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Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711.

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geleget werden / und ob ich sie ablegen soll / und obs hier geschehen ist? Die Neigung zur Warheit muß ein Rechtgläubiger niemals ablegen; denn das hiesse doch einmahl dran zweiffeln und sündigen / daß was gutes daraus komme. Warheit und Gottseligkeit muß stets beysammen seyn / so wenig ich auf eine Zeitlang zweiffeln soll / ob ein GOtt sey / daß ichs hernach gewiß wisse; Hernach ist die Frage / ob die parteyische Neigung zu den irrigen Religionen kan abgeleget werden? Unser Verstand ist von Natur stets zum Irrthum geneigt / und inclinirt immer mehr zur Lügen als zur Warheit; ob nun wohl ein Rechtgläubiger Christe aus GOttes Wort erleuchtet / solche Neigung in sich dämpfft und darüber herrscht / so kan er sie doch nicht gantz ablegen / sondern sie hindert ihn noch immerzu. Sonderlich aber ist hier die Frage / ob man nicht die parteyische Neigung zur Päbstischen sich hat mehr als zu sehr einnehmen lassen? Es ist gar ein anders / die wahre Ablegung und die eingebildete Ablegung: ach das Hertze läst sich gar zu leichte die äusserliche Dinge heimlich beugen / daß mans kaum mercket / sonderlich wo mans nicht will mercken / und es weichet auch GOtt von ih-

geleget werden / und ob ich sie ablegen soll / und obs hier geschehen ist? Die Neigung zur Warheit muß ein Rechtgläubiger niemals ablegen; denn das hiesse doch einmahl dran zweiffeln und sündigen / daß was gutes daraus komme. Warheit und Gottseligkeit muß stets beysammen seyn / so wenig ich auf eine Zeitlang zweiffeln soll / ob ein GOtt sey / daß ichs hernach gewiß wisse; Hernach ist die Frage / ob die parteyische Neigung zu den irrigen Religionen kan abgeleget werden? Unser Verstand ist von Natur stets zum Irrthum geneigt / und inclinirt immer mehr zur Lügen als zur Warheit; ob nun wohl ein Rechtgläubiger Christe aus GOttes Wort erleuchtet / solche Neigung in sich dämpfft und darüber herrscht / so kan er sie doch nicht gantz ablegen / sondern sie hindert ihn noch immerzu. Sonderlich aber ist hier die Frage / ob man nicht die parteyische Neigung zur Päbstischen sich hat mehr als zu sehr einnehmen lassen? Es ist gar ein anders / die wahre Ablegung und die eingebildete Ablegung: ach das Hertze läst sich gar zu leichte die äusserliche Dinge heimlich beugen / daß mans kaum mercket / sonderlich wo mans nicht will mercken / und es weichet auch GOtt von ih-

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[12/0012] geleget werden / und ob ich sie ablegen soll / und obs hier geschehen ist? Die Neigung zur Warheit muß ein Rechtgläubiger niemals ablegen; denn das hiesse doch einmahl dran zweiffeln und sündigen / daß was gutes daraus komme. Warheit und Gottseligkeit muß stets beysammen seyn / so wenig ich auf eine Zeitlang zweiffeln soll / ob ein GOtt sey / daß ichs hernach gewiß wisse; Hernach ist die Frage / ob die parteyische Neigung zu den irrigen Religionen kan abgeleget werden? Unser Verstand ist von Natur stets zum Irrthum geneigt / und inclinirt immer mehr zur Lügen als zur Warheit; ob nun wohl ein Rechtgläubiger Christe aus GOttes Wort erleuchtet / solche Neigung in sich dämpfft und darüber herrscht / so kan er sie doch nicht gantz ablegen / sondern sie hindert ihn noch immerzu. Sonderlich aber ist hier die Frage / ob man nicht die parteyische Neigung zur Päbstischen sich hat mehr als zu sehr einnehmen lassen? Es ist gar ein anders / die wahre Ablegung und die eingebildete Ablegung: ach das Hertze läst sich gar zu leichte die äusserliche Dinge heimlich beugen / daß mans kaum mercket / sonderlich wo mans nicht will mercken / und es weichet auch GOtt von ih-

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Zitationshilfe: Günther, Johann: Send-Schreiben an einen S. Theologum. Leipzig, 1711, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_sendschreiben_1711/12>, abgerufen am 29.03.2024.