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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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hang lehrt, daß Hugo dabei an magister artium gedacht hat.
Anderwärts (Docen Misc. 1. 79.) von Meister Conrads mei-
sterlichem Dichten. Hugo selbst ist übrigens ein wirklicher
Schulmeister (magister) und wohl kein M. S. gewesen, wie
wir dann auch gar keine Lieder von ihm haben. (Cf. Museum
1. 586. 587.)

Welche Dichter in dem Inhaltsverzeichniß der maneßischen
Sammlung Meister genannt werden, kann jeder selbst nach-
sehen. Offenbar ist dabei sehr willkürlich verfahren, berühm-
ten Meistern, wie Veldeck, Vogelweide, Misner, Marner,
Reinmar, Canzler fehlt der Titel, folglich kann er auch bei
andern fehlen, die mir Docen nicht zugibt, dagegen hat ihn
gerade einer, den er nicht gern zugeben wird, Meister Gott-
fried von Straßburg. Vielleicht ist eben dieß, oder ein ähn-
liches Beispiel die Ursache, warum er mir bestreiten will, daß
ich unsern Namen mit dem spätern Meistersang zusammen-
bringe. Ich wüßte sonst wirklich keine.

Außerdem scheint das Wort: Singer oder Sänger 89 b)
am üblichsten und kann gewiß einen wahren Meister bezeichnen,
wie denn noch spät in den Tabulaturen Singer für Meister
gesetzt wird (Wagenseil 520). Freilich ist die daneben gültige
allgemeinere Bedeutung von Sänger weniger zu verkennen.
Für unsern bestimmten Fall verweise ich lediglich auf den
Wartburger Krieg, auf Tanhuser 2. 59, wo alle Singer; auf
Conrad 2. 207. (Singer bei Rhein); Bruder Wirner XLIV.
Gervelin CCIV. und Rumelant CCCXIII.

Seltener stoßen wir auf das Wort Dichter und Dich-
ten 90), obschon dessen Alter über das 13te Jahrhundert weit
hinaufgeht. Häufiger wird es hernach im 14ten (z. B. bei Mö-

89 b) Obschon Docen die letztere Form neuer machen will, so sagt
doch bereits Geltar 1. 119. Minnesenger.
90) Dichten und singen, z. B. bei dem von Rappersweil 1. 189.

hang lehrt, daß Hugo dabei an magister artium gedacht hat.
Anderwaͤrts (Docen Miſc. 1. 79.) von Meiſter Conrads mei-
ſterlichem Dichten. Hugo ſelbſt iſt uͤbrigens ein wirklicher
Schulmeiſter (magister) und wohl kein M. S. geweſen, wie
wir dann auch gar keine Lieder von ihm haben. (Cf. Muſeum
1. 586. 587.)

Welche Dichter in dem Inhaltsverzeichniß der maneßiſchen
Sammlung Meiſter genannt werden, kann jeder ſelbſt nach-
ſehen. Offenbar iſt dabei ſehr willkuͤrlich verfahren, beruͤhm-
ten Meiſtern, wie Veldeck, Vogelweide, Misner, Marner,
Reinmar, Canzler fehlt der Titel, folglich kann er auch bei
andern fehlen, die mir Docen nicht zugibt, dagegen hat ihn
gerade einer, den er nicht gern zugeben wird, Meiſter Gott-
fried von Straßburg. Vielleicht iſt eben dieß, oder ein aͤhn-
liches Beiſpiel die Urſache, warum er mir beſtreiten will, daß
ich unſern Namen mit dem ſpaͤtern Meiſterſang zuſammen-
bringe. Ich wuͤßte ſonſt wirklich keine.

Außerdem ſcheint das Wort: Singer oder Saͤnger 89 b)
am uͤblichſten und kann gewiß einen wahren Meiſter bezeichnen,
wie denn noch ſpaͤt in den Tabulaturen Singer fuͤr Meiſter
geſetzt wird (Wagenſeil 520). Freilich iſt die daneben guͤltige
allgemeinere Bedeutung von Saͤnger weniger zu verkennen.
Fuͤr unſern beſtimmten Fall verweiſe ich lediglich auf den
Wartburger Krieg, auf Tanhuſer 2. 59, wo alle Singer; auf
Conrad 2. 207. (Singer bei Rhein); Bruder Wirner XLIV.
Gervelin CCIV. und Rumelant CCCXIII.

Seltener ſtoßen wir auf das Wort Dichter und Dich-
ten 90), obſchon deſſen Alter uͤber das 13te Jahrhundert weit
hinaufgeht. Haͤufiger wird es hernach im 14ten (z. B. bei Moͤ-

89 b) Obſchon Docen die letztere Form neuer machen will, ſo ſagt
doch bereits Geltar 1. 119. Minneſenger.
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[104/0114] hang lehrt, daß Hugo dabei an magister artium gedacht hat. Anderwaͤrts (Docen Miſc. 1. 79.) von Meiſter Conrads mei- ſterlichem Dichten. Hugo ſelbſt iſt uͤbrigens ein wirklicher Schulmeiſter (magister) und wohl kein M. S. geweſen, wie wir dann auch gar keine Lieder von ihm haben. (Cf. Muſeum 1. 586. 587.) Welche Dichter in dem Inhaltsverzeichniß der maneßiſchen Sammlung Meiſter genannt werden, kann jeder ſelbſt nach- ſehen. Offenbar iſt dabei ſehr willkuͤrlich verfahren, beruͤhm- ten Meiſtern, wie Veldeck, Vogelweide, Misner, Marner, Reinmar, Canzler fehlt der Titel, folglich kann er auch bei andern fehlen, die mir Docen nicht zugibt, dagegen hat ihn gerade einer, den er nicht gern zugeben wird, Meiſter Gott- fried von Straßburg. Vielleicht iſt eben dieß, oder ein aͤhn- liches Beiſpiel die Urſache, warum er mir beſtreiten will, daß ich unſern Namen mit dem ſpaͤtern Meiſterſang zuſammen- bringe. Ich wuͤßte ſonſt wirklich keine. Außerdem ſcheint das Wort: Singer oder Saͤnger 89 b) am uͤblichſten und kann gewiß einen wahren Meiſter bezeichnen, wie denn noch ſpaͤt in den Tabulaturen Singer fuͤr Meiſter geſetzt wird (Wagenſeil 520). Freilich iſt die daneben guͤltige allgemeinere Bedeutung von Saͤnger weniger zu verkennen. Fuͤr unſern beſtimmten Fall verweiſe ich lediglich auf den Wartburger Krieg, auf Tanhuſer 2. 59, wo alle Singer; auf Conrad 2. 207. (Singer bei Rhein); Bruder Wirner XLIV. Gervelin CCIV. und Rumelant CCCXIII. Seltener ſtoßen wir auf das Wort Dichter und Dich- ten 90), obſchon deſſen Alter uͤber das 13te Jahrhundert weit hinaufgeht. Haͤufiger wird es hernach im 14ten (z. B. bei Moͤ- 89 b) Obſchon Docen die letztere Form neuer machen will, ſo ſagt doch bereits Geltar 1. 119. Minneſenger. 90) Dichten und ſingen, z. B. bei dem von Rappersweil 1. 189.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/114>, abgerufen am 28.04.2024.