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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Fünfftes Buch.
unter seinem Regiment versprochen/ welches ich dann
gar nit außschlug/ denn ich dachte/ ein Hauptmann
zu seyn/ ist fürwahr kein Kinderspiel! Aber Hertzbru-
der verwiese mir den andern Tag meine Leichtfertig-
keit/ und sagte/ wenn ich nur noch länger gehalten
hätte/ so wäre ich noch wol höher ankommen.

Also wurde ich einer Compagni vor einen Haupt-
mann vorgestellt/ welche/ ob sie zwar mit sampt mir
in prima Plana gantz complet, aber nit mehr als siben
Schillergäst hatte/ zu dem meine Unter-Officier meh-
rentheils alte Krachwedel/ darüber ich mich hindern
Ohren kratzte/ als wurde ich mit ihnen bey der ohn-
längst hernach vorgangenen scharffen Occasion desto
leichter gemartscht/ in welcher der Graf von Götz
das Leben/ Hertzbruder aber seine Testiculi einbüste/
die er durch einen Schuß verlor; ich bekam meinen
Theil in einen Schenckel/ so aber gar eine geringe
Wunde war. Dannenhero begaben wir uns auff
Wien/ umb sich curiren zu lassen/ weil wir ohne das
unser Vermögen dort hatten/ ohne diese Wunden/
so zwar bald geheylet/ ereignete sich an Hertzbrudern
ein anderer gefährlicher Zustand/ den die Medici an-
sänglich nit gleich erkennen konten/ dann er wurde
lahm an allen vieren/ wie ein Cholericus den die Gall
verderbt/ und war doch am wenigsten selbiger Com-
plexion
noch dem Zorn beygethan/ nichts desto weni-
ger wurde ihm die Saurdrunnen-Cur gerathen/ und
hierzu der Grießbach an dem Schwartzwald vorge-
schlagen.

Also verändert sich das Glück unversehens/ Hertz-
bruder hatte kurtz zuvor den Willen gehabt/ sich mit
einem vornehmen Fräulein zu verheuraten/ und zu

solchem
Y v

Fuͤnfftes Buch.
unter ſeinem Regiment verſprochen/ welches ich dañ
gar nit außſchlug/ denn ich dachte/ ein Hauptmann
zu ſeyn/ iſt fuͤrwahr kein Kinderſpiel! Aber Hertzbru-
der verwieſe mir den andern Tag meine Leichtfertig-
keit/ und ſagte/ wenn ich nur noch laͤnger gehalten
haͤtte/ ſo waͤre ich noch wol hoͤher ankommen.

Alſo wurde ich einer Compagni vor einen Haupt-
mann vorgeſtellt/ welche/ ob ſie zwar mit ſampt mir
in prima Plana gantz complet, aber nit mehr als ſiben
Schillergaͤſt hatte/ zu dem meine Unter-Officier meh-
rentheils alte Krachwedel/ daruͤber ich mich hindern
Ohren kratzte/ als wurde ich mit ihnen bey der ohn-
laͤngſt hernach vorgangenen ſcharffen Occaſion deſto
leichter gemartſcht/ in welcher der Graf von Goͤtz
das Leben/ Hertzbruder aber ſeine Teſticuli einbuͤſte/
die er durch einen Schuß verlor; ich bekam meinen
Theil in einen Schenckel/ ſo aber gar eine geringe
Wunde war. Dannenhero begaben wir uns auff
Wien/ umb ſich curiren zu laſſen/ weil wir ohne das
unſer Vermoͤgen dort hatten/ ohne dieſe Wunden/
ſo zwar bald geheylet/ ereignete ſich an Hertzbrudern
ein anderer gefaͤhrlicher Zuſtand/ den die Medici an-
ſaͤnglich nit gleich erkennen konten/ dann er wurde
lahm an allen vieren/ wie ein Cholericus den die Gall
verderbt/ und war doch am wenigſten ſelbiger Com-
plexion
noch dem Zorn beygethan/ nichts deſto weni-
ger wurde ihm die Saurdrunnen-Cur gerathen/ und
hierzu der Grießbach an dem Schwartzwald vorge-
ſchlagen.

Alſo veraͤndert ſich das Gluͤck unverſehens/ Hertz-
bruder hatte kurtz zuvor den Willen gehabt/ ſich mit
einem vornehmen Fraͤulein zu verheuraten/ und zu

ſolchem
Y v
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[511/0517] Fuͤnfftes Buch. unter ſeinem Regiment verſprochen/ welches ich dañ gar nit außſchlug/ denn ich dachte/ ein Hauptmann zu ſeyn/ iſt fuͤrwahr kein Kinderſpiel! Aber Hertzbru- der verwieſe mir den andern Tag meine Leichtfertig- keit/ und ſagte/ wenn ich nur noch laͤnger gehalten haͤtte/ ſo waͤre ich noch wol hoͤher ankommen. Alſo wurde ich einer Compagni vor einen Haupt- mann vorgeſtellt/ welche/ ob ſie zwar mit ſampt mir in prima Plana gantz complet, aber nit mehr als ſiben Schillergaͤſt hatte/ zu dem meine Unter-Officier meh- rentheils alte Krachwedel/ daruͤber ich mich hindern Ohren kratzte/ als wurde ich mit ihnen bey der ohn- laͤngſt hernach vorgangenen ſcharffen Occaſion deſto leichter gemartſcht/ in welcher der Graf von Goͤtz das Leben/ Hertzbruder aber ſeine Teſticuli einbuͤſte/ die er durch einen Schuß verlor; ich bekam meinen Theil in einen Schenckel/ ſo aber gar eine geringe Wunde war. Dannenhero begaben wir uns auff Wien/ umb ſich curiren zu laſſen/ weil wir ohne das unſer Vermoͤgen dort hatten/ ohne dieſe Wunden/ ſo zwar bald geheylet/ ereignete ſich an Hertzbrudern ein anderer gefaͤhrlicher Zuſtand/ den die Medici an- ſaͤnglich nit gleich erkennen konten/ dann er wurde lahm an allen vieren/ wie ein Cholericus den die Gall verderbt/ und war doch am wenigſten ſelbiger Com- plexion noch dem Zorn beygethan/ nichts deſto weni- ger wurde ihm die Saurdrunnen-Cur gerathen/ und hierzu der Grießbach an dem Schwartzwald vorge- ſchlagen. Alſo veraͤndert ſich das Gluͤck unverſehens/ Hertz- bruder hatte kurtz zuvor den Willen gehabt/ ſich mit einem vornehmen Fraͤulein zu verheuraten/ und zu ſolchem Y v

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/517>, abgerufen am 26.11.2024.