutſchen wird: Veriaͤhrung
ſo wie im Franzoͤſiſchen: préſcription von beiden geſagt.
Vergl. Vattel L. II. c. 11. §. 140.
b] Grotius L. II. c. 4. Puffendorff L. IV. c. 12.
Ickſtatt L. III. c. 3. §. 17. ſeq. Wolff c. III.
§. 358.
H 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |