Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Deß Weltberuffenen SIMPLICISSIMI Pralerey und Gepräng mit seinem Teutschen Michel. [Nürnberg], 1673.Mann / ja kein unvernünfftig Thier / sonder ein Mensch geboren worden! und hierzu veranlast mich vornemblich diß / daß ich täglich sehe / wie etliche unserer Landsleuthe sich selbst verderben / und ihrer teutschen Art absterben / wann sie sich neben Ergreiffung frembder Sprachen / auch frembder delicater Speisen / prächtiger Kleydungen Gebrauchs: und im übrigen durchauß ein zärtlich Weibisch / ja schier Viehisches Leben angewöhnet: und sich also ihres Herkommens / Standes und Namens entwürdigt haben. Schön stehets / wie ich auch oben gemeldet / wann einer sprachkündig ist / und geraiset hat! Aber gleichwol schätzte das Oracul zu Delphis Aglaum Psophidium vor den allerglückseligsten Menschen seiner Zeit / ob er gleich niemahlen keinen Fuß auß seinem geringen Bauren-Gut gesetzt / noch ein andere Sprach / als die seine Mutter geredet / gelernet hatte: Uberdas haben die nahmhaffteste Völcker ihr Vatterland und dessen gemeinen Nutzen jeweils höher geachtet / als ihr aigen Reputation, Ehr Mann / ja kein unvernünfftig Thier / sonder ein Mensch geboren worden! und hierzu veranlast mich vornemblich diß / daß ich täglich sehe / wie etliche unserer Landsleuthe sich selbst verderben / und ihrer teutschen Art absterben / wann sie sich neben Ergreiffung frembder Sprachen / auch frembder delicater Speisen / prächtiger Kleydungen Gebrauchs: und im übrigen durchauß ein zärtlich Weibisch / ja schier Viehisches Leben angewöhnet: und sich also ihres Herkommens / Standes und Namens entwürdigt haben. Schön stehets / wie ich auch oben gemeldet / wann einer sprachkündig ist / und geraiset hat! Aber gleichwol schätzte das Oracul zu Delphis Aglaum Psophidium vor den allerglückseligsten Menschen seiner Zeit / ob er gleich niemahlen keinen Fuß auß seinem geringen Bauren-Gut gesetzt / noch ein andere Sprach / als die seine Mutter geredet / gelernet hatte: Uberdas haben die nahmhaffteste Völcker ihr Vatterland und dessen gemeinen Nutzen jeweils höher geachtet / als ihr aigen Reputation, Ehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="23"/> Mann / ja kein unvernünfftig Thier / sonder ein Mensch geboren worden! und hierzu veranlast mich vornemblich diß / daß ich täglich sehe / wie etliche unserer Landsleuthe sich selbst verderben / und ihrer teutschen Art absterben / wann sie sich neben Ergreiffung frembder Sprachen / auch frembder <hi rendition="#aq">delicater</hi> Speisen / prächtiger Kleydungen Gebrauchs: und im übrigen durchauß ein zärtlich Weibisch / ja schier Viehisches Leben angewöhnet: und sich also ihres Herkommens / Standes und Namens entwürdigt haben.</p> <p>Schön stehets / wie ich auch oben gemeldet / wann einer sprachkündig ist / und geraiset hat! Aber gleichwol schätzte das <hi rendition="#aq">Oracul</hi> zu <hi rendition="#aq">Delphis Aglaum Psophidium</hi> vor den allerglückseligsten Menschen seiner Zeit / ob er gleich niemahlen keinen Fuß auß seinem geringen Bauren-Gut gesetzt / noch ein andere Sprach / als die seine Mutter geredet / gelernet hatte: Uberdas haben die nahmhaffteste Völcker ihr Vatterland und dessen gemeinen Nutzen jeweils höher geachtet / als ihr aigen <hi rendition="#aq">Reputation</hi>, Ehr </p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
Mann / ja kein unvernünfftig Thier / sonder ein Mensch geboren worden! und hierzu veranlast mich vornemblich diß / daß ich täglich sehe / wie etliche unserer Landsleuthe sich selbst verderben / und ihrer teutschen Art absterben / wann sie sich neben Ergreiffung frembder Sprachen / auch frembder delicater Speisen / prächtiger Kleydungen Gebrauchs: und im übrigen durchauß ein zärtlich Weibisch / ja schier Viehisches Leben angewöhnet: und sich also ihres Herkommens / Standes und Namens entwürdigt haben.
Schön stehets / wie ich auch oben gemeldet / wann einer sprachkündig ist / und geraiset hat! Aber gleichwol schätzte das Oracul zu Delphis Aglaum Psophidium vor den allerglückseligsten Menschen seiner Zeit / ob er gleich niemahlen keinen Fuß auß seinem geringen Bauren-Gut gesetzt / noch ein andere Sprach / als die seine Mutter geredet / gelernet hatte: Uberdas haben die nahmhaffteste Völcker ihr Vatterland und dessen gemeinen Nutzen jeweils höher geachtet / als ihr aigen Reputation, Ehr
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Zitationshilfe: | Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Deß Weltberuffenen SIMPLICISSIMI Pralerey und Gepräng mit seinem Teutschen Michel. [Nürnberg], 1673, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_michel_1673/33>, abgerufen am 16.07.2024. |