German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.Deß Abentheurl. Simplicissimi sinniger Mann ermaß ohnschwer auß den Umbstän-den/ daß Olivier seinem Sohn diß Bad durch den Provosen hatte zurichten lassen/ was vermochte er aber wider einen Zauberer? von dem er noch ärgers zu besorgen hatte/ wann er sich anders einiger Rach hätte unterfangen wollen; Uber diß versahe er sich seines Todts/ und wuste doch nicht geruhiglich zu sterben/ weil er seinen Sohn in solcher Schand hin- der sich lassen solte: Jn welchem Stand der Sohn desto weniger zu leben getraute/ umb wie vielmehr er ohne das wünschte/ vor dem Vatter zu sterben. Es war versichert dieser beyder Jammer so erbärm- lich anzuschauen/ daß ich von Hertzen weynen muste! zuletzt war ihr gemeiner einhelliger Schluß/ GOtt ihre Sach in Gedult heimzustellen/ und der Sohn solte auff Mittel und Weg gedencken/ wie er sich von seiner Compagnia loß würcken/ und anderwerts sein Glück suchen könte; als sie aber die Sach bey dem Liecht besahen/ da manglets am Geld/ mit welchem er sich bey seinem Capita[i]n loß kauffen solte/ und in dem sie betrachteten und bejammerten/ in was vor einem Elend sie die Armuth gefangen hielte/ und alle Hoffnung abschnitte/ ihren gegenwärtigen Stand zu verbessern/ erinnerte ich mich erst meiner Duca- ten/ die ich noch in meinen Esels-Ohren vernähet hatte; Fragte derowegen/ wie viel sie dann Gelds zu dieser ihrer Notdurfft haben müsten? der Junge Hertzbruder antwortet/ wenn einer käme/ und uns bundert Thaler brächte/ so getraute ich auß allen meinen Nöthen zu kommen: Jch antwortet/ Bru- der/ wann dir damit geholffen wird/ so hab ein gut Hertz/ dann ich will dir hundert Ducaten geben: Ach Bruder
Deß Abentheurl. Simpliciſſimi ſinniger Mann ermaß ohnſchwer auß den Umbſtaͤn-den/ daß Olivier ſeinem Sohn diß Bad durch den Provoſen hatte zurichten laſſen/ was vermochte er aber wider einen Zauberer? von dem er noch aͤrgers zu beſorgen hatte/ wann er ſich anders einiger Rach haͤtte unterfangen wollen; Uber diß verſahe er ſich ſeines Todts/ und wuſte doch nicht geruhiglich zu ſterben/ weil er ſeinen Sohn in ſolcher Schand hin- der ſich laſſen ſolte: Jn welchem Stand der Sohn deſto weniger zu leben getraute/ umb wie vielmehr er ohne das wuͤnſchte/ vor dem Vatter zu ſterben. Es war verſichert dieſer beyder Jammer ſo erbaͤrm- lich anzuſchauen/ daß ich von Hertzen weynen muſte! zuletzt war ihr gemeiner einhelliger Schluß/ GOtt ihre Sach in Gedult heimzuſtellen/ und der Sohn ſolte auff Mittel und Weg gedencken/ wie er ſich von ſeiner Compagnia loß wuͤrcken/ und anderwerts ſein Gluͤck ſuchen koͤnte; als ſie aber die Sach bey dem Liecht beſahen/ da manglets am Geld/ mit welchem er ſich bey ſeinem Capita[i]n loß kauffen ſolte/ und in dem ſie betrachteten und bejammerten/ in was vor einem Elend ſie die Armuth gefangen hielte/ und alle Hoffnung abſchnitte/ ihren gegenwaͤrtigen Stand zu verbeſſern/ erinnerte ich mich erſt meiner Duca- ten/ die ich noch in meinen Eſels-Ohren vernaͤhet hatte; Fragte derowegen/ wie viel ſie dann Gelds zu dieſer ihrer Notdurfft haben muͤſten? der Junge Hertzbruder antwortet/ wenn einer kaͤme/ und uns bundert Thaler braͤchte/ ſo getraute ich auß allen meinen Noͤthen zu kommen: Jch antwortet/ Bru- der/ wann dir damit geholffen wird/ ſo hab ein gut Hertz/ dann ich will dir hundert Ducaten geben: Ach Bruder
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Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
ſinniger Mann ermaß ohnſchwer auß den Umbſtaͤn-
den/ daß Olivier ſeinem Sohn diß Bad durch den
Provoſen hatte zurichten laſſen/ was vermochte er
aber wider einen Zauberer? von dem er noch aͤrgers
zu beſorgen hatte/ wann er ſich anders einiger Rach
haͤtte unterfangen wollen; Uber diß verſahe er ſich
ſeines Todts/ und wuſte doch nicht geruhiglich zu
ſterben/ weil er ſeinen Sohn in ſolcher Schand hin-
der ſich laſſen ſolte: Jn welchem Stand der Sohn
deſto weniger zu leben getraute/ umb wie vielmehr
er ohne das wuͤnſchte/ vor dem Vatter zu ſterben.
Es war verſichert dieſer beyder Jammer ſo erbaͤrm-
lich anzuſchauen/ daß ich von Hertzen weynen muſte!
zuletzt war ihr gemeiner einhelliger Schluß/ GOtt
ihre Sach in Gedult heimzuſtellen/ und der Sohn
ſolte auff Mittel und Weg gedencken/ wie er ſich von
ſeiner Compagnia loß wuͤrcken/ und anderwerts ſein
Gluͤck ſuchen koͤnte; als ſie aber die Sach bey dem
Liecht beſahen/ da manglets am Geld/ mit welchem
er ſich bey ſeinem Capitain loß kauffen ſolte/ und in
dem ſie betrachteten und bejammerten/ in was vor
einem Elend ſie die Armuth gefangen hielte/ und alle
Hoffnung abſchnitte/ ihren gegenwaͤrtigen Stand
zu verbeſſern/ erinnerte ich mich erſt meiner Duca-
ten/ die ich noch in meinen Eſels-Ohren vernaͤhet
hatte; Fragte derowegen/ wie viel ſie dann Gelds
zu dieſer ihrer Notdurfft haben muͤſten? der Junge
Hertzbruder antwortet/ wenn einer kaͤme/ und uns
bundert Thaler braͤchte/ ſo getraute ich auß allen
meinen Noͤthen zu kommen: Jch antwortet/ Bru-
der/ wann dir damit geholffen wird/ ſo hab ein gut
Hertz/ dann ich will dir hundert Ducaten geben: Ach
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