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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

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sie hätten sich ihm aber verschrieben, und wären ihm verfallen, wenn sie nach den sieben Jahren nicht ein Räthsel auflösen könnten. Die Alte sprach, 'soll euch geholfen werden, so muß einer von euch in den Wald gehen, da wird er an eine eingestürzte Felsenwand kommen, die aussieht wie ein Häuschen, in das muß er eintreten, dann wird er Hilfe finden.' Die zwei traurigen dachten 'das wird uns doch nicht retten,' und blieben sitzen, der dritte aber, der lustige, machte sich auf und gieng so weit in den Wald, bis er die Felsenhütte fand. Jn dem Häuschen aber saß eine steinalte Frau, die war des Teufels Großmutter, und fragte ihn woher er käme und was er hier wollte. Er erzählte ihr alles, was geschehen war, und weil er ihr wohl gefiel, hatte sie Erbarmen und sagte sie wollte ihm helfen. Sie hob einen großen Stein auf, der über einem Keller lag, und sagte 'da verstecke dich, du kannst alles hören was hier gesprochen wird, sitz nur still und rege dich nicht: wann der Drache kommt, will ich ihn wegen der Räthsel befragen: mir sagt er alles; und dann achte auf das was er antwortet.' Um zwölf Uhr Nachts kam der Drache angeflogen und verlangte sein Essen. Die Großmutter deckte den Tisch und trug Trank und Speise auf, daß er vergnügt war, und sie aßen und tranken zusammen. Da fragte sie ihn im Gespräch wies den Tag ergangen wäre, und wie viel Seelen er kriegt hätte. 'Es wollte mir heute nicht recht glücken,' antwortete er, 'aber ich habe drei Soldaten gepackt, die sind mir sicher.' 'Ja, drei Soldaten,' sagte sie, 'die haben etwas an sich, die können dir noch entkommen.' Sprach der Teufel höhnisch 'die sind mein, denen gebe ich noch ein Räthsel auf, das sie nimmermehr

sie hätten sich ihm aber verschrieben, und wären ihm verfallen, wenn sie nach den sieben Jahren nicht ein Räthsel auflösen könnten. Die Alte sprach, ‘soll euch geholfen werden, so muß einer von euch in den Wald gehen, da wird er an eine eingestürzte Felsenwand kommen, die aussieht wie ein Häuschen, in das muß er eintreten, dann wird er Hilfe finden.’ Die zwei traurigen dachten ‘das wird uns doch nicht retten,’ und blieben sitzen, der dritte aber, der lustige, machte sich auf und gieng so weit in den Wald, bis er die Felsenhütte fand. Jn dem Häuschen aber saß eine steinalte Frau, die war des Teufels Großmutter, und fragte ihn woher er käme und was er hier wollte. Er erzählte ihr alles, was geschehen war, und weil er ihr wohl gefiel, hatte sie Erbarmen und sagte sie wollte ihm helfen. Sie hob einen großen Stein auf, der über einem Keller lag, und sagte ‘da verstecke dich, du kannst alles hören was hier gesprochen wird, sitz nur still und rege dich nicht: wann der Drache kommt, will ich ihn wegen der Räthsel befragen: mir sagt er alles; und dann achte auf das was er antwortet.’ Um zwölf Uhr Nachts kam der Drache angeflogen und verlangte sein Essen. Die Großmutter deckte den Tisch und trug Trank und Speise auf, daß er vergnügt war, und sie aßen und tranken zusammen. Da fragte sie ihn im Gespräch wies den Tag ergangen wäre, und wie viel Seelen er kriegt hätte. ‘Es wollte mir heute nicht recht glücken,’ antwortete er, ‘aber ich habe drei Soldaten gepackt, die sind mir sicher.’ ‘Ja, drei Soldaten,’ sagte sie, ‘die haben etwas an sich, die können dir noch entkommen.’ Sprach der Teufel höhnisch ‘die sind mein, denen gebe ich noch ein Räthsel auf, das sie nimmermehr

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[220/0232] sie hätten sich ihm aber verschrieben, und wären ihm verfallen, wenn sie nach den sieben Jahren nicht ein Räthsel auflösen könnten. Die Alte sprach, ‘soll euch geholfen werden, so muß einer von euch in den Wald gehen, da wird er an eine eingestürzte Felsenwand kommen, die aussieht wie ein Häuschen, in das muß er eintreten, dann wird er Hilfe finden.’ Die zwei traurigen dachten ‘das wird uns doch nicht retten,’ und blieben sitzen, der dritte aber, der lustige, machte sich auf und gieng so weit in den Wald, bis er die Felsenhütte fand. Jn dem Häuschen aber saß eine steinalte Frau, die war des Teufels Großmutter, und fragte ihn woher er käme und was er hier wollte. Er erzählte ihr alles, was geschehen war, und weil er ihr wohl gefiel, hatte sie Erbarmen und sagte sie wollte ihm helfen. Sie hob einen großen Stein auf, der über einem Keller lag, und sagte ‘da verstecke dich, du kannst alles hören was hier gesprochen wird, sitz nur still und rege dich nicht: wann der Drache kommt, will ich ihn wegen der Räthsel befragen: mir sagt er alles; und dann achte auf das was er antwortet.’ Um zwölf Uhr Nachts kam der Drache angeflogen und verlangte sein Essen. Die Großmutter deckte den Tisch und trug Trank und Speise auf, daß er vergnügt war, und sie aßen und tranken zusammen. Da fragte sie ihn im Gespräch wies den Tag ergangen wäre, und wie viel Seelen er kriegt hätte. ‘Es wollte mir heute nicht recht glücken,’ antwortete er, ‘aber ich habe drei Soldaten gepackt, die sind mir sicher.’ ‘Ja, drei Soldaten,’ sagte sie, ‘die haben etwas an sich, die können dir noch entkommen.’ Sprach der Teufel höhnisch ‘die sind mein, denen gebe ich noch ein Räthsel auf, das sie nimmermehr

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/232>, abgerufen am 18.04.2024.