Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.sinkt mit der Ehre ihres Standes dieser selbst herunter, als sie 2) Der Meistersang bildete sich aus der Sitte des Volks- Bischweiler, die Ceremonien s. bei Mattheson in crit. [m]u- sica 2. 343. Wie denn die Freuden des Volks meistentheils unter Vorwand oder Einbildung liberaler Ursachen zerstört wer- den, so geschah auch zu Wien im Jahr 1782. die Aufhebung dieser Einrichtung, weil man sie der natürlichen Freiheit eines jeden, durch Kunst sein Brot zu verdienen, für unangemessen hielt. (Nicolais Reisen 3. 298.) In manchen Städten ent- sprang aus solchen Spielleuten die besondere Ordnung der Stadtpfeifer. (Vergl. P. von Stetten Kunst und Hand- werksgesch. p. 526.) Aehnliche Gesellschaften bestanden in andern Reichen, zum Beweis ihres Alters mit, die Idee war durchaus volksmäßig, daher allgemein. Ueber einen King of the minstrels and of the fidlers zu Tutbury in Staffordshire unter Richard 2. sehe man Ritson's observat. on the minstrels p. VIII. IX. Conf. auch Blounts law dictionary. h. v. Flö- gels Hofnarren p. 393. In Frankreich 1330. die confrerie de S. Julien des menestriers gestiftet, sie hatten einen roi des menestriers und eine eigene Straße zu Paris, die noch den Namen führt. (Du Cange v. rex ministellorum, zuletzt hieß er roi des violons und wurde 1773 gänzlich eingezogen. Forkel 2. 750.) Die eigentliche Ausführung des sehr inte- ressanten Gegenstandes würde nicht hierher gehören. 121) Die Armuth flüchtet sich in den Stand der Sänger, womit
nicht gerade zusammenfällt, daß auch die Blindheit darin Trost und Labsal sucht. Zu letzterem könnte ich Veispiele von dem göttlichen Homer und Ossian bis auf den Niecolo Cieco von Arezzo geben. Man s. Titurel Str. 3358: so singent uns die blinden Aus Wolframs Gedichten, so wie dem Tristan, ließen sich viele Erläuterungen über die Spielleute schöpfen, deren Wesen aus- führlicher zu beschreiben ich mir anderswo vornehme. ſinkt mit der Ehre ihres Standes dieſer ſelbſt herunter, als ſie 2) Der Meiſterſang bildete ſich aus der Sitte des Volks- Biſchweiler, die Ceremonien ſ. bei Mattheson in crit. [m]u- sica 2. 343. Wie denn die Freuden des Volks meiſtentheils unter Vorwand oder Einbildung liberaler Urſachen zerſtoͤrt wer- den, ſo geſchah auch zu Wien im Jahr 1782. die Aufhebung dieſer Einrichtung, weil man ſie der natuͤrlichen Freiheit eines jeden, durch Kunſt ſein Brot zu verdienen, fuͤr unangemeſſen hielt. (Nicolais Reiſen 3. 298.) In manchen Staͤdten ent- ſprang aus ſolchen Spielleuten die beſondere Ordnung der Stadtpfeifer. (Vergl. P. von Stetten Kunſt und Hand- werksgeſch. p. 526.) Aehnliche Geſellſchaften beſtanden in andern Reichen, zum Beweis ihres Alters mit, die Idee war durchaus volksmaͤßig, daher allgemein. Ueber einen King of the minstrels and of the fidlers zu Tutbury in Staffordſhire unter Richard 2. ſehe man Ritson’s observat. on the minstrels p. VIII. IX. Conf. auch Blounts law dictionary. h. v. Floͤ- gels Hofnarren p. 393. In Frankreich 1330. die confrerie de S. Julien des menestriers geſtiftet, ſie hatten einen roi des menestriers und eine eigene Straße zu Paris, die noch den Namen fuͤhrt. (Du Cange v. rex ministellorum, zuletzt hieß er roi des violons und wurde 1773 gaͤnzlich eingezogen. Forkel 2. 750.) Die eigentliche Ausfuͤhrung des ſehr inte- reſſanten Gegenſtandes wuͤrde nicht hierher gehoͤren. 121) Die Armuth fluͤchtet ſich in den Stand der Saͤnger, womit
nicht gerade zuſammenfaͤllt, daß auch die Blindheit darin Troſt und Labſal ſucht. Zu letzterem koͤnnte ich Veiſpiele von dem goͤttlichen Homer und Oſſian bis auf den Niecolo Cieco von Arezzo geben. Man ſ. Titurel Str. 3358: ſo ſingent uns die blinden Aus Wolframs Gedichten, ſo wie dem Triſtan, ließen ſich viele Erlaͤuterungen uͤber die Spielleute ſchoͤpfen, deren Weſen aus- fuͤhrlicher zu beſchreiben ich mir anderswo vornehme. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0142" n="132"/> ſinkt mit der Ehre ihres Standes dieſer ſelbſt herunter, als ſie<lb/> ſich durch Spiele, Mummereien und Gelage ein ſchlechtes <note place="foot" n="121)">Die Armuth fluͤchtet ſich in den Stand der Saͤnger, womit<lb/> nicht gerade zuſammenfaͤllt, daß auch die Blindheit darin Troſt<lb/> und Labſal ſucht. Zu letzterem koͤnnte ich Veiſpiele von dem<lb/> goͤttlichen Homer und Oſſian bis auf den Niecolo Cieco von<lb/> Arezzo geben. Man ſ. <cit><bibl>Titurel Str. 3358:</bibl><lb/><quote><hi rendition="#et">ſo ſingent uns <hi rendition="#g">die blinden</hi><lb/> daß ſiegfried huͤrnein waͤre.</hi></quote></cit><lb/> Aus Wolframs Gedichten, ſo wie dem Triſtan, ließen ſich viele<lb/> Erlaͤuterungen uͤber die Spielleute ſchoͤpfen, deren Weſen aus-<lb/> fuͤhrlicher zu beſchreiben ich mir anderswo vornehme.</note>,<lb/> verachtetes Leben angewoͤhnt. Dazwiſchen liegen freilich Jahr-<lb/> hunderte.</p><lb/> <p>2) Der Meiſterſang bildete ſich aus der Sitte des Volks-<lb/> geſangs und bewahrte vieles davon, dennoch ſchied er ſich gleich<lb/><note xml:id="seg2pn_11_2" prev="#seg2pn_11_1" place="foot" n="120)">Biſchweiler, die Ceremonien ſ. bei <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Mattheson</hi> in crit. <supplied>m</supplied>u-<lb/> sica</hi> 2. 343. Wie denn die Freuden des Volks meiſtentheils<lb/> unter Vorwand oder Einbildung liberaler Urſachen zerſtoͤrt wer-<lb/> den, ſo geſchah auch zu Wien im Jahr 1782. die Aufhebung<lb/> dieſer Einrichtung, weil man ſie der natuͤrlichen Freiheit eines<lb/> jeden, durch Kunſt ſein Brot zu verdienen, fuͤr unangemeſſen<lb/> hielt. (<hi rendition="#g">Nicolais</hi> Reiſen 3. 298.) In manchen Staͤdten ent-<lb/> ſprang aus ſolchen Spielleuten die beſondere Ordnung der<lb/> Stadtpfeifer. (Vergl. P. von <hi rendition="#g">Stetten</hi> Kunſt und Hand-<lb/> werksgeſch. <hi rendition="#aq">p.</hi> 526.)<lb/> Aehnliche Geſellſchaften beſtanden in andern Reichen, zum<lb/> Beweis ihres Alters mit, die Idee war durchaus volksmaͤßig,<lb/> daher allgemein. Ueber einen <hi rendition="#aq">King of the minstrels and<lb/> of the fidlers</hi> zu Tutbury in Staffordſhire unter Richard 2.<lb/> ſehe man <hi rendition="#aq">Ritson’s observat. on the minstrels p. VIII.<lb/> IX. Conf.</hi> auch <hi rendition="#aq">Blounts law dictionary. h. v.</hi> <hi rendition="#g">Floͤ-<lb/> gels</hi> Hofnarren <hi rendition="#aq">p.</hi> 393. In Frankreich 1330. die <hi rendition="#aq">confrerie<lb/> de S. Julien des menestriers</hi> geſtiftet, ſie hatten einen <hi rendition="#aq">roi<lb/> des menestriers</hi> und eine eigene Straße zu Paris, die noch<lb/> den Namen fuͤhrt. (<hi rendition="#aq">Du Cange v. rex ministellorum,</hi> zuletzt<lb/> hieß er <hi rendition="#aq">roi des violons</hi> <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> wurde 1773 gaͤnzlich eingezogen.<lb/><hi rendition="#g">Forkel</hi> 2. 750.) Die eigentliche Ausfuͤhrung des ſehr inte-<lb/> reſſanten Gegenſtandes wuͤrde nicht hierher gehoͤren.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0142]
ſinkt mit der Ehre ihres Standes dieſer ſelbſt herunter, als ſie
ſich durch Spiele, Mummereien und Gelage ein ſchlechtes 121),
verachtetes Leben angewoͤhnt. Dazwiſchen liegen freilich Jahr-
hunderte.
2) Der Meiſterſang bildete ſich aus der Sitte des Volks-
geſangs und bewahrte vieles davon, dennoch ſchied er ſich gleich
120)
121) Die Armuth fluͤchtet ſich in den Stand der Saͤnger, womit
nicht gerade zuſammenfaͤllt, daß auch die Blindheit darin Troſt
und Labſal ſucht. Zu letzterem koͤnnte ich Veiſpiele von dem
goͤttlichen Homer und Oſſian bis auf den Niecolo Cieco von
Arezzo geben. Man ſ. Titurel Str. 3358:
ſo ſingent uns die blinden
daß ſiegfried huͤrnein waͤre.
Aus Wolframs Gedichten, ſo wie dem Triſtan, ließen ſich viele
Erlaͤuterungen uͤber die Spielleute ſchoͤpfen, deren Weſen aus-
fuͤhrlicher zu beſchreiben ich mir anderswo vornehme.
120) Biſchweiler, die Ceremonien ſ. bei Mattheson in crit. mu-
sica 2. 343. Wie denn die Freuden des Volks meiſtentheils
unter Vorwand oder Einbildung liberaler Urſachen zerſtoͤrt wer-
den, ſo geſchah auch zu Wien im Jahr 1782. die Aufhebung
dieſer Einrichtung, weil man ſie der natuͤrlichen Freiheit eines
jeden, durch Kunſt ſein Brot zu verdienen, fuͤr unangemeſſen
hielt. (Nicolais Reiſen 3. 298.) In manchen Staͤdten ent-
ſprang aus ſolchen Spielleuten die beſondere Ordnung der
Stadtpfeifer. (Vergl. P. von Stetten Kunſt und Hand-
werksgeſch. p. 526.)
Aehnliche Geſellſchaften beſtanden in andern Reichen, zum
Beweis ihres Alters mit, die Idee war durchaus volksmaͤßig,
daher allgemein. Ueber einen King of the minstrels and
of the fidlers zu Tutbury in Staffordſhire unter Richard 2.
ſehe man Ritson’s observat. on the minstrels p. VIII.
IX. Conf. auch Blounts law dictionary. h. v. Floͤ-
gels Hofnarren p. 393. In Frankreich 1330. die confrerie
de S. Julien des menestriers geſtiftet, ſie hatten einen roi
des menestriers und eine eigene Straße zu Paris, die noch
den Namen fuͤhrt. (Du Cange v. rex ministellorum, zuletzt
hieß er roi des violons und wurde 1773 gaͤnzlich eingezogen.
Forkel 2. 750.) Die eigentliche Ausfuͤhrung des ſehr inte-
reſſanten Gegenſtandes wuͤrde nicht hierher gehoͤren.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |