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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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herauf; dort leuchtet der Otzberg mit seinem weissen Thurme, und unbestimmt dämmert selbst der Taunus herauf. Auf der entgegengesetzten Seite überblicken wir die waldigen Höhen des Odenwaldes gegen den Neckar hinüber, und majestätisch erhebt sich ferne der Katzenbuckel über sie heraus.

Unterhalb Hetzbach kommt ein bedeutender Bach in die Mimling, der ursprünglich in entgegengesetzter Richtung von Norden nach Süden herabkommt, sich dann aber bei Hüttenthal in einem südlichen Bogen gegen Osten herüber wendet. Der Name dieses Baches, ehemals Mosaha, jetzt Mossau, hat sich auch den beiden an ihm liegenden Orten, Ober- und Untermossau mitgetheilt. Diese beiden Dörfer dehnen sich in dem Thale sehr lang aus. In dem obern Dorfe lebten schon im Jahre 1227 einige Johanniter, und im Jahre 1333 wohnten dort sogar mehrere unter einem Prior klösterlich beisammen, die jedoch in den Nachrichten von dem Jahre 1419 schon nicht mehr daselbst vorkommen.

Verstärkt durch die Mossau und mehrere kleinere Gebirgsbächlein, fliesst die Mimling nun an Ebertsberg, Schönen und Lauerbach (ehemals Lurbach) vorbei. Die beiden letzten Orte sind ebenfalls schon alt, und kommen in Urkunden vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts vor.

Bis dahin hat das Mimlingthal den Charakter der odenwäldischen Thäler behalten, aber nun und weiter hinab, entfernt es sich ganz von demselben. Hier wird es freundlicher, fruchtbarer und milder. Die hohen Bergrücken, welche sein Gebiet von andern Wassergebieten scheiden und diesseits ihre Quellen und Bächlein der Mimling zusenden, stehen in solcher Entfernung, dass die ablaufenden Hänge und Vorhöhen sich im Thale diesseits und jenseits nicht ganz nahe zusammendrängen, sondern immer noch Raum genug lassen für sanfte Fruchthügel und Saatfelder, für breitgedehnte Wiesenmatten, und für freundliche Gemüse- und Obstgärten. Diese Lieblichkeit und Milde des Thales gab wohl die Veranlassung, dass Manche den alten Namen der Gegend, den sie zur Zeit der Gaueneintheilung hatte, "Phlumgau oder Plumgau", in Blumenaue, ja selbst in Rosenaue umgewandelt haben.

Wir übersehen auf unserm Bilde von Erbach einen Theil dieses freundlichen Thales; Erbach liegt vor uns, in der Ferne zeigen sich einige Häuser von Michelstadt und noch ferner Fürstenau.

herauf; dort leuchtet der Otzberg mit seinem weissen Thurme, und unbestimmt dämmert selbst der Taunus herauf. Auf der entgegengesetzten Seite überblicken wir die waldigen Höhen des Odenwaldes gegen den Neckar hinüber, und majestätisch erhebt sich ferne der Katzenbuckel über sie heraus.

Unterhalb Hetzbach kommt ein bedeutender Bach in die Mimling, der ursprünglich in entgegengesetzter Richtung von Norden nach Süden herabkommt, sich dann aber bei Hüttenthal in einem südlichen Bogen gegen Osten herüber wendet. Der Name dieses Baches, ehemals Mosaha, jetzt Mossau, hat sich auch den beiden an ihm liegenden Orten, Ober- und Untermossau mitgetheilt. Diese beiden Dörfer dehnen sich in dem Thale sehr lang aus. In dem obern Dorfe lebten schon im Jahre 1227 einige Johanniter, und im Jahre 1333 wohnten dort sogar mehrere unter einem Prior klösterlich beisammen, die jedoch in den Nachrichten von dem Jahre 1419 schon nicht mehr daselbst vorkommen.

Verstärkt durch die Mossau und mehrere kleinere Gebirgsbächlein, fliesst die Mimling nun an Ebertsberg, Schönen und Lauerbach (ehemals Lurbach) vorbei. Die beiden letzten Orte sind ebenfalls schon alt, und kommen in Urkunden vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts vor.

Bis dahin hat das Mimlingthal den Charakter der odenwäldischen Thäler behalten, aber nun und weiter hinab, entfernt es sich ganz von demselben. Hier wird es freundlicher, fruchtbarer und milder. Die hohen Bergrücken, welche sein Gebiet von andern Wassergebieten scheiden und diesseits ihre Quellen und Bächlein der Mimling zusenden, stehen in solcher Entfernung, dass die ablaufenden Hänge und Vorhöhen sich im Thale diesseits und jenseits nicht ganz nahe zusammendrängen, sondern immer noch Raum genug lassen für sanfte Fruchthügel und Saatfelder, für breitgedehnte Wiesenmatten, und für freundliche Gemüse- und Obstgärten. Diese Lieblichkeit und Milde des Thales gab wohl die Veranlassung, dass Manche den alten Namen der Gegend, den sie zur Zeit der Gaueneintheilung hatte, „Phlumgau oder Plumgau“, in Blumenaue, ja selbst in Rosenaue umgewandelt haben.

Wir übersehen auf unserm Bilde von Erbach einen Theil dieses freundlichen Thales; Erbach liegt vor uns, in der Ferne zeigen sich einige Häuser von Michelstadt und noch ferner Fürstenau.

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          <p>Unterhalb Hetzbach kommt ein bedeutender Bach in die Mimling, der ursprünglich in entgegengesetzter Richtung von Norden nach Süden herabkommt, sich dann aber bei Hüttenthal in einem südlichen Bogen gegen Osten herüber wendet. Der Name dieses Baches, ehemals Mosaha, jetzt Mossau, hat sich auch den beiden an ihm liegenden Orten, Ober- und Untermossau mitgetheilt. Diese beiden Dörfer dehnen sich in dem Thale sehr lang aus. In dem obern Dorfe lebten schon im Jahre 1227 einige Johanniter, und im Jahre 1333 wohnten dort sogar mehrere unter einem Prior klösterlich beisammen, die jedoch in den Nachrichten von dem Jahre 1419 schon nicht mehr daselbst vorkommen.</p>
          <p>Verstärkt durch die Mossau und mehrere kleinere Gebirgsbächlein, fliesst die Mimling nun an Ebertsberg, Schönen und Lauerbach (ehemals Lurbach) vorbei. Die beiden letzten Orte sind ebenfalls schon alt, und kommen in Urkunden vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts vor.</p>
          <p>Bis dahin hat das Mimlingthal den Charakter der odenwäldischen Thäler behalten, aber nun und weiter hinab, entfernt es sich ganz von demselben. Hier wird es freundlicher, fruchtbarer und milder. Die hohen Bergrücken, welche sein Gebiet von andern Wassergebieten scheiden und diesseits ihre Quellen und Bächlein der Mimling zusenden, stehen in solcher Entfernung, dass die ablaufenden Hänge und Vorhöhen sich im Thale diesseits und jenseits nicht ganz nahe zusammendrängen, sondern immer noch Raum genug lassen für sanfte Fruchthügel und Saatfelder, für breitgedehnte Wiesenmatten, und für freundliche Gemüse- und Obstgärten. Diese Lieblichkeit und Milde des Thales gab wohl die Veranlassung, dass Manche den alten Namen der Gegend, den sie zur Zeit der Gaueneintheilung hatte, &#x201E;Phlumgau oder Plumgau&#x201C;, in Blumenaue, ja selbst in Rosenaue umgewandelt haben.</p>
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[12/0012] herauf; dort leuchtet der Otzberg mit seinem weissen Thurme, und unbestimmt dämmert selbst der Taunus herauf. Auf der entgegengesetzten Seite überblicken wir die waldigen Höhen des Odenwaldes gegen den Neckar hinüber, und majestätisch erhebt sich ferne der Katzenbuckel über sie heraus. Unterhalb Hetzbach kommt ein bedeutender Bach in die Mimling, der ursprünglich in entgegengesetzter Richtung von Norden nach Süden herabkommt, sich dann aber bei Hüttenthal in einem südlichen Bogen gegen Osten herüber wendet. Der Name dieses Baches, ehemals Mosaha, jetzt Mossau, hat sich auch den beiden an ihm liegenden Orten, Ober- und Untermossau mitgetheilt. Diese beiden Dörfer dehnen sich in dem Thale sehr lang aus. In dem obern Dorfe lebten schon im Jahre 1227 einige Johanniter, und im Jahre 1333 wohnten dort sogar mehrere unter einem Prior klösterlich beisammen, die jedoch in den Nachrichten von dem Jahre 1419 schon nicht mehr daselbst vorkommen. Verstärkt durch die Mossau und mehrere kleinere Gebirgsbächlein, fliesst die Mimling nun an Ebertsberg, Schönen und Lauerbach (ehemals Lurbach) vorbei. Die beiden letzten Orte sind ebenfalls schon alt, und kommen in Urkunden vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts vor. Bis dahin hat das Mimlingthal den Charakter der odenwäldischen Thäler behalten, aber nun und weiter hinab, entfernt es sich ganz von demselben. Hier wird es freundlicher, fruchtbarer und milder. Die hohen Bergrücken, welche sein Gebiet von andern Wassergebieten scheiden und diesseits ihre Quellen und Bächlein der Mimling zusenden, stehen in solcher Entfernung, dass die ablaufenden Hänge und Vorhöhen sich im Thale diesseits und jenseits nicht ganz nahe zusammendrängen, sondern immer noch Raum genug lassen für sanfte Fruchthügel und Saatfelder, für breitgedehnte Wiesenmatten, und für freundliche Gemüse- und Obstgärten. Diese Lieblichkeit und Milde des Thales gab wohl die Veranlassung, dass Manche den alten Namen der Gegend, den sie zur Zeit der Gaueneintheilung hatte, „Phlumgau oder Plumgau“, in Blumenaue, ja selbst in Rosenaue umgewandelt haben. Wir übersehen auf unserm Bilde von Erbach einen Theil dieses freundlichen Thales; Erbach liegt vor uns, in der Ferne zeigen sich einige Häuser von Michelstadt und noch ferner Fürstenau.

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/12>, abgerufen am 26.04.2024.