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Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

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se/ darauff er in allen vorfallenden Be-
gebenheiten Vorhör und Rechtlichen
Bescheid zu ertheilen pflegte.

Musai stunde da als ein Kläger wi-
der den Diebstahl des unschuldigen
Benjamins; des beklagten Brüder a-
ber baten um Gnad/ weil sie sonst nichts
anders vorzuschützen wusten; sie waren
zwar seiner Unschuld so weit daß Ben-
jamin zu keiner Dieberey aufferzogen
worden wäre/ genugsam versichert;
wer hätte sich aber erkühnen dörffen/
beydes Klägern und Richtern in wel-
cher Gewalt sie waren/ Lügen zustraf-
fen/ sonderlich weil der Diebstahl hin-
ter ihm gefunden worden.

Jn dessen aber fiel Josephs Bescheid
allem Ansehen nach gar gerecht/ nem-
lich das Benjamin als der Thäter wie
ein offentlicher und überzeugter Dieb
mit dem Strang vom Leben zum Todt
gerichtet: Seine Brüder aber die sich
als Ehrliche Leut an niemand vergriffen/
unter Königlichen Paß und Geleid
frey sicher und ungehindert samt ihrer

erkauff-

ſe/ darauff er in allen vorfallenden Be-
gebenheiten Vorhoͤr und Rechtlichen
Beſcheid zu ertheilen pflegte.

Muſai ſtunde da als ein Klaͤger wi-
der den Diebſtahl des unſchuldigen
Benjamins; des beklagten Bruͤder a-
ber baten um Gnad/ weil ſie ſonſt nichts
anders vorzuſchuͤtzen wuſten; ſie waren
zwar ſeiner Unſchuld ſo weit daß Ben-
jamin zu keiner Dieberey aufferzogen
worden waͤre/ genugſam verſichert;
wer haͤtte ſich aber erkuͤhnen doͤrffen/
beydes Klaͤgern und Richtern in wel-
cher Gewalt ſie waren/ Luͤgen zuſtraf-
fen/ ſonderlich weil der Diebſtahl hin-
ter ihm gefunden worden.

Jn deſſen aber fiel Joſephs Beſcheid
allem Anſehen nach gar gerecht/ nem-
lich das Benjamin als der Thaͤter wie
ein offentlicher und uͤberzeugter Dieb
mit dem Strang vom Leben zum Todt
gerichtet: Seine Bruͤder aber die ſich
als Ehrliche Leut an niemand vergriffen/
unter Koͤniglichen Paß und Geleid
frey ſicher und ungehindert ſamt ihrer

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[204.[204]/0206] ſe/ darauff er in allen vorfallenden Be- gebenheiten Vorhoͤr und Rechtlichen Beſcheid zu ertheilen pflegte. Muſai ſtunde da als ein Klaͤger wi- der den Diebſtahl des unſchuldigen Benjamins; des beklagten Bruͤder a- ber baten um Gnad/ weil ſie ſonſt nichts anders vorzuſchuͤtzen wuſten; ſie waren zwar ſeiner Unſchuld ſo weit daß Ben- jamin zu keiner Dieberey aufferzogen worden waͤre/ genugſam verſichert; wer haͤtte ſich aber erkuͤhnen doͤrffen/ beydes Klaͤgern und Richtern in wel- cher Gewalt ſie waren/ Luͤgen zuſtraf- fen/ ſonderlich weil der Diebſtahl hin- ter ihm gefunden worden. Jn deſſen aber fiel Joſephs Beſcheid allem Anſehen nach gar gerecht/ nem- lich das Benjamin als der Thaͤter wie ein offentlicher und uͤberzeugter Dieb mit dem Strang vom Leben zum Todt gerichtet: Seine Bruͤder aber die ſich als Ehrliche Leut an niemand vergriffen/ unter Koͤniglichen Paß und Geleid frey ſicher und ungehindert ſamt ihrer erkauff-

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Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 204.[204]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/206>, abgerufen am 25.11.2024.