Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.dachte 'vielleicht ists bloßer Zeitvertreib; machts einem Spaß, so kann man dergleichen unnütze Dinge thun, zumal hier im Himmel, wo man, wie ich schon bemerkt habe, doch nur faullenzt.' Er gieng weiter und sah einen Wagen, der in einem tiefen Loch stecken geblieben war. 'Kein Wunder,' sprach er zu dem Mann, der dabei stand, 'wer wird so unvernünftig aufladen? was habt ihr da?' 'Fromme Wünsche,' antwortete der Mann, 'ich konnte damit nicht auf den rechten Weg kommen, aber ich habe den Wagen noch glücklich herauf geschoben, und hier werden sie mich nicht stecken lassen.' Wirklich kam ein Engel und spannte zwei Pferde vor. 'Ganz gut,' meinte Pfriem, 'aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.' Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. 'Talpatsch,' brach er los, 'was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.' Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von vier Flügelpferden in die Höhe gehoben ward. Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. 'Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,' sprach er zu sich selbst, 'und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber wer kann das wissen? Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.' dachte ‘vielleicht ists bloßer Zeitvertreib; machts einem Spaß, so kann man dergleichen unnütze Dinge thun, zumal hier im Himmel, wo man, wie ich schon bemerkt habe, doch nur faullenzt.’ Er gieng weiter und sah einen Wagen, der in einem tiefen Loch stecken geblieben war. ‘Kein Wunder,’ sprach er zu dem Mann, der dabei stand, ‘wer wird so unvernünftig aufladen? was habt ihr da?’ ‘Fromme Wünsche,’ antwortete der Mann, ‘ich konnte damit nicht auf den rechten Weg kommen, aber ich habe den Wagen noch glücklich herauf geschoben, und hier werden sie mich nicht stecken lassen.’ Wirklich kam ein Engel und spannte zwei Pferde vor. ‘Ganz gut,’ meinte Pfriem, ‘aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.’ Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. ‘Talpatsch,’ brach er los, ‘was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.’ Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von vier Flügelpferden in die Höhe gehoben ward. Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. ‘Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,’ sprach er zu sich selbst, ‘und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber wer kann das wissen? Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0373" n="361"/> dachte ‘vielleicht ists bloßer Zeitvertreib; machts einem Spaß, so kann man dergleichen unnütze Dinge thun, zumal hier im Himmel, wo man, wie ich schon bemerkt habe, doch nur faullenzt.’ Er gieng weiter und sah einen Wagen, der in einem tiefen Loch stecken geblieben war. ‘Kein Wunder,’ sprach er zu dem Mann, der dabei stand, ‘wer wird so unvernünftig aufladen? was habt ihr da?’ ‘Fromme Wünsche,’ antwortete der Mann, ‘ich konnte damit nicht auf den rechten Weg kommen, aber ich habe den Wagen noch glücklich herauf geschoben, und hier werden sie mich nicht stecken lassen.’ Wirklich kam ein Engel und spannte zwei Pferde vor. ‘Ganz gut,’ meinte Pfriem, ‘aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.’ Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. ‘Talpatsch,’ brach er los, ‘was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.’ Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von vier Flügelpferden in die Höhe gehoben ward.</p><lb/> <p>Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. ‘Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,’ sprach er zu sich selbst, ‘und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber wer kann das wissen? Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. 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dachte ‘vielleicht ists bloßer Zeitvertreib; machts einem Spaß, so kann man dergleichen unnütze Dinge thun, zumal hier im Himmel, wo man, wie ich schon bemerkt habe, doch nur faullenzt.’ Er gieng weiter und sah einen Wagen, der in einem tiefen Loch stecken geblieben war. ‘Kein Wunder,’ sprach er zu dem Mann, der dabei stand, ‘wer wird so unvernünftig aufladen? was habt ihr da?’ ‘Fromme Wünsche,’ antwortete der Mann, ‘ich konnte damit nicht auf den rechten Weg kommen, aber ich habe den Wagen noch glücklich herauf geschoben, und hier werden sie mich nicht stecken lassen.’ Wirklich kam ein Engel und spannte zwei Pferde vor. ‘Ganz gut,’ meinte Pfriem, ‘aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.’ Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. ‘Talpatsch,’ brach er los, ‘was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen sie aber in ihrem dünkelhaften Übermuth alles besser zu wissen.’ Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von vier Flügelpferden in die Höhe gehoben ward.
Jn diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. ‘Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,’ sprach er zu sich selbst, ‘und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber wer kann das wissen? Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.’
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