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Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

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PAPINIANUS.
Sein Hertz ist heilger Götter voll/
Und wenn er hier gesegnen soll
435.Und jhn das Alter rufft zur Ruh;
Schleust er gar sanfft die Augen zu.
Wie daß uns denn was hoch/ doch für und für verletze
Vor dem was niedrig ist und stets erquickt/ ergetzt?

Die Andere Abhandelung.
Bassianus. Laetus.
Laetus. Der Fürst verschertzt die Zeit/ und schertzt mit seinem
Heil.
Bassian. Jst denn der Zepter nur umb Blut und Wunden
ferl?
Laetus. Ja! wenn jhn zwey zu gleich mit aller Schaden
führen.
Bassian. Das grosse Reich kan zwey mit einer Würde zieren.
5.
Laetus. Das ließ weil Rom erbaut sich nicht ohn Schaden
thun.
Bassian. Heist dieses auff dem Thron in höchsten Würden
ruhn!
Laetus. Der ruht nicht der so eng' auff einem Thron muß
sitzen.
Bassian. Soll ich mit diesem Dolch deß Brudern Hertz auff-
ritzen?
Laetns. Der in deß Fürsten Geist stets neue Wunden macht.
10.
Bassian. Die Wunden rühren wol zum meisten auß Verdacht.
Laetus. Wer schon Verdacht erweckt; kan leicht was mehr
erregen.
Bassian. Nicht jede Wolcke dräut mit Blitz und Donner-
Schlägen.
Laetus. Was Blitz und Donner schafft dämpfft auß der Er-
den vor.
Bassian. Man gibt Verläumbdern offt ein gar zu günstig Ohr.
15.
Laetus. Was durch so viel entdeckt/ kan nicht Verläumbdung
heissen.
Bassian. Die freche Jugend pflegt unbändig außzureissen.
Laetus.

PAPINIANUS.
Sein Hertz iſt heilger Goͤtter voll/
Und wenn er hier geſegnen ſoll
435.Und jhn das Alter rufft zur Ruh;
Schleuſt er gar ſanfft die Augen zu.
Wie daß uns denn was hoch/ doch fuͤr und fuͤr verletze
Vor dem was niedrig iſt und ſtets erquickt/ ergetzt?

Die Andere Abhandelung.
Basſianus. Lætus.
Lætus. Der Fuͤrſt verſchertzt die Zeit/ und ſchertzt mit ſeinem
Heil.
Basſian. Jſt denn der Zepter nur umb Blut und Wunden
feꝛl?
Lætus. Ja! wenn jhn zwey zu gleich mit aller Schaden
fuͤhren.
Basſian. Das groſſe Reich kan zwey mit einer Wuͤrde zieren.
5.
Lætus. Das ließ weil Rom erbaut ſich nicht ohn Schaden
thun.
Basſian. Heiſt dieſes auff dem Thron in hoͤchſten Wuͤrden
ruhn!
Lætus. Der ruht nicht der ſo eng’ auff einem Thron muß
ſitzen.
Basſian. Soll ich mit dieſem Dolch deß Brudern Hertz auff-
ritzen?
Lætns. Der in deß Fuͤrſten Geiſt ſtets neue Wunden macht.
10.
Basſian. Die Wunden ruͤhren wol zum meiſten auß Verdacht.
Lætus. Wer ſchon Verdacht erweckt; kan leicht was mehr
erregen.
Basſian. Nicht jede Wolcke draͤut mit Blitz und Donner-
Schlaͤgen.
Lætus. Was Blitz und Donner ſchafft daͤmpfft auß der Er-
den vor.
Basſian. Man gibt Verlaͤumbdern offt ein gar zu guͤnſtig Ohr.
15.
Lætus. Was durch ſo viel entdeckt/ kan nicht Verlaͤumbdung
heiſſen.
Basſian. Die freche Jugend pflegt unbaͤndig außzureiſſen.
Lætus.
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[0043] PAPINIANUS. Sein Hertz iſt heilger Goͤtter voll/ Und wenn er hier geſegnen ſoll Und jhn das Alter rufft zur Ruh; Schleuſt er gar ſanfft die Augen zu. Wie daß uns denn was hoch/ doch fuͤr und fuͤr verletze Vor dem was niedrig iſt und ſtets erquickt/ ergetzt? Die Andere Abhandelung. Basſianus. Lætus. Lætus. Der Fuͤrſt verſchertzt die Zeit/ und ſchertzt mit ſeinem Heil. Basſian. Jſt denn der Zepter nur umb Blut und Wunden feꝛl? Lætus. Ja! wenn jhn zwey zu gleich mit aller Schaden fuͤhren. Basſian. Das groſſe Reich kan zwey mit einer Wuͤrde zieren. Lætus. Das ließ weil Rom erbaut ſich nicht ohn Schaden thun. Basſian. Heiſt dieſes auff dem Thron in hoͤchſten Wuͤrden ruhn! Lætus. Der ruht nicht der ſo eng’ auff einem Thron muß ſitzen. Basſian. Soll ich mit dieſem Dolch deß Brudern Hertz auff- ritzen? Lætns. Der in deß Fuͤrſten Geiſt ſtets neue Wunden macht. Basſian. Die Wunden ruͤhren wol zum meiſten auß Verdacht. Lætus. Wer ſchon Verdacht erweckt; kan leicht was mehr erregen. Basſian. Nicht jede Wolcke draͤut mit Blitz und Donner- Schlaͤgen. Lætus. Was Blitz und Donner ſchafft daͤmpfft auß der Er- den vor. Basſian. Man gibt Verlaͤumbdern offt ein gar zu guͤnſtig Ohr. Lætus. Was durch ſo viel entdeckt/ kan nicht Verlaͤumbdung heiſſen. Basſian. Die freche Jugend pflegt unbaͤndig außzureiſſen. Lætus.

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/43>, abgerufen am 29.03.2024.