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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi

Ehe dieser ankam/ unterstund ich etlich mal auff-
zustehen/ aber der Obrist Leutenant machte mich mit
bedrohlichen Minen ligen bleibend/ also daß ich er-
fahren muste/ wie gar keine Courage ein Kerl hat/ der
auff einer bösen That erdappt wird/ und wie einem
Dieb umbs Hertz ist/ den man erwischt/ wenn er ein-
gebrochen/ ob er gleich noch nichts gestolen hat; ich
gedenck der lieben Zeit/ wenn mir der Obr. Leutenant
sampt zwey solchen Croaten auffgestossen wäre/ daß
ich sie alle drey zu jagen unterstanden/ aber jetzt lag
ich da wie ein ander Bernheuter/ und hatte nicht das
Hertz/ nur das Maul/ geschweig die Fäust recht auff-
zuthun. Seht Herr Pfarrer/ sagte er/ das schöne
Spectacul, zu welchem ich euch zum Zeugen meiner
Schand beruffen muß! und kaum hatte er dise Wort
ordentlich vorgebracht/ da fieng er wieder an zu wü-
ten/ und das tausend ins hundert zu werffen/ daß ich
nichts anders als vom Halsbrechen/ und Händ in
Blut wäschen verstehen konte; er schaumte umbs
Maul wie ein Eber/ und stellte sich nicht anders/ als
ob er gar von Sinnen kommen wolte/ also daß ich
alle Augenblick gedachte/ jetzt jagt er dir eine Kugel
durch den Kopff! Der Pfarrer aber wehrte mit Hän-
den und Füssen/ daß nichts tödtliches geschehe/ so
ihn hernach reuen möchte; Was? sagte er/ Herr
Obrist Leutenant/ braucht euer hohe Vernunfft/ und
bedenckt das Sprüchwort/ daß man zu geschehenen
Dingen das beste reden soll; diß schöne junge Paar/
das seines gleichen schwerlich im Land hat/ ist nicht
das erste/ und auch nicht das letzte/ so sich von den
unüberwindlichen Kräfften der Liebe meistern lassen;
dieser Fehler/ den sie beyde begangen/ kan auch durch

sie/
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi

Ehe dieſer ankam/ unterſtund ich etlich mal auff-
zuſtehen/ aber der Obriſt Leutenant machte mich mit
bedrohlichen Minen ligen bleibend/ alſo daß ich er-
fahren muſte/ wie gar keine Courage ein Kerl hat/ der
auff einer boͤſen That erdappt wird/ und wie einem
Dieb umbs Hertz iſt/ den man erwiſcht/ wenn er ein-
gebrochen/ ob er gleich noch nichts geſtolen hat; ich
gedenck der lieben Zeit/ wenn mir der Obr. Leutenant
ſampt zwey ſolchen Croaten auffgeſtoſſen waͤre/ daß
ich ſie alle drey zu jagen unterſtanden/ aber jetzt lag
ich da wie ein ander Bernheuter/ und hatte nicht das
Hertz/ nur das Maul/ geſchweig die Faͤuſt recht auff-
zuthun. Seht Herꝛ Pfarꝛer/ ſagte er/ das ſchoͤne
Spectacul, zu welchem ich euch zum Zeugen meiner
Schand beruffen muß! und kaum hatte er diſe Wort
ordentlich vorgebracht/ da fieng er wieder an zu wuͤ-
ten/ und das tauſend ins hundert zu werffen/ daß ich
nichts anders als vom Halsbrechen/ und Haͤnd in
Blut waͤſchen verſtehen konte; er ſchaumte umbs
Maul wie ein Eber/ und ſtellte ſich nicht anders/ als
ob er gar von Sinnen kommen wolte/ alſo daß ich
alle Augenblick gedachte/ jetzt jagt er dir eine Kugel
durch den Kopff! Der Pfarꝛer aber wehrte mit Haͤn-
den und Fuͤſſen/ daß nichts toͤdtliches geſchehe/ ſo
ihn hernach reuen moͤchte; Was? ſagte er/ Herꝛ
Obriſt Leutenant/ braucht euer hohe Vernunfft/ und
bedenckt das Spruͤchwort/ daß man zu geſchehenen
Dingen das beſte reden ſoll; diß ſchoͤne junge Paar/
das ſeines gleichen ſchwerlich im Land hat/ iſt nicht
das erſte/ und auch nicht das letzte/ ſo ſich von den
unuͤberwindlichen Kraͤfften der Liebe meiſtern laſſen;
dieſer Fehler/ den ſie beyde begangen/ kan auch durch

ſie/
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[364/0370] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Ehe dieſer ankam/ unterſtund ich etlich mal auff- zuſtehen/ aber der Obriſt Leutenant machte mich mit bedrohlichen Minen ligen bleibend/ alſo daß ich er- fahren muſte/ wie gar keine Courage ein Kerl hat/ der auff einer boͤſen That erdappt wird/ und wie einem Dieb umbs Hertz iſt/ den man erwiſcht/ wenn er ein- gebrochen/ ob er gleich noch nichts geſtolen hat; ich gedenck der lieben Zeit/ wenn mir der Obr. Leutenant ſampt zwey ſolchen Croaten auffgeſtoſſen waͤre/ daß ich ſie alle drey zu jagen unterſtanden/ aber jetzt lag ich da wie ein ander Bernheuter/ und hatte nicht das Hertz/ nur das Maul/ geſchweig die Faͤuſt recht auff- zuthun. Seht Herꝛ Pfarꝛer/ ſagte er/ das ſchoͤne Spectacul, zu welchem ich euch zum Zeugen meiner Schand beruffen muß! und kaum hatte er diſe Wort ordentlich vorgebracht/ da fieng er wieder an zu wuͤ- ten/ und das tauſend ins hundert zu werffen/ daß ich nichts anders als vom Halsbrechen/ und Haͤnd in Blut waͤſchen verſtehen konte; er ſchaumte umbs Maul wie ein Eber/ und ſtellte ſich nicht anders/ als ob er gar von Sinnen kommen wolte/ alſo daß ich alle Augenblick gedachte/ jetzt jagt er dir eine Kugel durch den Kopff! Der Pfarꝛer aber wehrte mit Haͤn- den und Fuͤſſen/ daß nichts toͤdtliches geſchehe/ ſo ihn hernach reuen moͤchte; Was? ſagte er/ Herꝛ Obriſt Leutenant/ braucht euer hohe Vernunfft/ und bedenckt das Spruͤchwort/ daß man zu geſchehenen Dingen das beſte reden ſoll; diß ſchoͤne junge Paar/ das ſeines gleichen ſchwerlich im Land hat/ iſt nicht das erſte/ und auch nicht das letzte/ ſo ſich von den unuͤberwindlichen Kraͤfften der Liebe meiſtern laſſen; dieſer Fehler/ den ſie beyde begangen/ kan auch durch ſie/

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/370>, abgerufen am 22.11.2024.