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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

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129.
Die vier kunstreichen Brüder.

Es war ein armer Mann, der hatte vier Söhne, wie die heran gewachsen waren, sprach er zu ihnen 'liebe Kinder, ihr müßt jetzt hinaus in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben könnte; macht euch auf und geht in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht wie ihr euch durchschlagt.' Da ergriffen die vier Brüder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie eine Zeit lang gewandert waren, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden führte. Da sprach der älteste 'hier müssen wir uns trennen, aber heut über vier Jahre wollen wir an dieser Stelle wieder zusammen treffen und in der Zeit unser Glück versuchen.'

Nun gieng jeder seinen Weg, und dem ältesten begegnete ein Mann, der fragte ihn wo er hinaus wollte und was er vor hätte. 'Jch will ein Handwerk lernen,' antwortete er. Da sprach der Mann 'geh mit mir, und werde ein Dieb.' 'Nein,' antwortete er, 'das gilt für kein ehrliches Handwerk mehr, und das Ende vom Lied ist, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird.' 'O,' sprach der Mann, 'vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fürchten: ich will dich bloß lehren wie du holst was sonst kein Mensch kriegen kann, und wo dir niemand auf die Spur kommt.' Da ließ er sich überreden, ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und ward so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn that, was er in der Welt lernen wollte. 'Jch weiß es noch nicht' antwortete er. 'So geh

129.
Die vier kunstreichen Brüder.

Es war ein armer Mann, der hatte vier Söhne, wie die heran gewachsen waren, sprach er zu ihnen ‘liebe Kinder, ihr müßt jetzt hinaus in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben könnte; macht euch auf und geht in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht wie ihr euch durchschlagt.’ Da ergriffen die vier Brüder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie eine Zeit lang gewandert waren, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden führte. Da sprach der älteste ‘hier müssen wir uns trennen, aber heut über vier Jahre wollen wir an dieser Stelle wieder zusammen treffen und in der Zeit unser Glück versuchen.’

Nun gieng jeder seinen Weg, und dem ältesten begegnete ein Mann, der fragte ihn wo er hinaus wollte und was er vor hätte. ‘Jch will ein Handwerk lernen,’ antwortete er. Da sprach der Mann ‘geh mit mir, und werde ein Dieb.’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘das gilt für kein ehrliches Handwerk mehr, und das Ende vom Lied ist, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird.’ ‘O,’ sprach der Mann, ‘vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fürchten: ich will dich bloß lehren wie du holst was sonst kein Mensch kriegen kann, und wo dir niemand auf die Spur kommt.’ Da ließ er sich überreden, ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und ward so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn that, was er in der Welt lernen wollte. ‘Jch weiß es noch nicht’ antwortete er. ‘So geh

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[206/0218] 129. Die vier kunstreichen Brüder. Es war ein armer Mann, der hatte vier Söhne, wie die heran gewachsen waren, sprach er zu ihnen ‘liebe Kinder, ihr müßt jetzt hinaus in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben könnte; macht euch auf und geht in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht wie ihr euch durchschlagt.’ Da ergriffen die vier Brüder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Thor hinaus. Als sie eine Zeit lang gewandert waren, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden führte. Da sprach der älteste ‘hier müssen wir uns trennen, aber heut über vier Jahre wollen wir an dieser Stelle wieder zusammen treffen und in der Zeit unser Glück versuchen.’ Nun gieng jeder seinen Weg, und dem ältesten begegnete ein Mann, der fragte ihn wo er hinaus wollte und was er vor hätte. ‘Jch will ein Handwerk lernen,’ antwortete er. Da sprach der Mann ‘geh mit mir, und werde ein Dieb.’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘das gilt für kein ehrliches Handwerk mehr, und das Ende vom Lied ist, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird.’ ‘O,’ sprach der Mann, ‘vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fürchten: ich will dich bloß lehren wie du holst was sonst kein Mensch kriegen kann, und wo dir niemand auf die Spur kommt.’ Da ließ er sich überreden, ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und ward so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn that, was er in der Welt lernen wollte. ‘Jch weiß es noch nicht’ antwortete er. ‘So geh

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/218>, abgerufen am 23.11.2024.