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Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

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Sterbender
Papinianus. Der Käyserin Cämmerer.
Cämmer. Glück zu!
Papinian. Woher so früh?
Cämmer.
Recht auß der Frauen Saal
Das werthe Mutter-Hertz das stets in neue Qual
Durch diese Zwytracht sinckt/ bemüht mich jhn zu grüssen
160.Und wil sich seiner Trew durch mich versichert wissen.
Papinian. Wie? Zweiffelt Julie an unverfälschter Gunst!
Cämmer. Die ungewissen Fäll umbhüllt mit trübem Dunst
Der Augen falscher Schein/ der Klang vergällter Lippen/
Der Hertzen Wanckelmut sind leider harte Klippen/
165.An welchen Redltkeit gar offt zu scheitern fährt.
Es weiß Papinian was jhren Geist beschwert.
Zugleich daß sie auff jhn all jhr Vertrauen setze/
Und weil er sicher steht/ sich unvergänglich schätze.
Doch steckt der Neid den Hof mit so viel Seuchen an
170.Das niemand sonder Furcht. Wo man verläumbden kan:
Beut Argwohn stets die Faust/ wo Argwohn zugenommen:
Hat Schmertz die Oberhand und Haß den Thron bekommen.
Papinian. Was mischt man so viel Wort' und hält was noth
zurück?
Zagt Julia auffs new? Entdeckt uns was sie drück.
175.Auffrichtig hab ich stets zu wandeln mich beflissen
Nie der Verläumbder Mund (das niemand kan) zu schliffen
Cämmer. Man gibt jhr ein; es sey was mehr denn unerhört;
Daß Printzen/ die in Haß/ doch einen Mann geehrt/
Daß Geta sich zu letzt werd ohne Beystand finden;
180.Weil er sich läst zu sehr von Bassian verbinden.
Viel ists Papinian wenn uns der Käyser libt:
Und mit dem letzten Geist die Freundschafft übergibt/
Weit mehr/ wenn dessen Huld wil gleich als erblich werden/
Und wenn deß Fürsten Leib verkehrt in Staub und Erden/
185.Sein Nachsaß unverfälscht die Neigung unterhält:
Das höchst und was anjetzt uns als unglaublich fällt
Jst/
Sterbender
Papinianus. Der Kaͤyſerin Caͤmmerer.
Caͤmmer. Gluͤck zu!
Papinian. Woher ſo fruͤh?
Caͤmmer.
Recht auß der Frauen Saal
Das werthe Mutter-Hertz das ſtets in neue Qual
Durch dieſe Zwytracht ſinckt/ bemuͤht mich jhn zu gruͤſſen
160.Und wil ſich ſeiner Trew durch mich verſichert wiſſen.
Papinian. Wie? Zweiffelt Julie an unverfaͤlſchter Gunſt!
Caͤmmer. Die ungewiſſen Faͤll umbhuͤllt mit truͤbem Dunſt
Der Augen falſcher Schein/ der Klang vergaͤllter Lippen/
Der Hertzen Wanckelmut ſind leider harte Klippen/
165.An welchen Redltkeit gar offt zu ſcheitern faͤhrt.
Es weiß Papinian was jhren Geiſt beſchwert.
Zugleich daß ſie auff jhn all jhr Vertrauen ſetze/
Und weil er ſicher ſteht/ ſich unvergaͤnglich ſchaͤtze.
Doch ſteckt der Neid den Hof mit ſo viel Seuchen an
170.Das niemand ſonder Furcht. Wo man verlaͤumbden kan:
Beut Argwohn ſtets die Fauſt/ wo Argwohn zugenommen:
Hat Schmertz die Oberhand und Haß den Thron bekommen.
Papinian. Was miſcht man ſo viel Wort’ und haͤlt was noth
zuruͤck?
Zagt Julia auffs new? Entdeckt uns was ſie druͤck.
175.Auffrichtig hab ich ſtets zu wandeln mich befliſſen
Nie der Verlaͤumbder Mund (das niemand kan) zu ſchliffen
Caͤmmer. Man gibt jhr ein; es ſey was mehr deñ unerhoͤrt;
Daß Printzen/ die in Haß/ doch einen Mann geehrt/
Daß Geta ſich zu letzt werd ohne Beyſtand finden;
180.Weil er ſich laͤſt zu ſehr von Basſian verbinden.
Viel iſts Papinian wenn uns der Kaͤyſer libt:
Und mit dem letzten Geiſt die Freundſchafft uͤbergibt/
Weit mehr/ wenn deſſen Huld wil gleich als erblich werden/
Und wenn deß Fuͤrſten Leib verkehrt in Staub und Erden/
185.Sein Nachſaß unverfaͤlſcht die Neigung unterhaͤlt:
Das hoͤchſt und was anjetzt uns als unglaublich faͤllt
Jſt/
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[0034] Sterbender Papinianus. Der Kaͤyſerin Caͤmmerer. Caͤmmer. Gluͤck zu! Papinian. Woher ſo fruͤh? Caͤmmer. Recht auß der Frauen Saal Das werthe Mutter-Hertz das ſtets in neue Qual Durch dieſe Zwytracht ſinckt/ bemuͤht mich jhn zu gruͤſſen Und wil ſich ſeiner Trew durch mich verſichert wiſſen. Papinian. Wie? Zweiffelt Julie an unverfaͤlſchter Gunſt! Caͤmmer. Die ungewiſſen Faͤll umbhuͤllt mit truͤbem Dunſt Der Augen falſcher Schein/ der Klang vergaͤllter Lippen/ Der Hertzen Wanckelmut ſind leider harte Klippen/ An welchen Redltkeit gar offt zu ſcheitern faͤhrt. Es weiß Papinian was jhren Geiſt beſchwert. Zugleich daß ſie auff jhn all jhr Vertrauen ſetze/ Und weil er ſicher ſteht/ ſich unvergaͤnglich ſchaͤtze. Doch ſteckt der Neid den Hof mit ſo viel Seuchen an Das niemand ſonder Furcht. Wo man verlaͤumbden kan: Beut Argwohn ſtets die Fauſt/ wo Argwohn zugenommen: Hat Schmertz die Oberhand und Haß den Thron bekommen. Papinian. Was miſcht man ſo viel Wort’ und haͤlt was noth zuruͤck? Zagt Julia auffs new? Entdeckt uns was ſie druͤck. Auffrichtig hab ich ſtets zu wandeln mich befliſſen Nie der Verlaͤumbder Mund (das niemand kan) zu ſchliffen Caͤmmer. Man gibt jhr ein; es ſey was mehr deñ unerhoͤrt; Daß Printzen/ die in Haß/ doch einen Mann geehrt/ Daß Geta ſich zu letzt werd ohne Beyſtand finden; Weil er ſich laͤſt zu ſehr von Basſian verbinden. Viel iſts Papinian wenn uns der Kaͤyſer libt: Und mit dem letzten Geiſt die Freundſchafft uͤbergibt/ Weit mehr/ wenn deſſen Huld wil gleich als erblich werden/ Und wenn deß Fuͤrſten Leib verkehrt in Staub und Erden/ Sein Nachſaß unverfaͤlſcht die Neigung unterhaͤlt: Das hoͤchſt und was anjetzt uns als unglaublich faͤllt Jſt/

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/34>, abgerufen am 26.04.2024.