Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

und gab ihm ein paar Hiebe über den Rücken. Faullenzer nannte er sie alle. Er selber brachte aber doch nicht viel vor sich, weil er keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb. War seine Frau frühmorgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet, so sprang er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche. 'Wollt ihr mir das Haus anzünden?' schrie er, 'das ist ja ein Feuer, daß man einen Ochsen dabei braten könnte! oder kostet das Holz etwa kein Geld?' Standen die Mägde am Waschfaß, lachten und erzählten sich was sie wußten, so schalt er sie aus, 'da stehen die Gänse und schnattern und vergessen über dem Geschwätz ihre Arbeit. Und wozu die frische Seife? heillose Verschwendung und obendrein eine schändliche Faulheit: sie wollen die Hände schonen und das Zeug nicht ordentlich reiben.' Er sprang fort, stieß aber einen Eimer voll Lauge um, so daß die ganze Küche überschwemmt ward. Richtete man ein neues Haus auf, so lief er ans Fenster und sah zu. 'Da vermauern sie wieder den rothen Sandstein,' rief er, 'der niemals austrocknet; in dem Haus bleibt kein Mensch gesund. Und seht einmal wie schlecht die Gesellen die Steine aufsetzen. Der Mörtel taugt auch nichts: Kies muß hinein, nicht Sand. Jch erlebe noch daß den Leuten das Haus über dem Kopf zusammenfällt.' Er setzte sich und that ein paar Stiche, dann sprang er wieder auf, hakte sein Schurzfell los und rief 'ich will nur hinaus und den Menschen ins Gewissen reden.' Er gerieth aber an die Zimmerleute. 'Was ist das?' rief er, 'ihr haut ja nicht nach der Schnur. Meint ihr die Balken würden gerad stehen? es weicht einmal alles aus den Fugen.' Er riß einem Zimmermann

und gab ihm ein paar Hiebe über den Rücken. Faullenzer nannte er sie alle. Er selber brachte aber doch nicht viel vor sich, weil er keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb. War seine Frau frühmorgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet, so sprang er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche. ‘Wollt ihr mir das Haus anzünden?’ schrie er, ‘das ist ja ein Feuer, daß man einen Ochsen dabei braten könnte! oder kostet das Holz etwa kein Geld?’ Standen die Mägde am Waschfaß, lachten und erzählten sich was sie wußten, so schalt er sie aus, ‘da stehen die Gänse und schnattern und vergessen über dem Geschwätz ihre Arbeit. Und wozu die frische Seife? heillose Verschwendung und obendrein eine schändliche Faulheit: sie wollen die Hände schonen und das Zeug nicht ordentlich reiben.’ Er sprang fort, stieß aber einen Eimer voll Lauge um, so daß die ganze Küche überschwemmt ward. Richtete man ein neues Haus auf, so lief er ans Fenster und sah zu. ‘Da vermauern sie wieder den rothen Sandstein,’ rief er, ‘der niemals austrocknet; in dem Haus bleibt kein Mensch gesund. Und seht einmal wie schlecht die Gesellen die Steine aufsetzen. Der Mörtel taugt auch nichts: Kies muß hinein, nicht Sand. Jch erlebe noch daß den Leuten das Haus über dem Kopf zusammenfällt.’ Er setzte sich und that ein paar Stiche, dann sprang er wieder auf, hakte sein Schurzfell los und rief ‘ich will nur hinaus und den Menschen ins Gewissen reden.’ Er gerieth aber an die Zimmerleute. ‘Was ist das?’ rief er, ‘ihr haut ja nicht nach der Schnur. Meint ihr die Balken würden gerad stehen? es weicht einmal alles aus den Fugen.’ Er riß einem Zimmermann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0427" n="415"/>
und gab ihm ein paar Hiebe über den Rücken. Faullenzer nannte er sie alle. Er selber brachte aber doch nicht viel vor sich, weil er keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb. War seine Frau frühmorgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet, so sprang er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche. &#x2018;Wollt ihr mir das Haus anzünden?&#x2019; schrie er, &#x2018;das ist ja ein Feuer, daß man einen Ochsen dabei braten könnte! oder kostet das Holz etwa kein Geld?&#x2019; Standen die Mägde am Waschfaß, lachten und erzählten sich was sie wußten, so schalt er sie aus, &#x2018;da stehen die Gänse und schnattern und vergessen über dem Geschwätz ihre Arbeit. Und wozu die frische Seife? heillose Verschwendung und obendrein eine schändliche Faulheit: sie wollen die Hände schonen und das Zeug nicht ordentlich reiben.&#x2019; Er sprang fort, stieß aber einen Eimer voll Lauge um, so daß die ganze Küche überschwemmt ward. Richtete man ein neues Haus auf, so lief er ans Fenster und sah zu. &#x2018;Da vermauern sie wieder den rothen Sandstein,&#x2019; rief er, &#x2018;der niemals austrocknet; in dem Haus bleibt kein Mensch gesund. Und seht einmal wie schlecht die Gesellen die Steine aufsetzen. Der Mörtel taugt auch nichts: Kies muß hinein, nicht Sand. Jch erlebe noch daß den Leuten das Haus über dem Kopf zusammenfällt.&#x2019; Er setzte sich und that ein paar Stiche, dann sprang er wieder auf, hakte sein Schurzfell los und rief &#x2018;ich will nur hinaus und den Menschen ins Gewissen reden.&#x2019; Er gerieth aber an die Zimmerleute. &#x2018;Was ist das?&#x2019; rief er, &#x2018;ihr haut ja nicht nach der Schnur. Meint ihr die Balken würden gerad stehen? es weicht einmal alles aus den Fugen.&#x2019; Er riß einem Zimmermann
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415/0427] und gab ihm ein paar Hiebe über den Rücken. Faullenzer nannte er sie alle. Er selber brachte aber doch nicht viel vor sich, weil er keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb. War seine Frau frühmorgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet, so sprang er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche. ‘Wollt ihr mir das Haus anzünden?’ schrie er, ‘das ist ja ein Feuer, daß man einen Ochsen dabei braten könnte! oder kostet das Holz etwa kein Geld?’ Standen die Mägde am Waschfaß, lachten und erzählten sich was sie wußten, so schalt er sie aus, ‘da stehen die Gänse und schnattern und vergessen über dem Geschwätz ihre Arbeit. Und wozu die frische Seife? heillose Verschwendung und obendrein eine schändliche Faulheit: sie wollen die Hände schonen und das Zeug nicht ordentlich reiben.’ Er sprang fort, stieß aber einen Eimer voll Lauge um, so daß die ganze Küche überschwemmt ward. Richtete man ein neues Haus auf, so lief er ans Fenster und sah zu. ‘Da vermauern sie wieder den rothen Sandstein,’ rief er, ‘der niemals austrocknet; in dem Haus bleibt kein Mensch gesund. Und seht einmal wie schlecht die Gesellen die Steine aufsetzen. Der Mörtel taugt auch nichts: Kies muß hinein, nicht Sand. Jch erlebe noch daß den Leuten das Haus über dem Kopf zusammenfällt.’ Er setzte sich und that ein paar Stiche, dann sprang er wieder auf, hakte sein Schurzfell los und rief ‘ich will nur hinaus und den Menschen ins Gewissen reden.’ Er gerieth aber an die Zimmerleute. ‘Was ist das?’ rief er, ‘ihr haut ja nicht nach der Schnur. Meint ihr die Balken würden gerad stehen? es weicht einmal alles aus den Fugen.’ Er riß einem Zimmermann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-03T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/427
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/427>, abgerufen am 23.11.2024.