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Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667.

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ren sie sich schämen hätte müssen/ wann
die Warheit in jedermans Ohr kommen
wäre; So wolte ihr auch nicht gebüh-
ren/ das sie als ein Fräulein von Kö-
niglichem Stammen sich eines Scla-
vens annehme; drittens wann sie gleich
alles thät/ was sie hätte thun können/
ihn seiner Tugend wegen frey zu ma-
chen/ so hätte doch jederman geurtheilt
solches wäre seiner Schönheit und nicht
seiner Tugend wegen beschehen; andern
theils tribulirte sie die hertzliche Lieb und
das Mitleiden so sie wegen seiner Un-
schuld trug/ also das sie nicht wuste/
wessen sie sich entschliessen solte; Derge-
stalt wurde ihr Hertz gleichsam wie ein
Schiff vom Nord und Sudwind zu
gleich angegrissen und bestürmt; End-
lich verpetschierte sie hundert Tumin ne-
ben einem Brieff an dem Kerckermei-
ster/ und liesse ihm denselben durch ein
vierdte Person zu eignen Handen lief-
fern; der Jnhalt dessen lautet also.

Wann du das Geschlecht Pharao-
nis deiner Schuldigkeit nach in Ehren

hältst/
F iij

ren ſie ſich ſchaͤmen haͤtte muͤſſen/ wann
die Warheit in jedermans Ohr kom̃en
waͤre; So wolte ihr auch nicht gebuͤh-
ren/ das ſie als ein Fraͤulein von Koͤ-
niglichem Stammen ſich eines Scla-
vens annehme; drittens wann ſie gleich
alles thaͤt/ was ſie haͤtte thun koͤnnen/
ihn ſeiner Tugend wegen frey zu ma-
chen/ ſo haͤtte doch jederman geurtheilt
ſolches waͤre ſeiner Schoͤnheit und nicht
ſeiner Tugend wegen beſchehen; andern
theils tribulirte ſie die hertzliche Lieb und
das Mitleiden ſo ſie wegen ſeiner Un-
ſchuld trug/ alſo das ſie nicht wuſte/
weſſen ſie ſich entſchlieſſen ſolte; Derge-
ſtalt wurde ihr Hertz gleichſam wie ein
Schiff vom Nord und Sudwind zu
gleich angegriſſen und beſtuͤrmt; End-
lich verpetſchierte ſie hundert Tumin ne-
ben einem Brieff an dem Kerckermei-
ſter/ und lieſſe ihm denſelben durch ein
vierdte Perſon zu eignen Handen lief-
fern; der Jnhalt deſſen lautet alſo.

Wann du das Geſchlecht Pharao-
nis deiner Schuldigkeit nach in Ehren

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[121.[121]/0125] ren ſie ſich ſchaͤmen haͤtte muͤſſen/ wann die Warheit in jedermans Ohr kom̃en waͤre; So wolte ihr auch nicht gebuͤh- ren/ das ſie als ein Fraͤulein von Koͤ- niglichem Stammen ſich eines Scla- vens annehme; drittens wann ſie gleich alles thaͤt/ was ſie haͤtte thun koͤnnen/ ihn ſeiner Tugend wegen frey zu ma- chen/ ſo haͤtte doch jederman geurtheilt ſolches waͤre ſeiner Schoͤnheit und nicht ſeiner Tugend wegen beſchehen; andern theils tribulirte ſie die hertzliche Lieb und das Mitleiden ſo ſie wegen ſeiner Un- ſchuld trug/ alſo das ſie nicht wuſte/ weſſen ſie ſich entſchlieſſen ſolte; Derge- ſtalt wurde ihr Hertz gleichſam wie ein Schiff vom Nord und Sudwind zu gleich angegriſſen und beſtuͤrmt; End- lich verpetſchierte ſie hundert Tumin ne- ben einem Brieff an dem Kerckermei- ſter/ und lieſſe ihm denſelben durch ein vierdte Perſon zu eignen Handen lief- fern; der Jnhalt deſſen lautet alſo. Wann du das Geſchlecht Pharao- nis deiner Schuldigkeit nach in Ehren haͤltſt/ F iij

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Zitationshilfe: Samuel Greifnson vom Hirschfeld [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Exempel Der unveränderlichen Vorsehung Gottes. [Nürnberg], 1667, S. 121.[121]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_vorsehung_1667/125>, abgerufen am 25.11.2024.