Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.PAPINIANUS. Entwehren: Daß Sie sich als ein Gewittet lindert.Man geb umb etwas nach. Wenn man den Strom verhindert 105.So reist er strenger durch. Offt hat geringe Zeit/ Offt ein gelinder Wort/ die scharffe Grausamkeit Bezwungen und bepfählt. Wenn die nun stillen Sinnen/ Deß heissen Zornes leer: denn kan man vil gewinnen. Denn pflantzt man Redlikeit auch Wunder-thiren ein. 110.Zäumt Löwen/ baut das Heil der sorgenden Gemein. Denn rettet man sich selbst/ bringt Länder auß verterben. Schützt Völcker/ bauet Städt/ und zeucht auß Fall und Sterben Wornach der Tod schon griff. Papinian. Genung! ich merck- 135.Die Väterliche Lib' und Neigung zu dem Sohn (es schon 115.Bringt dise Meynung vor. Papinian soll hören Was bey dem Unfall kan ein Röm'scher Rath-Herr lehren. Hostilius versteht daß sein Papinian Woll sterben: Aber nicht dem Mörder schmeicheln kan. Man muß je Fürsten was zuweilen übersehen! 120.Nicht stets entgegen gehn/ bemänteln was geschehen/ Verdecken manchen Feil/ erinnern wenn es Zeit/ Anzeigen wo gejrr't: Und mit Bescheidenheit. Wenn aber solch ein Stück ob dem die Welt erzittert/ Ob dem was nah und fern bestürtzt/ und höchst erbittert/ 125.So sonder Schew verübt/ stehts keiner Seelen frey; Daß Sie so schnödes Werck vor schön' und recht außschrey. Hir fordert mich der Fürst! wie könt Jch doch entweichen? Er steht nach meinem Ruhm. Eh muß die Sonn' er bleichen: Als daß Sie Mich befleckt/ verzagt/ und feig anschaw. 130.Jch weiß daß Antonin selbst ob der Mord-That graw; Solt Jch denn solch ein Stück/ trotz Sinnen! trotz Gewissen! Außstreichen? Und die Faust die noch blutt-triffend/ küssen? Nein! Nein! es koste Stand/ es koste was es wil! Mein Vater! wer verleurt; gewinnt auff disem Spil. Eugenia. Ach was verlir Jch nicht! O Stab der müden Jahre! (Haare! Hostilius. O letzter Trost! O Ruhm! O Schutz der grauen Papinian. F
PAPINIANUS. Entwehren: Daß Sie ſich als ein Gewittet lindert.Man geb umb etwas nach. Wenn man den Strom verhindert 105.So reiſt er ſtrenger durch. Offt hat geringe Zeit/ Offt ein gelinder Wort/ die ſcharffe Grauſamkeit Bezwungen und bepfaͤhlt. Wenn die nun ſtillen Sinnen/ Deß heiſſen Zornes leer: denn kan man vil gewinnen. Denn pflantzt man Redlikeit auch Wunder-thiren ein. 110.Zaͤumt Loͤwen/ baut das Heil der ſorgenden Gemein. Denn rettet man ſich ſelbſt/ bringt Laͤnder auß verterben. Schuͤtzt Voͤlcker/ bauet Staͤdt/ und zeucht auß Fall und Sterben Wornach der Tod ſchon griff. Papinian. Genung! ich merck- 135.Die Vaͤterliche Lib’ und Neigung zu dem Sohn (es ſchon 115.Bringt diſe Meynung vor. Papinian ſoll hoͤren Was bey dem Unfall kan ein Roͤm’ſcher Rath-Herꝛ lehren. Hoſtilius verſteht daß ſein Papinian Woll ſterben: Aber nicht dem Moͤrder ſchmeicheln kan. Man muß je Fuͤrſten was zuweilen uͤberſehen! 120.Nicht ſtets entgegen gehn/ bemaͤnteln was geſchehen/ Verdecken manchen Feil/ erinnern wenn es Zeit/ Anzeigen wo gejrr’t: Und mit Beſcheidenheit. Wenn aber ſolch ein Stuͤck ob dem die Welt erzittert/ Ob dem was nah und fern beſtuͤrtzt/ und hoͤchſt erbittert/ 125.So ſonder Schew veruͤbt/ ſtehts keiner Seelen frey; Daß Sie ſo ſchnoͤdes Werck vor ſchoͤn’ und recht außſchrey. Hir fordert mich der Fuͤrſt! wie koͤnt Jch doch entweichen? Er ſteht nach meinem Ruhm. Eh muß die Sonn’ er bleichen: Als daß Sie Mich befleckt/ verzagt/ und feig anſchaw. 130.Jch weiß daß Antonin ſelbſt ob der Mord-That graw; Solt Jch denn ſolch ein Stuͤck/ trotz Sinnen! trotz Gewiſſen! Außſtreichen? Und die Fauſt die noch blutt-triffend/ kuͤſſen? Nein! Nein! es koſte Stand/ es koſte was es wil! Mein Vater! wer verleurt; gewinnt auff diſem Spil. Eugenia. Ach was verlir Jch nicht! O Stab der muͤden Jahre! (Haare! Hoſtilius. O letzter Troſt! O Ruhm! O Schutz der grauen Papinian. F
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Man geb umb etwas nach. Wenn man den Strom verhindert
So reiſt er ſtrenger durch. Offt hat geringe Zeit/
Offt ein gelinder Wort/ die ſcharffe Grauſamkeit
Bezwungen und bepfaͤhlt. Wenn die nun ſtillen Sinnen/
Deß heiſſen Zornes leer: denn kan man vil gewinnen.
Denn pflantzt man Redlikeit auch Wunder-thiren ein.
Zaͤumt Loͤwen/ baut das Heil der ſorgenden Gemein.
Denn rettet man ſich ſelbſt/ bringt Laͤnder auß verterben.
Schuͤtzt Voͤlcker/ bauet Staͤdt/ und zeucht auß Fall und
Sterben
Wornach der Tod ſchon griff.
Papinian. Genung! ich merck-
Die Vaͤterliche Lib’ und Neigung zu dem Sohn (es ſchon
Bringt diſe Meynung vor. Papinian ſoll hoͤren
Was bey dem Unfall kan ein Roͤm’ſcher Rath-Herꝛ lehren.
Hoſtilius verſteht daß ſein Papinian
Woll ſterben: Aber nicht dem Moͤrder ſchmeicheln kan.
Man muß je Fuͤrſten was zuweilen uͤberſehen!
Nicht ſtets entgegen gehn/ bemaͤnteln was geſchehen/
Verdecken manchen Feil/ erinnern wenn es Zeit/
Anzeigen wo gejrr’t: Und mit Beſcheidenheit.
Wenn aber ſolch ein Stuͤck ob dem die Welt erzittert/
Ob dem was nah und fern beſtuͤrtzt/ und hoͤchſt erbittert/
So ſonder Schew veruͤbt/ ſtehts keiner Seelen frey;
Daß Sie ſo ſchnoͤdes Werck vor ſchoͤn’ und recht außſchrey.
Hir fordert mich der Fuͤrſt! wie koͤnt Jch doch entweichen?
Er ſteht nach meinem Ruhm. Eh muß die Sonn’ er bleichen:
Als daß Sie Mich befleckt/ verzagt/ und feig anſchaw.
Jch weiß daß Antonin ſelbſt ob der Mord-That graw;
Solt Jch denn ſolch ein Stuͤck/ trotz Sinnen! trotz Gewiſſen!
Außſtreichen? Und die Fauſt die noch blutt-triffend/ kuͤſſen?
Nein! Nein! es koſte Stand/ es koſte was es wil!
Mein Vater! wer verleurt; gewinnt auff diſem Spil.
Eugenia. Ach was verlir Jch nicht! O Stab der muͤden
Jahre! (Haare!
Hoſtilius. O letzter Troſt! O Ruhm! O Schutz der grauen
Papinian.
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