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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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ist aber ganz falsch. Es gibt viel spätere Meistersänge von
mehr als drei Strophen 35), und wenn in der That die mei-
sten nur aus dreien bestehen, (worin man leicht möglich etwas
suchte, was meinem trilogischen Princip allenfalls nicht unver-
wandt), so haben auch eine Menge früherer Dichter schon den-
selben Gebrauch befolgt 36), den ich um deswillen nicht zur
Regel machen will, weil gleichfalls öfters die früheren Mei-
sterlieder regelmäßig aus fünf Strophen bestehen 37).

Erste Einwendung gegen das dreitheilige
Princip
. (Einfache Lieder.)

Es gibt in der maneßischen Sammlung einige einfache Min-
nelieder, in welchen man schwerlich den aufgestellten Grundsatz
zu entdecken scheint. Dahin gehören vor allen die folgenden,
sämmtlich aus Strophen von vier langen Reimen bestehenden:

Veldeck 1. 22. (Anfang: manichen herzen etc.) Die dritte
Zeile ist kürzer, dadurch ein Unterschied und Abschnitt.

Nifen 1. 23. (von walhen fuor etc.) Die dritte kürzer, die
vierte viel länger.

Kiurenberg 1. 38. Die letzte neigt zu überwiegender
Länge, leider ist das herrliche Lied incorrect und ver-
dorben.

Dietmar v. Ast 1. 39. (ahy nu kumt etc.)
von Mure 1. 49. (ahy nu sol etc.) Die letzte offenbar
länger.

Reinmar 1. 72. (hoh alsam etc.) Dritte kurz.
Rubin 1. 169. (wol im der sin etc.) Wie vorhin.

35) Das heißt in ihrer Sprache: außer den gedritten gibt es z. B.
noch gevierte, gefunfte, gesiebente Meisterlieder. Man
sehe Puschmanns Lieder auf H. Sachs bei Ranisch und den
Cod. vatic. 680.
36) Z. B. Lupin, Diuring, Hetzbolt, Bubenburg, Tesch-
ler, Rost, Canzler
(sehr häufig) Rifen (bei Benecke.)
37) Man sehe Frauenlobs Gesänge im weimar. Cod.

iſt aber ganz falſch. Es gibt viel ſpaͤtere Meiſterſaͤnge von
mehr als drei Strophen 35), und wenn in der That die mei-
ſten nur aus dreien beſtehen, (worin man leicht moͤglich etwas
ſuchte, was meinem trilogiſchen Princip allenfalls nicht unver-
wandt), ſo haben auch eine Menge fruͤherer Dichter ſchon den-
ſelben Gebrauch befolgt 36), den ich um deswillen nicht zur
Regel machen will, weil gleichfalls oͤfters die fruͤheren Mei-
ſterlieder regelmaͤßig aus fuͤnf Strophen beſtehen 37).

Erſte Einwendung gegen das dreitheilige
Princip
. (Einfache Lieder.)

Es gibt in der maneßiſchen Sammlung einige einfache Min-
nelieder, in welchen man ſchwerlich den aufgeſtellten Grundſatz
zu entdecken ſcheint. Dahin gehoͤren vor allen die folgenden,
ſaͤmmtlich aus Strophen von vier langen Reimen beſtehenden:

Veldeck 1. 22. (Anfang: manichen herzen ꝛc.) Die dritte
Zeile iſt kuͤrzer, dadurch ein Unterſchied und Abſchnitt.

Nifen 1. 23. (von walhen fuor ꝛc.) Die dritte kuͤrzer, die
vierte viel laͤnger.

Kiurenberg 1. 38. Die letzte neigt zu uͤberwiegender
Laͤnge, leider iſt das herrliche Lied incorrect und ver-
dorben.

Dietmar v. Aſt 1. 39. (ahy nu kumt ꝛc.)
von Mure 1. 49. (ahy nu ſol ꝛc.) Die letzte offenbar
laͤnger.

Reinmar 1. 72. (hoh alſam ꝛc.) Dritte kurz.
Rubin 1. 169. (wol im der ſin ꝛc.) Wie vorhin.

35) Das heißt in ihrer Sprache: außer den gedritten gibt es z. B.
noch gevierte, gefunfte, geſiebente Meiſterlieder. Man
ſehe Puſchmanns Lieder auf H. Sachs bei Raniſch und den
Cod. vatic. 680.
36) Z. B. Lupin, Diuring, Hetzbolt, Bubenburg, Teſch-
ler, Roſt, Canzler
(ſehr haͤufig) Rifen (bei Benecke.)
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[47/0057] iſt aber ganz falſch. Es gibt viel ſpaͤtere Meiſterſaͤnge von mehr als drei Strophen 35), und wenn in der That die mei- ſten nur aus dreien beſtehen, (worin man leicht moͤglich etwas ſuchte, was meinem trilogiſchen Princip allenfalls nicht unver- wandt), ſo haben auch eine Menge fruͤherer Dichter ſchon den- ſelben Gebrauch befolgt 36), den ich um deswillen nicht zur Regel machen will, weil gleichfalls oͤfters die fruͤheren Mei- ſterlieder regelmaͤßig aus fuͤnf Strophen beſtehen 37). Erſte Einwendung gegen das dreitheilige Princip. (Einfache Lieder.) Es gibt in der maneßiſchen Sammlung einige einfache Min- nelieder, in welchen man ſchwerlich den aufgeſtellten Grundſatz zu entdecken ſcheint. Dahin gehoͤren vor allen die folgenden, ſaͤmmtlich aus Strophen von vier langen Reimen beſtehenden: Veldeck 1. 22. (Anfang: manichen herzen ꝛc.) Die dritte Zeile iſt kuͤrzer, dadurch ein Unterſchied und Abſchnitt. Nifen 1. 23. (von walhen fuor ꝛc.) Die dritte kuͤrzer, die vierte viel laͤnger. Kiurenberg 1. 38. Die letzte neigt zu uͤberwiegender Laͤnge, leider iſt das herrliche Lied incorrect und ver- dorben. Dietmar v. Aſt 1. 39. (ahy nu kumt ꝛc.) von Mure 1. 49. (ahy nu ſol ꝛc.) Die letzte offenbar laͤnger. Reinmar 1. 72. (hoh alſam ꝛc.) Dritte kurz. Rubin 1. 169. (wol im der ſin ꝛc.) Wie vorhin. 35) Das heißt in ihrer Sprache: außer den gedritten gibt es z. B. noch gevierte, gefunfte, geſiebente Meiſterlieder. Man ſehe Puſchmanns Lieder auf H. Sachs bei Raniſch und den Cod. vatic. 680. 36) Z. B. Lupin, Diuring, Hetzbolt, Bubenburg, Teſch- ler, Roſt, Canzler (ſehr haͤufig) Rifen (bei Benecke.) 37) Man ſehe Frauenlobs Geſaͤnge im weimar. Cod.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/57>, abgerufen am 09.11.2024.