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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

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4.
Armuth und Demuth führen zum Himmel.

Es war einmal ein Königssohn, der gieng hinaus in das Feld und war nachdenklich und traurig. Er sah den Himmel an, der war so schön rein und blau, da seufzte er und sprach 'wie wohl muß einem erst da oben im Himmel sein!' Da erblickte er einen armen greisen Mann, der des Weges daher kam, redete ihn an und fragte 'wie kann ich wohl in den Himmel kommen?' Der Mann antwortete 'durch Armuth und Demuth. Leg an meine zerrissenen Kleider, wandere sieben Jahre in der Welt und lerne ihr Elend kennen: nimm kein Geld, sondern wenn du hungerst, bitt mitleidige Herzen um ein Stückchen Brot, so wirst du dich dem Himmel nähern.' Da zog der Königssohn seinen prächtigen Rock aus und hieng dafür das Bettlergewand um, gieng hinaus in die weite Welt und duldete groß Elend. Er nahm nichts als ein wenig Essen, sprach nichts, sondern betete zu dem Herrn daß er ihn einmal in seinen Himmel aufnehmen wollte. Als die sieben Jahre herum waren, da kam er wieder an seines Vaters Schloß, aber niemand erkannte ihn. Er sprach zu den Dienern 'geht und sagt meinen Eltern daß ich wiedergekommen bin.' Aber die Diener glaubten es nicht, lachten und ließen ihn stehen. Da sprach er 'geht und sagts meinen Brüdern, daß sie herab kommen, ich möchte sie so gerne wieder sehen.' Sie wollten auch nicht, bis endlich einer von ihnen hingieng und es den Königskindern sagte, aber diese glaubten es nicht und bekümmerten sich nicht darum. Da schrieb er einen Brief an seine Mutter, und beschrieb ihr darin

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Armuth und Demuth führen zum Himmel.

Es war einmal ein Königssohn, der gieng hinaus in das Feld und war nachdenklich und traurig. Er sah den Himmel an, der war so schön rein und blau, da seufzte er und sprach ‘wie wohl muß einem erst da oben im Himmel sein!’ Da erblickte er einen armen greisen Mann, der des Weges daher kam, redete ihn an und fragte ‘wie kann ich wohl in den Himmel kommen?’ Der Mann antwortete ‘durch Armuth und Demuth. Leg an meine zerrissenen Kleider, wandere sieben Jahre in der Welt und lerne ihr Elend kennen: nimm kein Geld, sondern wenn du hungerst, bitt mitleidige Herzen um ein Stückchen Brot, so wirst du dich dem Himmel nähern.’ Da zog der Königssohn seinen prächtigen Rock aus und hieng dafür das Bettlergewand um, gieng hinaus in die weite Welt und duldete groß Elend. Er nahm nichts als ein wenig Essen, sprach nichts, sondern betete zu dem Herrn daß er ihn einmal in seinen Himmel aufnehmen wollte. Als die sieben Jahre herum waren, da kam er wieder an seines Vaters Schloß, aber niemand erkannte ihn. Er sprach zu den Dienern ‘geht und sagt meinen Eltern daß ich wiedergekommen bin.’ Aber die Diener glaubten es nicht, lachten und ließen ihn stehen. Da sprach er ‘geht und sagts meinen Brüdern, daß sie herab kommen, ich möchte sie so gerne wieder sehen.’ Sie wollten auch nicht, bis endlich einer von ihnen hingieng und es den Königskindern sagte, aber diese glaubten es nicht und bekümmerten sich nicht darum. Da schrieb er einen Brief an seine Mutter, und beschrieb ihr darin

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[472/0484] 4. Armuth und Demuth führen zum Himmel. Es war einmal ein Königssohn, der gieng hinaus in das Feld und war nachdenklich und traurig. Er sah den Himmel an, der war so schön rein und blau, da seufzte er und sprach ‘wie wohl muß einem erst da oben im Himmel sein!’ Da erblickte er einen armen greisen Mann, der des Weges daher kam, redete ihn an und fragte ‘wie kann ich wohl in den Himmel kommen?’ Der Mann antwortete ‘durch Armuth und Demuth. Leg an meine zerrissenen Kleider, wandere sieben Jahre in der Welt und lerne ihr Elend kennen: nimm kein Geld, sondern wenn du hungerst, bitt mitleidige Herzen um ein Stückchen Brot, so wirst du dich dem Himmel nähern.’ Da zog der Königssohn seinen prächtigen Rock aus und hieng dafür das Bettlergewand um, gieng hinaus in die weite Welt und duldete groß Elend. Er nahm nichts als ein wenig Essen, sprach nichts, sondern betete zu dem Herrn daß er ihn einmal in seinen Himmel aufnehmen wollte. Als die sieben Jahre herum waren, da kam er wieder an seines Vaters Schloß, aber niemand erkannte ihn. Er sprach zu den Dienern ‘geht und sagt meinen Eltern daß ich wiedergekommen bin.’ Aber die Diener glaubten es nicht, lachten und ließen ihn stehen. Da sprach er ‘geht und sagts meinen Brüdern, daß sie herab kommen, ich möchte sie so gerne wieder sehen.’ Sie wollten auch nicht, bis endlich einer von ihnen hingieng und es den Königskindern sagte, aber diese glaubten es nicht und bekümmerten sich nicht darum. Da schrieb er einen Brief an seine Mutter, und beschrieb ihr darin

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/484>, abgerufen am 27.11.2024.