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Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650.

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Das Ander Buch.
Da ich nicht reisen wolt' außdrücklich wollen weisen;
Jsts! oder wissen wir/ weit minder alß man stht.
XIX.
An H. Johan Christoph von Schönborn Ant-
wort/ auff übersendete Sonnette.
BEtrübtes Schlesien/ bestürtzies Vaterland/
Was hast du das der grim der Seuchen nicht verzehret.
Das der geschwinde Blitz der Schwerder nicht verheret?
Was findet man bey dir/ als Leichen/ stanck/ vnd brand.
Du schleust/ in den von Blutt der Menschen/ fetten Sand
Mir Freund' vnd Bruder eyn. Du hast ihr grab beschweret
Mit deiner Aschen last/ dein Thron ist vmgekehret/
Vnd deine Freyheit heult/ im Demant-festen band
Nur eines hat dir nicht der rawe sturm genommen:
Recht vnderfälschte trew/ die einen sitz bekommen
Da wo der trawte Geist von meinem Schöndorn lebt.
Jch jrre: Nein/ wo ich! Er lebt in meinem Hertzen:
Vnd seine Seel in mir/ Jch fühle seine schmertzen.
Er/ meine: Schlesien/ diß ist waß dich erhebt.
XX.
An Eben denselben: gegen übersendete
Sonnet.
DEr Himmel hat auff mich gewüttet.
Er hat mich mehr denn hoch betrübt.
Vnd alles was mein Hertz gelibt/
Mit Erden/ in der grufft beschüttet/
Er hat im Elend mich verhüttet/
Er hat durch marter mich geübt
Gleich einem den man übergibt/
Der pein/ die Seel vnd Fleisch zerrüttet.
Doch! daß ich bißher nicht verschmachtet/

Daß
Das Ander Buch.
Da ich nicht reiſen wolt’ außdruͤcklich wollen weiſen;
Jſts! oder wiſſen wir/ weit minder alß man ſtht.
XIX.
An H. Johan Chriſtoph von Schoͤnborn Ant-
wort/ auff uͤberſendete Sonnette.
BEtruͤbtes Schleſien/ beſtuͤrtzies Vaterland/
Was haſt du das der grim der Seuchen nicht verzehret.
Das der geſchwinde Blitz der Schwerder nicht verheret?
Was findet man bey dir/ als Leichen/ ſtanck/ vnd brand.
Du ſchleuſt/ in den von Blutt der Menſchen/ fetten Sand
Mir Freund’ vnd Bruder eyn. Du haſt ihr grab beſchweret
Mit deiner Aſchen laſt/ dein Thron iſt vmgekehret/
Vnd deine Freyheit heult/ im Demant-feſten band
Nur eines hat dir nicht der rawe ſturm genommen:
Recht vnderfaͤlſchte trew/ die einen ſitz bekommen
Da wo der trawte Geiſt von meinem Schoͤndorn lebt.
Jch jrꝛe: Nein/ wo ich! Er lebt in meinem Hertzen:
Vnd ſeine Seel in mir/ Jch fuͤhle ſeine ſchmertzen.
Er/ meine: Schleſien/ diß iſt waß dich erhebt.
XX.
An Eben denſelben: gegen uͤberſendete
Sonnet.
DEr Himmel hat auff mich gewuͤttet.
Er hat mich mehr denn hoch betruͤbt.
Vnd alles was mein Hertz gelibt/
Mit Erden/ in der grufft beſchuͤttet/
Er hat im Elend mich verhuͤttet/
Er hat durch marter mich geuͤbt
Gleich einem den man uͤbergibt/
Der pein/ die Seel vnd Fleiſch zerꝛuͤttet.
Doch! daß ich bißher nicht verſchmachtet/

Daß
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[179/0191] Das Ander Buch. Da ich nicht reiſen wolt’ außdruͤcklich wollen weiſen; Jſts! oder wiſſen wir/ weit minder alß man ſtht. XIX. An H. Johan Chriſtoph von Schoͤnborn Ant- wort/ auff uͤberſendete Sonnette. BEtruͤbtes Schleſien/ beſtuͤrtzies Vaterland/ Was haſt du das der grim der Seuchen nicht verzehret. Das der geſchwinde Blitz der Schwerder nicht verheret? Was findet man bey dir/ als Leichen/ ſtanck/ vnd brand. Du ſchleuſt/ in den von Blutt der Menſchen/ fetten Sand Mir Freund’ vnd Bruder eyn. Du haſt ihr grab beſchweret Mit deiner Aſchen laſt/ dein Thron iſt vmgekehret/ Vnd deine Freyheit heult/ im Demant-feſten band Nur eines hat dir nicht der rawe ſturm genommen: Recht vnderfaͤlſchte trew/ die einen ſitz bekommen Da wo der trawte Geiſt von meinem Schoͤndorn lebt. Jch jrꝛe: Nein/ wo ich! Er lebt in meinem Hertzen: Vnd ſeine Seel in mir/ Jch fuͤhle ſeine ſchmertzen. Er/ meine: Schleſien/ diß iſt waß dich erhebt. XX. An Eben denſelben: gegen uͤberſendete Sonnet. DEr Himmel hat auff mich gewuͤttet. Er hat mich mehr denn hoch betruͤbt. Vnd alles was mein Hertz gelibt/ Mit Erden/ in der grufft beſchuͤttet/ Er hat im Elend mich verhuͤttet/ Er hat durch marter mich geuͤbt Gleich einem den man uͤbergibt/ Der pein/ die Seel vnd Fleiſch zerꝛuͤttet. Doch! daß ich bißher nicht verſchmachtet/ Daß

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Teutsche Reim-Gedichte. Frankfurt (Main), 1650, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_leoarmenius_1650/191>, abgerufen am 28.04.2024.