Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter und fielen wieder auf die Erde. Die größern hieltens länger aus, aber keiner konnte es dem Adler gleich thun, der stieg so hoch daß er der Sonne hätte die Augen aushacken können. Und als er sah daß die andern nicht zu ihm herauf konnten, so dachte er 'was willst du noch höher fliegen, du bist doch der König,' und fieng an sich wieder herab zu lassen. Die Vögel unter ihm riefen ihm alle gleich zu 'du mußt unser König sein, keiner ist höher geflogen als du.' 'Ausgenommen ich' schrie der kleine Kerl ohne Namen, der sich in die Brustfedern des Adlers verkrochen hatte. Und da er nicht müde war, so stieg er auf und stieg so hoch, daß er Gott auf seinem Stuhle konnte sitzen sehen. Als er aber so weit gekommen war, legte er seine Flügel zusammen, sank herab und rief unten mit feiner durchdringender Stimme 'König bün ick! König bün ick!' 'Du unser König?' schrien die Vögel zornig, 'durch Ränke und Listen hast du es dahin gebracht.' Sie machten eine andere Bedingung, der sollte ihr König sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Wie klatschte da die Gans mit ihrer breiten Brust wieder auf das Land! Wie scharrte der Hahn schnell ein Loch! Die Ente kam am schlimmsten weg, sie sprang in einen Graben, verrenkte sich aber die Beine und watschelte fort zum nahen Teiche mit dem Ausruf 'Pracherwerk! Pracherwerk!' Der kleine ohne Namen aber suchte ein Mäuseloch, schlüpfte hinab und rief mit seiner feinen Stimme heraus 'König bün ick! König bün ick!' 'Du unser König?' riefen die Vögel noch zorniger, 'meinst du deine Listen sollten gelten?' Sie beschlossen ihn in seinem Loch Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter und fielen wieder auf die Erde. Die größern hieltens länger aus, aber keiner konnte es dem Adler gleich thun, der stieg so hoch daß er der Sonne hätte die Augen aushacken können. Und als er sah daß die andern nicht zu ihm herauf konnten, so dachte er ‘was willst du noch höher fliegen, du bist doch der König,’ und fieng an sich wieder herab zu lassen. Die Vögel unter ihm riefen ihm alle gleich zu ‘du mußt unser König sein, keiner ist höher geflogen als du.’ ‘Ausgenommen ich’ schrie der kleine Kerl ohne Namen, der sich in die Brustfedern des Adlers verkrochen hatte. Und da er nicht müde war, so stieg er auf und stieg so hoch, daß er Gott auf seinem Stuhle konnte sitzen sehen. Als er aber so weit gekommen war, legte er seine Flügel zusammen, sank herab und rief unten mit feiner durchdringender Stimme ‘König bün ick! König bün ick!’ ‘Du unser König?’ schrien die Vögel zornig, ‘durch Ränke und Listen hast du es dahin gebracht.’ Sie machten eine andere Bedingung, der sollte ihr König sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Wie klatschte da die Gans mit ihrer breiten Brust wieder auf das Land! Wie scharrte der Hahn schnell ein Loch! Die Ente kam am schlimmsten weg, sie sprang in einen Graben, verrenkte sich aber die Beine und watschelte fort zum nahen Teiche mit dem Ausruf ‘Pracherwerk! Pracherwerk!’ Der kleine ohne Namen aber suchte ein Mäuseloch, schlüpfte hinab und rief mit seiner feinen Stimme heraus ‘König bün ick! König bün ick!’ ‘Du unser König?’ riefen die Vögel noch zorniger, ‘meinst du deine Listen sollten gelten?’ Sie beschlossen ihn in seinem Loch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0408" n="396"/> Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter und fielen wieder auf die Erde. Die größern hieltens länger aus, aber keiner konnte es dem Adler gleich thun, der stieg so hoch daß er der Sonne hätte die Augen aushacken können. Und als er sah daß die andern nicht zu ihm herauf konnten, so dachte er ‘was willst du noch höher fliegen, du bist doch der König,’ und fieng an sich wieder herab zu lassen. Die Vögel unter ihm riefen ihm alle gleich zu ‘du mußt unser König sein, keiner ist höher geflogen als du.’ ‘Ausgenommen ich’ schrie der kleine Kerl ohne Namen, der sich in die Brustfedern des Adlers verkrochen hatte. Und da er nicht müde war, so stieg er auf und stieg so hoch, daß er Gott auf seinem Stuhle konnte sitzen sehen. Als er aber so weit gekommen war, legte er seine Flügel zusammen, sank herab und rief unten mit feiner durchdringender Stimme ‘König bün ick! König bün ick!’</p><lb/> <p>‘Du unser König?’ schrien die Vögel zornig, ‘durch Ränke und Listen hast du es dahin gebracht.’ Sie machten eine andere Bedingung, der sollte ihr König sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Wie klatschte da die Gans mit ihrer breiten Brust wieder auf das Land! Wie scharrte der Hahn schnell ein Loch! Die Ente kam am schlimmsten weg, sie sprang in einen Graben, verrenkte sich aber die Beine und watschelte fort zum nahen Teiche mit dem Ausruf ‘Pracherwerk! Pracherwerk!’ Der kleine ohne Namen aber suchte ein Mäuseloch, schlüpfte hinab und rief mit seiner feinen Stimme heraus ‘König bün ick! König bün ick!’</p><lb/> <p>‘Du unser König?’ riefen die Vögel noch zorniger, ‘meinst du deine Listen sollten gelten?’ Sie beschlossen ihn in seinem Loch </p> </div> </body> </text> </TEI> [396/0408]
Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter und fielen wieder auf die Erde. Die größern hieltens länger aus, aber keiner konnte es dem Adler gleich thun, der stieg so hoch daß er der Sonne hätte die Augen aushacken können. Und als er sah daß die andern nicht zu ihm herauf konnten, so dachte er ‘was willst du noch höher fliegen, du bist doch der König,’ und fieng an sich wieder herab zu lassen. Die Vögel unter ihm riefen ihm alle gleich zu ‘du mußt unser König sein, keiner ist höher geflogen als du.’ ‘Ausgenommen ich’ schrie der kleine Kerl ohne Namen, der sich in die Brustfedern des Adlers verkrochen hatte. Und da er nicht müde war, so stieg er auf und stieg so hoch, daß er Gott auf seinem Stuhle konnte sitzen sehen. Als er aber so weit gekommen war, legte er seine Flügel zusammen, sank herab und rief unten mit feiner durchdringender Stimme ‘König bün ick! König bün ick!’
‘Du unser König?’ schrien die Vögel zornig, ‘durch Ränke und Listen hast du es dahin gebracht.’ Sie machten eine andere Bedingung, der sollte ihr König sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Wie klatschte da die Gans mit ihrer breiten Brust wieder auf das Land! Wie scharrte der Hahn schnell ein Loch! Die Ente kam am schlimmsten weg, sie sprang in einen Graben, verrenkte sich aber die Beine und watschelte fort zum nahen Teiche mit dem Ausruf ‘Pracherwerk! Pracherwerk!’ Der kleine ohne Namen aber suchte ein Mäuseloch, schlüpfte hinab und rief mit seiner feinen Stimme heraus ‘König bün ick! König bün ick!’
‘Du unser König?’ riefen die Vögel noch zorniger, ‘meinst du deine Listen sollten gelten?’ Sie beschlossen ihn in seinem Loch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |