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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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Fleisch auß den Zähne- gezogen wurde/ sagte dero-
wegen zu seiner Frauen/ warumb sie diese Magd ab-
schaffe/ die doch ein so hurtig/ geschicktes und fleis-
sigs Mensch seye; sie aber antwortet/ lieber Jun-
cker/ seyt nur ohnbekümmert/ ich will hinfort ihre
Arbeit schon selber versehen;

Hierauff begab sich meine Jungfer mit ihrer
Bagage, darunter ich ihr bestes Hembd war/ in ihr
Heimat nach Cammerich/ und brachte einen zimb-
lichen schweren Beurel mit sich/ weil sie vom Herrn
und der Frauen zimlich viel verdienet und solchen
ihren Lohn fleissig zusammen gespart hatte/ daselbst
fande sie keine so fette Küchen als sie eine verlassen
müssen/ aber wol etliche Buler die sich in sie vernar-
reten/ und ihr beydes zu wäschen und zu nähen
brachten weil sie ein Profession darauß machte und
sich darmit zuernähren gedachte; under solcher war
ein junger Schnautzhann dem sie das Seil über die
Hörner warff/ und sich vor ein Jungfer verkauffe;
die Hochzeit wurde gehalten; weil aber nach ver-
flossenem Küßmonat genugsamb erschiene das sich
beyden jungen Eheleute vermögen und einkommen
nit so weit erstreckte/ sie zu unterhalten/ wie sie biß-
her bey ihren Herrn gewohnet gewesen/ zumahlen
eben damahl im Land von Lützemburg mangel an
Soldaten erschiene; als wurde meiner jungen Frau-
en Manu ein Cornet/ villeicht deßwegen/ weil ihm
ein anderer den Raum abgehoben/ und Hörner
auffgesetzt hatte; Damahl fieng ich an zimblich dürr
und brechhafftig zuwerden/ derowegen zerschnitte
ich meine Frau zu Windeln/ weil sie ehistes eines
jungen Erben gewärtig wär/ von demselbigen Ban-

ckert

Fleiſch auß den Zaͤhne- gezogen wurde/ ſagte dero-
wegen zu ſeiner Frauen/ warumb ſie dieſe Magd ab-
ſchaffe/ die doch ein ſo hurtig/ geſchicktes und fleiſ-
ſigs Menſch ſeye; ſie aber antwortet/ lieber Jun-
cker/ ſeyt nur ohnbekuͤmmert/ ich will hinfort ihre
Arbeit ſchon ſelber verſehen;

Hierauff begab ſich meine Jungfer mit ihrer
Bagage, darunter ich ihr beſtes Hembd war/ in ihr
Heimat nach Cammerich/ und brachte einen zimb-
lichen ſchweren Beurel mit ſich/ weil ſie vom Herꝛn
und der Frauen zimlich viel verdienet und ſolchen
ihren Lohn fleiſſig zuſammen geſpart hatte/ daſelbſt
fande ſie keine ſo fette Kuͤchen als ſie eine verlaſſen
muͤſſen/ aber wol etliche Buler die ſich in ſie vernar-
reten/ und ihr beydes zu waͤſchen und zu naͤhen
brachten weil ſie ein Profeſſion darauß machte und
ſich darmit zuernaͤhren gedachte; under ſolcher war
ein junger Schnautzhann dem ſie das Seil uͤber die
Hoͤrner warff/ und ſich vor ein Jungfer verkauffe;
die Hochzeit wurde gehalten; weil aber nach ver-
floſſenem Kuͤßmonat genugſamb erſchiene das ſich
beyden jungen Eheleute vermoͤgen und einkommen
nit ſo weit erſtreckte/ ſie zu unterhalten/ wie ſie biß-
her bey ihren Herꝛn gewohnet geweſen/ zumahlen
eben damahl im Land von Luͤtzemburg mangel an
Soldaten erſchiene; als wurde meiner jungen Frau-
en Manu ein Cornet/ villeicht deßwegen/ weil ihm
ein anderer den Raum abgehoben/ und Hoͤrner
auffgeſetzt hatte; Damahl fieng ich an zimblich duͤrꝛ
und brechhafftig zuwerden/ derowegen zerſchnitte
ich meine Frau zu Windeln/ weil ſie ehiſtes eines
jungen Erben gewaͤrtig waͤr/ von demſelbigen Ban-

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/74>, abgerufen am 03.05.2024.