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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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trüge, d. h. fremden für eigenen ausgebe, wie leicht könne
man aber nicht auf schon dagewesene Gedanken verfallen." --
Hier werden ein Graf Venis, Rugge, Wachsmut, von deren
Armuth nichts bekannt ist und die hier geradezu als Minne-
singer characterisirt sind, eben so gut wie andere unter die
Meister gerechnet, in deren Classe sich Marner selber mitzählt.

Ein anderes mit dem vorigen gleichzeitiges Lied, das in
einer vatic. H. S. mitten unter unleugbaren Meisterliedern
steht, zieht Adelung 2. 251. 252. aus:
wa sint nu alle die von minnen sangen
sie sint meisteilig dot etc.

Nun werden genannt: Reimar, Walter v. V. W. (wieder als
des Dichters Meister) von Buwenburg, von Rugge, von Jo-
hannisdorf, Friedr. von Husen, Walter von Metz, Robin,
Wachsmut, Ulrich von Gutenberg -- mithin größtentheils sol-
che, die Docen nicht in die Reihe der Meister gebracht hätte 75).

Robin (in dem Jen. M. G. B.) klagt den Reimar, Wal-
ter, Stolle den Bock, Nithart und Bruder Werner.

Bei Rumelant ist eine andere nicht weniger deutliche Stelle,
(CCCLXIII.) Mysner, Conrad von W., Helleoiur und der
Unverzagte werden die vier besten Meistersänger genannt, wo-
gegen Singofs Kunst nicht aufkommen könne. Dieß ist mit
Singof CCLXI. CCLXIV. zusammen zu halten. CCCXIII.
nennt R. den Marner den besten deutschen Singer.

H. Damens Klage (X. XI.): die Schandendienstmann wol-
len meinen guten Gesang vernichten, wenige üben die rechte
Meisterkunst nach ihrer Würde 76), hievor ist in aller Welt
rechter Meistersang gewesen und hat bei reichen Königen ge-

75) Der von Gliers, welcher 1. 43. auch todte Dichter beklagt, will
bestimmt nur solche nennen, die sich als Verfertiger von Lei-
chen berühmt gemacht.
76) So klagt auch der Urenheimer (CCVI.), ehedem habe man
rechte Meister werth gehalten und nicht Lecker für sie gegehrt.

truͤge, d. h. fremden fuͤr eigenen ausgebe, wie leicht koͤnne
man aber nicht auf ſchon dageweſene Gedanken verfallen.“ —
Hier werden ein Graf Venis, Rugge, Wachsmut, von deren
Armuth nichts bekannt iſt und die hier geradezu als Minne-
ſinger characteriſirt ſind, eben ſo gut wie andere unter die
Meiſter gerechnet, in deren Claſſe ſich Marner ſelber mitzaͤhlt.

Ein anderes mit dem vorigen gleichzeitiges Lied, das in
einer vatic. H. S. mitten unter unleugbaren Meiſterliedern
ſteht, zieht Adelung 2. 251. 252. aus:
wa ſint nu alle die von minnen ſangen
ſie ſint meiſteilig dot ꝛc.

Nun werden genannt: Reimar, Walter v. V. W. (wieder als
des Dichters Meiſter) von Buwenburg, von Rugge, von Jo-
hannisdorf, Friedr. von Huſen, Walter von Metz, Robin,
Wachsmut, Ulrich von Gutenberg — mithin groͤßtentheils ſol-
che, die Docen nicht in die Reihe der Meiſter gebracht haͤtte 75).

Robin (in dem Jen. M. G. B.) klagt den Reimar, Wal-
ter, Stolle den Bock, Nithart und Bruder Werner.

Bei Rumelant iſt eine andere nicht weniger deutliche Stelle,
(CCCLXIII.) Myſner, Conrad von W., Helleoiur und der
Unverzagte werden die vier beſten Meiſterſaͤnger genannt, wo-
gegen Singofs Kunſt nicht aufkommen koͤnne. Dieß iſt mit
Singof CCLXI. CCLXIV. zuſammen zu halten. CCCXIII.
nennt R. den Marner den beſten deutſchen Singer.

H. Damens Klage (X. XI.): die Schandendienſtmann wol-
len meinen guten Geſang vernichten, wenige uͤben die rechte
Meiſterkunſt nach ihrer Wuͤrde 76), hievor iſt in aller Welt
rechter Meiſterſang geweſen und hat bei reichen Koͤnigen ge-

75) Der von Gliers, welcher 1. 43. auch todte Dichter beklagt, will
beſtimmt nur ſolche nennen, die ſich als Verfertiger von Lei-
chen beruͤhmt gemacht.
76) So klagt auch der Urenheimer (CCVI.), ehedem habe man
rechte Meiſter werth gehalten und nicht Lecker fuͤr ſie gegehrt.
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[89/0099] truͤge, d. h. fremden fuͤr eigenen ausgebe, wie leicht koͤnne man aber nicht auf ſchon dageweſene Gedanken verfallen.“ — Hier werden ein Graf Venis, Rugge, Wachsmut, von deren Armuth nichts bekannt iſt und die hier geradezu als Minne- ſinger characteriſirt ſind, eben ſo gut wie andere unter die Meiſter gerechnet, in deren Claſſe ſich Marner ſelber mitzaͤhlt. Ein anderes mit dem vorigen gleichzeitiges Lied, das in einer vatic. H. S. mitten unter unleugbaren Meiſterliedern ſteht, zieht Adelung 2. 251. 252. aus: wa ſint nu alle die von minnen ſangen ſie ſint meiſteilig dot ꝛc. Nun werden genannt: Reimar, Walter v. V. W. (wieder als des Dichters Meiſter) von Buwenburg, von Rugge, von Jo- hannisdorf, Friedr. von Huſen, Walter von Metz, Robin, Wachsmut, Ulrich von Gutenberg — mithin groͤßtentheils ſol- che, die Docen nicht in die Reihe der Meiſter gebracht haͤtte 75). Robin (in dem Jen. M. G. B.) klagt den Reimar, Wal- ter, Stolle den Bock, Nithart und Bruder Werner. Bei Rumelant iſt eine andere nicht weniger deutliche Stelle, (CCCLXIII.) Myſner, Conrad von W., Helleoiur und der Unverzagte werden die vier beſten Meiſterſaͤnger genannt, wo- gegen Singofs Kunſt nicht aufkommen koͤnne. Dieß iſt mit Singof CCLXI. CCLXIV. zuſammen zu halten. CCCXIII. nennt R. den Marner den beſten deutſchen Singer. H. Damens Klage (X. XI.): die Schandendienſtmann wol- len meinen guten Geſang vernichten, wenige uͤben die rechte Meiſterkunſt nach ihrer Wuͤrde 76), hievor iſt in aller Welt rechter Meiſterſang geweſen und hat bei reichen Koͤnigen ge- 75) Der von Gliers, welcher 1. 43. auch todte Dichter beklagt, will beſtimmt nur ſolche nennen, die ſich als Verfertiger von Lei- chen beruͤhmt gemacht. 76) So klagt auch der Urenheimer (CCVI.), ehedem habe man rechte Meiſter werth gehalten und nicht Lecker fuͤr ſie gegehrt.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/99>, abgerufen am 24.11.2024.