Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.gen werden sollen, daß er auch Baiern und Rudolf von Habs- Num. 4. ist ein gar hübsches Lied, worin es den ehrlichen gen werden ſollen, daß er auch Baiern und Rudolf von Habs- Num. 4. iſt ein gar huͤbſches Lied, worin es den ehrlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0202" n="192"/> gen werden ſollen, daß er auch Baiern und Rudolf von Habs-<lb/> burg beſingt. Und ruͤhmen nicht der ſaͤchſiſche Kelyn: Tyrol,<lb/> Schwaben, den von Kemenat, der Miſner (Frauenlob) nicht ei-<lb/> nen Grafen Ludwig v. Oettingen, Koͤnig von Boͤhmen und Herrn<lb/> von Grindelach; oder umgekehrt, der ſuͤdliche Tanhaͤuſer nicht den<lb/> brabaͤntiſchen Conrad von Landsberg, Graf Dieterich von Bren-<lb/> nen und ebenfalls (2 64.) den Erich von Daͤnemark, ſo wie<lb/> Reinmar (2. 132.) denſelben? Genug Beiſpiele, um zu zeigen,<lb/> daß die Preislieder zwar bedeutend, aber nicht entſcheidend bei<lb/> dem damaligen Wandern der Meiſter fuͤr ihr Vaterland gebraucht<lb/> werden duͤrfen. Um ſo mehr bleibt meine dem Meiſtergeſang<lb/> gezogene Linie ſtehen, das heißt dem Kern nach ganz in Suͤd-<lb/> deutſchland, zeigen ſich fruͤher einige Sachſen, oder vielmehr Meiſ-<lb/> ner (noch viel weniger, daß jene Plattdeutſch gedichtet haͤtten)<lb/> ſo trieben auch die neueren Schulen aus Schleſien bis Danzig<lb/> hinauf. — Unter den hier aus der Colmar. H S. (deren voll-<lb/> ſtaͤndige Herausgabe gar ſehr zu wuͤnſchen bleibt) mitgetheilten<lb/> Liedern ſind die Nummern 1. 4 und 10. fuͤr unſern Gegenſtand<lb/> am wichtigſten. N. 1. iſt ein Bewillkommnungslied, oder eine ſo<lb/> genannte Empfahung, und nothwendig in einer Geſellſchaft vor-<lb/> geſungen. Der Ausdruck: „gut edel geſang“ erinnert an Con-<lb/> rads (in meiner 18ten Rote) citirte Stelle, und zeigt, wie der M.<lb/> G. urſpruͤnglich in dem Adlichen, Hoͤflichen gewaltet haben muß,<lb/> da ſich noch ſpaͤtere dieſe Woͤrter zueignen duͤrfen. Der fremde<lb/> Regenbogen kommt als Gaſt zu den Rheinſingern, und fordert<lb/> heraus, wer ihm mit Kunſt anſingen wolle, froͤhlich auf den<lb/> Plan zu ziehen. Auffallend iſt, daß er nach dem zweiten Geſaͤtz<lb/> erſt um Singens willen nach Ungerland ziehen wollen, weiches<lb/> vielleicht ſagenhaft mit Klinſors Aufenthalt daſelbſt zutrifft, und<lb/> dann bloße Redensart waͤre, allein auch hiſtoriſch zu erklaͤren<lb/> ſeyn kann, da gerade anfangs des 14ten Jahrh. Wenzel von<lb/> Boͤhmen und Otto von Baiern in Ungarn regierten; ſind alſo<lb/> deren Hofſaͤnger gemeint, ſo wuͤrde das einigermaßen die von<lb/> Horneck angefuͤhrten in beſſeres Licht ſetzen. (S. 101. m. Abh.)<lb/> Ferner erhellt hieraus und aus Nr. 4. u. 10, daß „Geſanges Mei-<lb/> ſter“ dasſelbe was Meiſterſaͤnger ausſagt. Das Aushaͤngen des<lb/> Kranzes, zum Abgewinnen, als von ritterlicher Sitte abſtam-<lb/> mend, iſt gerade noch das ſpaͤtere Kranzſingen (S. 114. 115. m. A.);<lb/> bemerkenswerth die damals alſo ſchon eingefuͤhrte Silbenhaltung,<lb/> am Schluß die bekannte Beziehung auf die freien Kuͤnſte.</p><lb/> <p>Num. 4. iſt ein gar huͤbſches Lied, worin es den ehrlichen<lb/> Schmied gereuet, daß er ſeine weiße Haͤndlein verloren, eh ſich<lb/> ſein Herz in ſolche Kunſt begeben und den innern Beruf zur letz-<lb/> tern wird ihm niemand abreden, haͤtte er auch nur die eine Zeile<lb/> gedichtet: „meine Kunſt gruͤnet in der Sinne Zweig.“ Schief<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0202]
gen werden ſollen, daß er auch Baiern und Rudolf von Habs-
burg beſingt. Und ruͤhmen nicht der ſaͤchſiſche Kelyn: Tyrol,
Schwaben, den von Kemenat, der Miſner (Frauenlob) nicht ei-
nen Grafen Ludwig v. Oettingen, Koͤnig von Boͤhmen und Herrn
von Grindelach; oder umgekehrt, der ſuͤdliche Tanhaͤuſer nicht den
brabaͤntiſchen Conrad von Landsberg, Graf Dieterich von Bren-
nen und ebenfalls (2 64.) den Erich von Daͤnemark, ſo wie
Reinmar (2. 132.) denſelben? Genug Beiſpiele, um zu zeigen,
daß die Preislieder zwar bedeutend, aber nicht entſcheidend bei
dem damaligen Wandern der Meiſter fuͤr ihr Vaterland gebraucht
werden duͤrfen. Um ſo mehr bleibt meine dem Meiſtergeſang
gezogene Linie ſtehen, das heißt dem Kern nach ganz in Suͤd-
deutſchland, zeigen ſich fruͤher einige Sachſen, oder vielmehr Meiſ-
ner (noch viel weniger, daß jene Plattdeutſch gedichtet haͤtten)
ſo trieben auch die neueren Schulen aus Schleſien bis Danzig
hinauf. — Unter den hier aus der Colmar. H S. (deren voll-
ſtaͤndige Herausgabe gar ſehr zu wuͤnſchen bleibt) mitgetheilten
Liedern ſind die Nummern 1. 4 und 10. fuͤr unſern Gegenſtand
am wichtigſten. N. 1. iſt ein Bewillkommnungslied, oder eine ſo
genannte Empfahung, und nothwendig in einer Geſellſchaft vor-
geſungen. Der Ausdruck: „gut edel geſang“ erinnert an Con-
rads (in meiner 18ten Rote) citirte Stelle, und zeigt, wie der M.
G. urſpruͤnglich in dem Adlichen, Hoͤflichen gewaltet haben muß,
da ſich noch ſpaͤtere dieſe Woͤrter zueignen duͤrfen. Der fremde
Regenbogen kommt als Gaſt zu den Rheinſingern, und fordert
heraus, wer ihm mit Kunſt anſingen wolle, froͤhlich auf den
Plan zu ziehen. Auffallend iſt, daß er nach dem zweiten Geſaͤtz
erſt um Singens willen nach Ungerland ziehen wollen, weiches
vielleicht ſagenhaft mit Klinſors Aufenthalt daſelbſt zutrifft, und
dann bloße Redensart waͤre, allein auch hiſtoriſch zu erklaͤren
ſeyn kann, da gerade anfangs des 14ten Jahrh. Wenzel von
Boͤhmen und Otto von Baiern in Ungarn regierten; ſind alſo
deren Hofſaͤnger gemeint, ſo wuͤrde das einigermaßen die von
Horneck angefuͤhrten in beſſeres Licht ſetzen. (S. 101. m. Abh.)
Ferner erhellt hieraus und aus Nr. 4. u. 10, daß „Geſanges Mei-
ſter“ dasſelbe was Meiſterſaͤnger ausſagt. Das Aushaͤngen des
Kranzes, zum Abgewinnen, als von ritterlicher Sitte abſtam-
mend, iſt gerade noch das ſpaͤtere Kranzſingen (S. 114. 115. m. A.);
bemerkenswerth die damals alſo ſchon eingefuͤhrte Silbenhaltung,
am Schluß die bekannte Beziehung auf die freien Kuͤnſte.
Num. 4. iſt ein gar huͤbſches Lied, worin es den ehrlichen
Schmied gereuet, daß er ſeine weiße Haͤndlein verloren, eh ſich
ſein Herz in ſolche Kunſt begeben und den innern Beruf zur letz-
tern wird ihm niemand abreden, haͤtte er auch nur die eine Zeile
gedichtet: „meine Kunſt gruͤnet in der Sinne Zweig.“ Schief
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