Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.bleib bei mir, ich will dir geben, was du verlangst. Willst du Gold?' 'Nein' sagte das Eselein und schüttelte mit dem Kopf. 'Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?' 'Nein.' 'Willst du mein halbes Reich?' 'Ach nein.' Da sprach der König 'wenn ich nur wüßte was dich vergnügt machen könnte: willst du meine schöne Tochter zur Frau?' 'Ach ja,' sagte das Eselein, 'die möchte ich wohl haben,' war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewünscht hatte. Also ward eine große und prächtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Bräutigam in ihr Schlafkämmerlein geführt wurden, wollte der König wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betrüge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Bräutigam den Riegel vor die Thüre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein wären, da warf er auf einmal seine Eselshaut ab und stand da als ein schöner königlicher Jüngling. 'Nun siehst du,' sprach er, 'wer ich bin, und siehst auch daß ich deiner nicht unwerth war.' Da ward die Braut froh, küßte ihn und hatte ihn von Herzen lieb. Als aber der Morgen herankam, sprang er auf, zog seine Thierhaut wieder über, und hätte kein Mensch gedacht was für einer dahinter steckte. Bald kam auch der alte König gegangen, 'ei,' rief er, 'ist das Eselein schon munter! Du bist wohl recht traurig,' sagte er zu seiner Tochter, 'daß du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen hast?' 'Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, als wenn er der allerschönste wäre, und will ihn mein Lebtag behalten.' Der König wunderte sich, aber der Diener, der sich versteckt hatte, kam und offenbarte ihm alles. Der König sprach 'das ist nimmermehr wahr.' 'So wacht selber die folgende Nacht, ihr werdets mit eigenen Augen sehen, und wißt ihr was, Herr König, nehmt ihm die Haut weg und werft sie ins Feuer, so muß er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.' bleib bei mir, ich will dir geben, was du verlangst. Willst du Gold?’ ‘Nein’ sagte das Eselein und schüttelte mit dem Kopf. ‘Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?’ ‘Nein.’ ‘Willst du mein halbes Reich?’ ‘Ach nein.’ Da sprach der König ‘wenn ich nur wüßte was dich vergnügt machen könnte: willst du meine schöne Tochter zur Frau?’ ‘Ach ja,’ sagte das Eselein, ‘die möchte ich wohl haben,’ war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewünscht hatte. Also ward eine große und prächtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Bräutigam in ihr Schlafkämmerlein geführt wurden, wollte der König wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betrüge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Bräutigam den Riegel vor die Thüre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein wären, da warf er auf einmal seine Eselshaut ab und stand da als ein schöner königlicher Jüngling. ‘Nun siehst du,’ sprach er, ‘wer ich bin, und siehst auch daß ich deiner nicht unwerth war.’ Da ward die Braut froh, küßte ihn und hatte ihn von Herzen lieb. Als aber der Morgen herankam, sprang er auf, zog seine Thierhaut wieder über, und hätte kein Mensch gedacht was für einer dahinter steckte. Bald kam auch der alte König gegangen, ‘ei,’ rief er, ‘ist das Eselein schon munter! Du bist wohl recht traurig,’ sagte er zu seiner Tochter, ‘daß du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen hast?’ ‘Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, als wenn er der allerschönste wäre, und will ihn mein Lebtag behalten.’ Der König wunderte sich, aber der Diener, der sich versteckt hatte, kam und offenbarte ihm alles. Der König sprach ‘das ist nimmermehr wahr.’ ‘So wacht selber die folgende Nacht, ihr werdets mit eigenen Augen sehen, und wißt ihr was, Herr König, nehmt ihm die Haut weg und werft sie ins Feuer, so muß er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0278" n="266"/> bleib bei mir, ich will dir geben, was du verlangst. Willst du Gold?’ ‘Nein’ sagte das Eselein und schüttelte mit dem Kopf. ‘Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?’ ‘Nein.’ ‘Willst du mein halbes Reich?’ ‘Ach nein.’ Da sprach der König ‘wenn ich nur wüßte was dich vergnügt machen könnte: willst du meine schöne Tochter zur Frau?’ ‘Ach ja,’ sagte das Eselein, ‘die möchte ich wohl haben,’ war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewünscht hatte. Also ward eine große und prächtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Bräutigam in ihr Schlafkämmerlein geführt wurden, wollte der König wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betrüge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Bräutigam den Riegel vor die Thüre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein wären, da warf er auf einmal seine Eselshaut ab und stand da als ein schöner königlicher Jüngling. ‘Nun siehst du,’ sprach er, ‘wer ich bin, und siehst auch daß ich deiner nicht unwerth war.’ Da ward die Braut froh, küßte ihn und hatte ihn von Herzen lieb. Als aber der Morgen herankam, sprang er auf, zog seine Thierhaut wieder über, und hätte kein Mensch gedacht was für einer dahinter steckte. Bald kam auch der alte König gegangen, ‘ei,’ rief er, ‘ist das Eselein schon munter! Du bist wohl recht traurig,’ sagte er zu seiner Tochter, ‘daß du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen hast?’ ‘Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, als wenn er der allerschönste wäre, und will ihn mein Lebtag behalten.’ Der König wunderte sich, aber der Diener, der sich versteckt hatte, kam und offenbarte ihm alles. Der König sprach ‘das ist nimmermehr wahr.’ ‘So wacht selber die folgende Nacht, ihr werdets mit eigenen Augen sehen, und wißt ihr was, Herr König, nehmt ihm die Haut weg und werft sie ins Feuer, so muß er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.’ </p> </div> </body> </text> </TEI> [266/0278]
bleib bei mir, ich will dir geben, was du verlangst. Willst du Gold?’ ‘Nein’ sagte das Eselein und schüttelte mit dem Kopf. ‘Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?’ ‘Nein.’ ‘Willst du mein halbes Reich?’ ‘Ach nein.’ Da sprach der König ‘wenn ich nur wüßte was dich vergnügt machen könnte: willst du meine schöne Tochter zur Frau?’ ‘Ach ja,’ sagte das Eselein, ‘die möchte ich wohl haben,’ war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewünscht hatte. Also ward eine große und prächtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Bräutigam in ihr Schlafkämmerlein geführt wurden, wollte der König wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betrüge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Bräutigam den Riegel vor die Thüre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein wären, da warf er auf einmal seine Eselshaut ab und stand da als ein schöner königlicher Jüngling. ‘Nun siehst du,’ sprach er, ‘wer ich bin, und siehst auch daß ich deiner nicht unwerth war.’ Da ward die Braut froh, küßte ihn und hatte ihn von Herzen lieb. Als aber der Morgen herankam, sprang er auf, zog seine Thierhaut wieder über, und hätte kein Mensch gedacht was für einer dahinter steckte. Bald kam auch der alte König gegangen, ‘ei,’ rief er, ‘ist das Eselein schon munter! Du bist wohl recht traurig,’ sagte er zu seiner Tochter, ‘daß du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen hast?’ ‘Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, als wenn er der allerschönste wäre, und will ihn mein Lebtag behalten.’ Der König wunderte sich, aber der Diener, der sich versteckt hatte, kam und offenbarte ihm alles. Der König sprach ‘das ist nimmermehr wahr.’ ‘So wacht selber die folgende Nacht, ihr werdets mit eigenen Augen sehen, und wißt ihr was, Herr König, nehmt ihm die Haut weg und werft sie ins Feuer, so muß er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.’
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