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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857.

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106.
Der arme Müllerbursch und das Kätzchen.

Jn einer Mühle lebte ein alter Müller, der hatte weder Frau noch Kinder, und drei Müllerburschen dienten bei ihm. Wie sie nun etliche Jahre bei ihm gewesen waren, sagte er eines Tags zu ihnen 'ich bin alt, und will mich hinter den Ofen setzen: zieht aus, und wer mir das beste Pferd nach Haus bringt, dem will ich die Mühle geben, und er soll mich dafür bis an meinen Tod verpflegen.' Der dritte von den Burschen war aber der Kleinknecht, der ward von den andern für albern gehalten, dem gönnten sie die Mühle nicht; und er wollte sie hernach nicht einmal. Da zogen alle drei mit einander aus, und wie sie vor das Dorf kamen, sagten die zwei zu dem albernen Hans 'du kannst nur hier bleiben, du kriegst dein Lebtag keinen Gaul.' Hans aber gieng doch mit, und als es Nacht war, kamen sie an eine Höhle, da hinein legten sie sich schlafen. Die zwei Klugen warteten bis Hans eingeschlafen war, dann stiegen sie auf, machten sich fort und ließen Hänschen liegen, und meintens recht fein gemacht zu haben; ja, es wird euch doch nicht gut gehen! Wie nun die Sonne kam, und Hans aufwachte, lag er in einer tiefen Höhle: er guckte sich überall um und rief 'ach Gott, wo bin ich!' Da erhob er sich und krappelte die Höhle hinauf, gieng in den Wald und dachte 'ich bin hier ganz allein und verlassen, wie soll ich nun zu einem Pferd kommen!' Jndem er so in Gedanken dahin gieng, begegnete ihm ein kleines buntes Kätzchen, das sprach ganz freundlich 'Hans, wo willst du hin!' 'Ach, du kannst mir doch

106.
Der arme Müllerbursch und das Kätzchen.

Jn einer Mühle lebte ein alter Müller, der hatte weder Frau noch Kinder, und drei Müllerburschen dienten bei ihm. Wie sie nun etliche Jahre bei ihm gewesen waren, sagte er eines Tags zu ihnen ‘ich bin alt, und will mich hinter den Ofen setzen: zieht aus, und wer mir das beste Pferd nach Haus bringt, dem will ich die Mühle geben, und er soll mich dafür bis an meinen Tod verpflegen.’ Der dritte von den Burschen war aber der Kleinknecht, der ward von den andern für albern gehalten, dem gönnten sie die Mühle nicht; und er wollte sie hernach nicht einmal. Da zogen alle drei mit einander aus, und wie sie vor das Dorf kamen, sagten die zwei zu dem albernen Hans ‘du kannst nur hier bleiben, du kriegst dein Lebtag keinen Gaul.’ Hans aber gieng doch mit, und als es Nacht war, kamen sie an eine Höhle, da hinein legten sie sich schlafen. Die zwei Klugen warteten bis Hans eingeschlafen war, dann stiegen sie auf, machten sich fort und ließen Hänschen liegen, und meintens recht fein gemacht zu haben; ja, es wird euch doch nicht gut gehen! Wie nun die Sonne kam, und Hans aufwachte, lag er in einer tiefen Höhle: er guckte sich überall um und rief ‘ach Gott, wo bin ich!’ Da erhob er sich und krappelte die Höhle hinauf, gieng in den Wald und dachte ‘ich bin hier ganz allein und verlassen, wie soll ich nun zu einem Pferd kommen!’ Jndem er so in Gedanken dahin gieng, begegnete ihm ein kleines buntes Kätzchen, das sprach ganz freundlich ‘Hans, wo willst du hin!’ ‘Ach, du kannst mir doch

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[98/0110] 106. Der arme Müllerbursch und das Kätzchen. Jn einer Mühle lebte ein alter Müller, der hatte weder Frau noch Kinder, und drei Müllerburschen dienten bei ihm. Wie sie nun etliche Jahre bei ihm gewesen waren, sagte er eines Tags zu ihnen ‘ich bin alt, und will mich hinter den Ofen setzen: zieht aus, und wer mir das beste Pferd nach Haus bringt, dem will ich die Mühle geben, und er soll mich dafür bis an meinen Tod verpflegen.’ Der dritte von den Burschen war aber der Kleinknecht, der ward von den andern für albern gehalten, dem gönnten sie die Mühle nicht; und er wollte sie hernach nicht einmal. Da zogen alle drei mit einander aus, und wie sie vor das Dorf kamen, sagten die zwei zu dem albernen Hans ‘du kannst nur hier bleiben, du kriegst dein Lebtag keinen Gaul.’ Hans aber gieng doch mit, und als es Nacht war, kamen sie an eine Höhle, da hinein legten sie sich schlafen. Die zwei Klugen warteten bis Hans eingeschlafen war, dann stiegen sie auf, machten sich fort und ließen Hänschen liegen, und meintens recht fein gemacht zu haben; ja, es wird euch doch nicht gut gehen! Wie nun die Sonne kam, und Hans aufwachte, lag er in einer tiefen Höhle: er guckte sich überall um und rief ‘ach Gott, wo bin ich!’ Da erhob er sich und krappelte die Höhle hinauf, gieng in den Wald und dachte ‘ich bin hier ganz allein und verlassen, wie soll ich nun zu einem Pferd kommen!’ Jndem er so in Gedanken dahin gieng, begegnete ihm ein kleines buntes Kätzchen, das sprach ganz freundlich ‘Hans, wo willst du hin!’ ‘Ach, du kannst mir doch

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1857, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1857/110>, abgerufen am 25.11.2024.