Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.Nachschrift. Der auf dem Titel hinzugegebene Spruch soll die Identität Nachſchrift. Der auf dem Titel hinzugegebene Spruch ſoll die Identitaͤt <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0206" n="[196]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> <back> <div n="1"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Nachſchrift</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Der auf dem Titel hinzugegebene Spruch ſoll die Identitaͤt<lb/> des Minne- und Meiſterſangs in einem Gleichniß faſſen. Die<lb/> Blumen ſpielen in unendlicher Mannichfaltigkeit, die einfache<lb/> Form des Klees iſt immer dieſelbe. Wenn alſo der von Jo-<lb/> hannisdorf ſingt (1. 175.):<lb/><hi rendition="#c">wiße rote roſen blawe blumen gruͤne gras<lb/> brune gel aber rot, darzuo des klewes blat</hi><lb/> ſo mag man zu Gefallen der Allegorie den vom Dichter nicht<lb/> einmal geahnten Nebenſinn einlegen, daß zu den einfachen,<lb/> froͤhlichen, liebenden, ſehnenden, ernſten und ſcheltenden Liedern<lb/> uͤberall die ſtete Regel des Meiſtergeſangs hinzutrete. Auch<lb/> ſymboliſirt das Trifolium trefflich die dreigliedrige Structur,<lb/> indem aus zwei gleichgeſetzten Blaͤttern ein neues drittes her-<lb/> vorſteigt, von ihnen getragen wird und ſie ſchließt; wie denn<lb/> ferner der Klee nicht nur die Liebesblume iſt, ſondern auch,<lb/> wenn man der ſpaͤteren Entwickelung des Meiſtergeſangs geden-<lb/> ken will, bekanntlich (im Kartenſpiel) den gruͤnenden Buͤrger-<lb/> ſtand repraͤſentirt. Die Vergleichung mit der Pflanzennatur,<lb/> als worin auch drei die Urzahl und die erſte Zahl der Erſchei-<lb/> nung, rechtfertigt ſich in den neueſten uͤber letzteren Gegenſtand<lb/> angeſtellten Unterſuchungen: „es kann keine Pflanze mit ur-<lb/> ſpruͤnglich zwei Blumenblaͤttern geben.“ (<hi rendition="#g">Oken</hi> Lehrbuch der<lb/> Naturphiloſophie. Th. 3.)<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/></p> </div> </back> </text> </TEI> [[196]/0206]
Nachſchrift.
Der auf dem Titel hinzugegebene Spruch ſoll die Identitaͤt
des Minne- und Meiſterſangs in einem Gleichniß faſſen. Die
Blumen ſpielen in unendlicher Mannichfaltigkeit, die einfache
Form des Klees iſt immer dieſelbe. Wenn alſo der von Jo-
hannisdorf ſingt (1. 175.):
wiße rote roſen blawe blumen gruͤne gras
brune gel aber rot, darzuo des klewes blat
ſo mag man zu Gefallen der Allegorie den vom Dichter nicht
einmal geahnten Nebenſinn einlegen, daß zu den einfachen,
froͤhlichen, liebenden, ſehnenden, ernſten und ſcheltenden Liedern
uͤberall die ſtete Regel des Meiſtergeſangs hinzutrete. Auch
ſymboliſirt das Trifolium trefflich die dreigliedrige Structur,
indem aus zwei gleichgeſetzten Blaͤttern ein neues drittes her-
vorſteigt, von ihnen getragen wird und ſie ſchließt; wie denn
ferner der Klee nicht nur die Liebesblume iſt, ſondern auch,
wenn man der ſpaͤteren Entwickelung des Meiſtergeſangs geden-
ken will, bekanntlich (im Kartenſpiel) den gruͤnenden Buͤrger-
ſtand repraͤſentirt. Die Vergleichung mit der Pflanzennatur,
als worin auch drei die Urzahl und die erſte Zahl der Erſchei-
nung, rechtfertigt ſich in den neueſten uͤber letzteren Gegenſtand
angeſtellten Unterſuchungen: „es kann keine Pflanze mit ur-
ſpruͤnglich zwei Blumenblaͤttern geben.“ (Oken Lehrbuch der
Naturphiloſophie. Th. 3.)
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