Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.will, und im Augenblick ist er dort.' 'Gebt mir den Hut' sagte der Jüngling, 'ich will ein Stück Wegs gehen, und wenn ich euch dann rufe, so lauft um die Wette, und wer am ersten bei mir ist, dem soll er gehören.' Er setzte den Hut auf und gieng fort, dachte aber an die Königstochter, vergaß die Riesen und gieng immer weiter. Einmal seufzte er aus Herzensgrund und rief, 'ach, wäre ich doch auf dem Schloß der goldenen Sonne!' und kaum waren die Worte über seine Lippen, so stand er auf einem hohen Berg vor dem Thor des Schlosses. Er trat hinein und gieng durch alle Zimmer, bis er in dem letzten die Königstochter fand. Aber wie erschrack er, als er sie anblickte: sie hatte ein aschgraues Gesicht voll Runzeln, trübe Augen und rothe Haare. 'Seid ihr die Königstochter, deren Schönheit alle Welt rühmt?' rief er aus. 'Ach,' erwiederte sie, 'das ist meine Gestalt nicht, die Augen der Menschen können mich nur in dieser Häßlichkeit erblicken, aber damit du weißt wie ich aussehe, so schau in den Spiegel, der läßt sich nicht irre machen, der zeigt dir mein Bild, wie es in Wahrheit ist.' Sie gab ihm den Spiegel in die Hand, und er sah darin das Abbild der schönsten Jungfrau, die auf der Welt war, und sah wie ihr vor Traurigkeit die Thränen über die Wangen rollten. Da sprach er 'wie kannst du erlöst werden? ich scheue keine Gefahr.' Sie sprach 'wer die krystallne Kugel erlangt und hält sie dem Zauberer vor, der bricht damit seine Macht, und ich kehre in meine wahre Gestalt zurück. 'Ach,' setzte sie hinzu, 'schon so mancher ist darum in seinen Tod gegangen, und du junges Blut, du jammerst mich, wenn du dich in die großen Gefährlichkeiten begiebst.' 'Mich kann nichts abhalten' sprach er, 'aber sage mir was ich thun muß.' 'Du sollst alles wissen,' sprach die Königstochter, 'wenn du den Berg auf dem das Schloß steht, hinabgehst, so wird unten an einer Quelle ein wilder Auerochs stehen, mit dem mußt du kämpfen. Und wenn will, und im Augenblick ist er dort.’ ‘Gebt mir den Hut’ sagte der Jüngling, ‘ich will ein Stück Wegs gehen, und wenn ich euch dann rufe, so lauft um die Wette, und wer am ersten bei mir ist, dem soll er gehören.’ Er setzte den Hut auf und gieng fort, dachte aber an die Königstochter, vergaß die Riesen und gieng immer weiter. Einmal seufzte er aus Herzensgrund und rief, ‘ach, wäre ich doch auf dem Schloß der goldenen Sonne!’ und kaum waren die Worte über seine Lippen, so stand er auf einem hohen Berg vor dem Thor des Schlosses. Er trat hinein und gieng durch alle Zimmer, bis er in dem letzten die Königstochter fand. Aber wie erschrack er, als er sie anblickte: sie hatte ein aschgraues Gesicht voll Runzeln, trübe Augen und rothe Haare. ‘Seid ihr die Königstochter, deren Schönheit alle Welt rühmt?’ rief er aus. ‘Ach,’ erwiederte sie, ‘das ist meine Gestalt nicht, die Augen der Menschen können mich nur in dieser Häßlichkeit erblicken, aber damit du weißt wie ich aussehe, so schau in den Spiegel, der läßt sich nicht irre machen, der zeigt dir mein Bild, wie es in Wahrheit ist.’ Sie gab ihm den Spiegel in die Hand, und er sah darin das Abbild der schönsten Jungfrau, die auf der Welt war, und sah wie ihr vor Traurigkeit die Thränen über die Wangen rollten. Da sprach er ‘wie kannst du erlöst werden? ich scheue keine Gefahr.’ Sie sprach ‘wer die krystallne Kugel erlangt und hält sie dem Zauberer vor, der bricht damit seine Macht, und ich kehre in meine wahre Gestalt zurück. ‘Ach,’ setzte sie hinzu, ‘schon so mancher ist darum in seinen Tod gegangen, und du junges Blut, du jammerst mich, wenn du dich in die großen Gefährlichkeiten begiebst.’ ‘Mich kann nichts abhalten’ sprach er, ‘aber sage mir was ich thun muß.’ ‘Du sollst alles wissen,’ sprach die Königstochter, ‘wenn du den Berg auf dem das Schloß steht, hinabgehst, so wird unten an einer Quelle ein wilder Auerochs stehen, mit dem mußt du kämpfen. 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Da sprach er ‘wie kannst du erlöst werden? ich scheue keine Gefahr.’ Sie sprach ‘wer die krystallne Kugel erlangt und hält sie dem Zauberer vor, der bricht damit seine Macht, und ich kehre in meine wahre Gestalt zurück. ‘Ach,’ setzte sie hinzu, ‘schon so mancher ist darum in seinen Tod gegangen, und du junges Blut, du jammerst mich, wenn du dich in die großen Gefährlichkeiten begiebst.’ ‘Mich kann nichts abhalten’ sprach er, ‘aber sage mir was ich thun muß.’ ‘Du sollst alles wissen,’ sprach die Königstochter, ‘wenn du den Berg auf dem das Schloß steht, hinabgehst, so wird unten an einer Quelle ein wilder Auerochs stehen, mit dem mußt du kämpfen. Und wenn </p> </div> </body> </text> </TEI> [448/0460]
will, und im Augenblick ist er dort.’ ‘Gebt mir den Hut’ sagte der Jüngling, ‘ich will ein Stück Wegs gehen, und wenn ich euch dann rufe, so lauft um die Wette, und wer am ersten bei mir ist, dem soll er gehören.’ Er setzte den Hut auf und gieng fort, dachte aber an die Königstochter, vergaß die Riesen und gieng immer weiter. Einmal seufzte er aus Herzensgrund und rief, ‘ach, wäre ich doch auf dem Schloß der goldenen Sonne!’ und kaum waren die Worte über seine Lippen, so stand er auf einem hohen Berg vor dem Thor des Schlosses.
Er trat hinein und gieng durch alle Zimmer, bis er in dem letzten die Königstochter fand. Aber wie erschrack er, als er sie anblickte: sie hatte ein aschgraues Gesicht voll Runzeln, trübe Augen und rothe Haare. ‘Seid ihr die Königstochter, deren Schönheit alle Welt rühmt?’ rief er aus. ‘Ach,’ erwiederte sie, ‘das ist meine Gestalt nicht, die Augen der Menschen können mich nur in dieser Häßlichkeit erblicken, aber damit du weißt wie ich aussehe, so schau in den Spiegel, der läßt sich nicht irre machen, der zeigt dir mein Bild, wie es in Wahrheit ist.’ Sie gab ihm den Spiegel in die Hand, und er sah darin das Abbild der schönsten Jungfrau, die auf der Welt war, und sah wie ihr vor Traurigkeit die Thränen über die Wangen rollten. Da sprach er ‘wie kannst du erlöst werden? ich scheue keine Gefahr.’ Sie sprach ‘wer die krystallne Kugel erlangt und hält sie dem Zauberer vor, der bricht damit seine Macht, und ich kehre in meine wahre Gestalt zurück. ‘Ach,’ setzte sie hinzu, ‘schon so mancher ist darum in seinen Tod gegangen, und du junges Blut, du jammerst mich, wenn du dich in die großen Gefährlichkeiten begiebst.’ ‘Mich kann nichts abhalten’ sprach er, ‘aber sage mir was ich thun muß.’ ‘Du sollst alles wissen,’ sprach die Königstochter, ‘wenn du den Berg auf dem das Schloß steht, hinabgehst, so wird unten an einer Quelle ein wilder Auerochs stehen, mit dem mußt du kämpfen. Und wenn
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