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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Augen auf, wie unser eigenes Kind. -- Es war ein lustiges, übermüthiges Ding, voll der närrischsten Einfälle von Jugend auf, dabei grundgut von Herzen, unverdorben, arglos und talentvoll über ihre Sphäre hinaus. -- Alles, was sie begann und unternahm, gelang wider Erwarten, und selbst ihre tausenderlei kleinen Schalksstreiche standen ihr gut zu Gesicht. Wenn der Herr Vetter Isidor vor zehn Jahren uns besucht hätte, er würde seine Freude an dem Kind gehabt haben, und vielleicht wäre dann Alles anders gekommen. Wir hatten eigentlich kein großes Zutrauen zu ihrer Zukunft, denn sie war als Kind nicht besonders schön; braun und schwarz wie ein Zigeunerkind aus dem Wald heraus. Erst als sie aus der Pension kam, wo sie drei Jahre gewesen, war sie wunderbar aufgeblüht, ein wildes Waldröschen, herzig zum Küssen, ich war selbst ganz vernarrt in das Ding und machte mit ihrer Mutter hundert Pläne über ihre Zukunft. -- Aber was hilft alle Vorsicht! -- Zwar wir schlossen sie ab vor der Welt, aus Furcht, ihre seltene Schönheit könne ihr Verderben werden, und glücklicherweise liegt das Hofgut so einsam und weltverloren, daß sich von den schlechten Menschen keiner hierher verirrt. Aber, wie gesagt, was hilft alle Vorsicht! Damals -- es war im Winter vor sieben Jahren -- waren Verwandte zum Besuche da, Mädchen aus der Provinz, die einen Mann suchten in der Hauptstadt, wie das so geht. Es gab allerlei Lustbarkeiten und Feste. Auch ein großer Maskenball in der Ressource

Augen auf, wie unser eigenes Kind. — Es war ein lustiges, übermüthiges Ding, voll der närrischsten Einfälle von Jugend auf, dabei grundgut von Herzen, unverdorben, arglos und talentvoll über ihre Sphäre hinaus. — Alles, was sie begann und unternahm, gelang wider Erwarten, und selbst ihre tausenderlei kleinen Schalksstreiche standen ihr gut zu Gesicht. Wenn der Herr Vetter Isidor vor zehn Jahren uns besucht hätte, er würde seine Freude an dem Kind gehabt haben, und vielleicht wäre dann Alles anders gekommen. Wir hatten eigentlich kein großes Zutrauen zu ihrer Zukunft, denn sie war als Kind nicht besonders schön; braun und schwarz wie ein Zigeunerkind aus dem Wald heraus. Erst als sie aus der Pension kam, wo sie drei Jahre gewesen, war sie wunderbar aufgeblüht, ein wildes Waldröschen, herzig zum Küssen, ich war selbst ganz vernarrt in das Ding und machte mit ihrer Mutter hundert Pläne über ihre Zukunft. — Aber was hilft alle Vorsicht! — Zwar wir schlossen sie ab vor der Welt, aus Furcht, ihre seltene Schönheit könne ihr Verderben werden, und glücklicherweise liegt das Hofgut so einsam und weltverloren, daß sich von den schlechten Menschen keiner hierher verirrt. Aber, wie gesagt, was hilft alle Vorsicht! Damals — es war im Winter vor sieben Jahren — waren Verwandte zum Besuche da, Mädchen aus der Provinz, die einen Mann suchten in der Hauptstadt, wie das so geht. Es gab allerlei Lustbarkeiten und Feste. Auch ein großer Maskenball in der Ressource

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[0019] Augen auf, wie unser eigenes Kind. — Es war ein lustiges, übermüthiges Ding, voll der närrischsten Einfälle von Jugend auf, dabei grundgut von Herzen, unverdorben, arglos und talentvoll über ihre Sphäre hinaus. — Alles, was sie begann und unternahm, gelang wider Erwarten, und selbst ihre tausenderlei kleinen Schalksstreiche standen ihr gut zu Gesicht. Wenn der Herr Vetter Isidor vor zehn Jahren uns besucht hätte, er würde seine Freude an dem Kind gehabt haben, und vielleicht wäre dann Alles anders gekommen. Wir hatten eigentlich kein großes Zutrauen zu ihrer Zukunft, denn sie war als Kind nicht besonders schön; braun und schwarz wie ein Zigeunerkind aus dem Wald heraus. Erst als sie aus der Pension kam, wo sie drei Jahre gewesen, war sie wunderbar aufgeblüht, ein wildes Waldröschen, herzig zum Küssen, ich war selbst ganz vernarrt in das Ding und machte mit ihrer Mutter hundert Pläne über ihre Zukunft. — Aber was hilft alle Vorsicht! — Zwar wir schlossen sie ab vor der Welt, aus Furcht, ihre seltene Schönheit könne ihr Verderben werden, und glücklicherweise liegt das Hofgut so einsam und weltverloren, daß sich von den schlechten Menschen keiner hierher verirrt. Aber, wie gesagt, was hilft alle Vorsicht! Damals — es war im Winter vor sieben Jahren — waren Verwandte zum Besuche da, Mädchen aus der Provinz, die einen Mann suchten in der Hauptstadt, wie das so geht. Es gab allerlei Lustbarkeiten und Feste. Auch ein großer Maskenball in der Ressource

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/19>, abgerufen am 27.11.2024.